Nach dem 3:1 in Osnabrück stürmten Dynamo-Fans den Rasen. DFB bereitet sich auf Dresden vor. Jubelfeier auf dem Altmarkt. Heute Bochum gegen Gladbach.

Osnabrück/Bochum. Um 22.56 Uhr tanzten Spieler und Fans ausgelassen gemeinsam auf dem Rasen in Osnabrück: Dynamo Dresden kehrt nach fünf Jahren in die 2. Fußball-Bundesliga zurück. Der achtmalige DDR-Meister setzte sich im Relegations-Rückspiel beim VfL Osnabrück 3:1 (1:1, 0:1) nach Verlängerung durch und spielt nach dem 1:1 aus dem Hinspiel künftig wieder zweitklassig. Cristian Fiel (61.), Dani Schahin (94. ) und Robert Koch (119.) trafen für Dynamo, Jan Mauersberger (45.) hatte die Gastgeber mit seinem Führungstreffer lange vom Klassenverbleib träumen lassen. Mit Dresden setzte sich im dritten Jahr der wiedereingeführten Relegation zum dritten Mal der Drittligist durch.

Und die Aufstiegsparty ging auch am Tag danach weiter: Am Mittwoch feierten mehrere tausend Menschen die Mannschaft von Trainer Ralf Loose in der Heimat. Das Team fuhr im offenen Doppelstockbus durch die Stadt, Böller und Raketen knallten auf dem Dresdner Altmarkt. "Ich habe totale Glücksgefühle und Dresden die besten Fans Deutschlands“, sagte Loose, der die vom Feiern müden Augen hinter einer schwarzen Sonnenbrille versteckte. Schon in der Nacht nach dem 3:1 gegen Osnabrück hatten tausende Anhänger des ostdeutschen Kultklubs die Mannschaft auf dem Dresdner Flughafen in Empfang genommen und den Teambus auf dem Weg zum Stadion kaum einen Schritt vorwärtskommen lassen.

Kurz vor drei Uhr nahmen sie die Aufsteiger mit Jubelgesängen in Empfang. "So etwas gibt es nur in Dresden“, brachte Trainer Loose gerade noch heraus. Ein Teil der Spieler stieg später am Café Europa in der Dresdner Neustadt aus und feierte bis zum Morgen weiter. Loose kündigte tollkühn an: "Vielleicht schwimme ich bis zum Schloss Pillnitz die Elbe hoch – ohne Badehose.“ Das sind immerhin knapp 15 Kilometer. Er hat es sich dann anders überlegt.

DFB hat Dresden im Visier

Unterdessen hat die Rückkehr der Dresdner in die Zweite Liga nach fünf Jahren Drittklassigkeit bereits den Deutschen Fußball-Bund (DFB) auf den Plan gerufen. Der DFB kündigte an, bei Dresdner Spielen künftig noch genauer hinsehen zu wollen als bisher. "Es wird das ein oder andere Risikospiel mehr geben in der 2. Liga. Darunter fallen unter anderen mit Sicherheit alle Duelle der Dresdner gegen ostdeutsche Mannschaften“, sagte Helmut Spahn, der Sicherheitsbeauftragte des DFB in einer Gespräch mit der Welt (Donnerstag-Ausgabe), "wir werden die Auftritte der Dresdner mit erhöhter Sensibilität verfolgen.“

Zugleich räumte Spahn aber ein, dass sich die Lage mit den Fans des achtmaligen DDR-Meisters durchaus gebessert habe. Vor fünf bis sechs Jahren sei "die Sicherheitslage wesentlich angespannter als jetzt“ gewesen.

Sorgen machte dem Sicherheitsbeauftragen trotzdem das Verhalten der Dynamo-Anhänger nach dem Sieg in Osnabrück. Es habe Szenen gegeben, "die uns beim DFB nicht gefallen haben“, sagte Spahn und mahnte: "Wir erwarten von der Vereinsführung, dass sie ganz klar gegenüber ihren Fans artikuliert, was der Klub von ihnen erwartet. Verfehlungen darf der Klub von vornherein nicht dulden.“

In Osnabrück waren die Fans über die Zäune geklettert und drängten noch vor dem Abpfiff auf den Rasen, um dort mit der Mannschaft zu feiern. Nach Spielschluss wurde im Stadion an der Bremer Brücke außerdem Pyrotechnik abgebrannt. Im Umfeld des Spiels kam es zudem zu 14 vorläufigen Festnahmen, von denen aber auch Osnabrücker Fans betroffen waren.

Derweil war die Live-Übertragung des Dresdner Aufstiegs ein TV-Hit: 880.000 Zuschauer verfolgten das Spiel in Osnabrück live im MDR-Fernsehen. Die Übertragung "Sport im Osten extra“ hatte im Gebiet des Senders einen Marktanteil von 22,7 Prozent. Die entscheidende zweite Halbzeit mit Verlängerung hatte sogar einen Anteil von 28,4 Prozent.

Bereits das Relegations-Hinspiel am 20. Mai in Dresden (1:1) hatte einen Marktanteil von 13,1 Prozent.

Calmund zitterte mit

Mit dem Aufstieg rettet sich der ehemalige Bundesligist selbst vor dem finanziellen Kollaps. Wäre der Aufstieg missglückt, hätte der verschuldete Verein für die kommende Spielzeit bis zum 1. Juni eine Bürgschaft in Höhe von 2,045 Millionen Euro beim DFB hinterlegen müssen. Für die 2. Bundesliga verlangt die Deutsche Fußball Liga (DFL) aufgrund der höheren Einnahmen aus Fernsehgeldern nur Sicherheiten über 830.000 Euro. "Was die Bürgschaft betrifft, wird es jetzt deutlich einfacher“, sagte Geschäftsführer Volker Oppitz.

Dynamos Berater Reiner Calmund zeigte sich nach dem Erfolg erleichtert. "Ich habe schlimmer gezittert als zu Leverkusener Zeiten“, sagte er der Nachrichtenagentur dapd am Mittwoch. "Jetzt wird es sicher leichter. Bislang haben die Verantwortlichen in Dresden vor allem an das Herz und an die Seele des Vereins gedacht. Nun müssen sie auch mal ans Portemonnaie denken.“ Sponsoren hatten im Vorfeld mündlich Zusagen über rund 600.000 Euro gegeben, zudem haben Fans auf einem Treuhandkonto schon 105.000 Euro hinterlegt. Offen ist jedoch noch, ob die Kommune auch für die 2. Bundesliga ihre millionenschweren Zuschüsse zu den Betriebskosten des neuen Stadions aufrecht erhält, die Vereinbarung galt zunächst nur für die dritte Liga. Das Stadion gehört der Stadt, der Verein kann die Stadionmiete von jährlich gut zwei Millionen Euro allein nicht stemmen.

Heute Bochum vs. Gladbach

Heute fälllt die letzte Entscheidung der Saison: Retten die schon abgeschriebenen Gladbacher ihren kleinen Vorteil zum Klassenverbleib oder schafft der Zweitliga-Dritte aus Bochum zum sechsten Mal die direkte Rückkehr ins Oberhaus? "Wir sind noch nicht durch und haben noch nichts erreicht. Es wird ein ganz hartes Spiel für uns", meinte Lucien Favre, Trainer von Borussia Mönchengladbach, vor dem Relegations-Rückspiel (20.30 Uhr, ARD live) beim VfL Bochum.

Mit dem in letzter Sekunde durch Igor de Camargo gesicherten 1:0-(0:0)-Erfolg im Hinspiel am vergangenen Donnerstag hat sich der Erstligist einen bescheidenen, aber wichtigen Vorsprung im Kampf um den Klassenverbleib erarbeitet. "Jetzt müssen wir das positiv zu Ende bringen", forderte Abwehrchef Martin Stranzl.

Vier Tage vor der mit Spannung erwarteten Jahreshauptversammlung könnten die Gladbacher somit auch für Rückenwind in der Chefetage sorgen. Seit fünf Spielen sind die Borussen unbesiegt, haben in der Zeit nur einen Gegentreffer kassiert und schafften unter ihrem neuen Trainer in 13 Spielen 23 Punkte. "Wir haben immer an unsere Chance geglaubt, auch wenn wir angeblich als erster Absteiger feststanden", sagte Sportdirektor Max Eberl.

Allerdings bangen die Gladbacher noch um den Einsatz von Marco Reus. Der ins DFB-Länderspielaufgebot berufene Stürmer laboriert an einem Muskelfaserriss. Sein Mitwirken ist noch ungewiss, 100-prozentig fit wird der schnelle Angreifer aber sicher nicht mehr bis zum Anpfiff.

Mit Material von dapd/sid/dpa