Nach dem 4:0-Heimsieg gegen Nürnberg hofft der HSV auf ein Hamburger Wunder von der Weser im Saisonendspurt

Hamburg. Als Hamburgs erster Heimsieg seit knapp zwei Monaten bereits nach 30 Minuten am Sonnabendnachmittag feststand, ertappte sich Kurzzeittrainer Ricardo Moniz immer wieder beim unruhigen Blick zur Anzeigetafel. Während das Geschehen auf dem Spielfeld seinen - durchaus positiven - Verlauf nahm, geriet das Geschehen auf den anderen Plätzen plötzlich zur Hauptattraktion. "Ich habe schon vorher zu 100 Prozent darauf gehofft, dass wir doch noch eine Chance erhalten", sagte Moniz, der das für den HSV so wichtige 2:2-Endergebnis der Stuttgarter gegen Mainz mit einem explosionsartigen Jubelsprung zur Kenntnis nahm, "jetzt entscheidet sich tatsächlich alles am letzten Spieltag."

Die plötzlich modifizierte Ausgangslage ist nach Hamburgs überraschendem und ebenso überzeugendem 4:0-Heimsieg gegen den 1. FC Nürnberg vor dem letzten Spieltag völlig klar: Nur ein Sieg beim ungeliebten Lokalrivalen aus Bremen und eine gleichzeitige Niederlage Stuttgarts in Hoffenheim können doch noch für den nicht mehr für möglich gehaltenen Startplatz in der Europa League sorgen. Gebraucht wird ein Hamburger "Wunder von der Weser" - nicht mehr, aber auch nicht weniger. "Wir hatten vor dem Sieg gegen Nürnberg eine Fünfprozentchance, die sich nun einen Tick vergrößert hat", versuchte Vorstandschef Bernd Hoffmann die plötzliche Euphorie nicht zu groß werden zu lassen. Schließlich weiß er aus leidvoller Erfahrung, wie es sich anfühlt, wenn wieder einmal Werder einen HSV-Traum zerplatzen lässt.

In Bremen entscheidet sich das Wohl und Wehe einer ganzen Saison

Es ist schon eine Kuriosität der gehobenen Klasse, dass sich nach einem Jahr der Enttäuschungen ausgerechnet in Bremen das Wohl und Wehe der gesamten Saison entscheidet. So dürften jedem Hamburger die Werder-Wochen der vergangenen Saison, in denen der HSV nacheinander das Uefa-Cup-Finale, das Pokalendspiel und die Meisterschaft verspielten, ebenso in schmerzhafter Erinnerung sein wie die verpasste direkte Champions-League-Qualifikation in der Saison 2005/2006. Und sollte der HSV tatsächlich in Bremen gewinnen, könnte für die geschundene Hamburger Fußballseele die verpasste Champions-League-Qualifikation Werders noch als Sahnehäubchen locken. Fußballkommentatoren, die im Portemonnaie jederzeit drei Euro für das Phrasenschwein griffbereit haben, sprechen an dieser Stelle gerne über die Geschichten, die so nur der Fußball schreibt. "In der Vergangenheit sind schon die dollsten Dinger passiert", sagt Bastian Reinhardt, dessen Hoffnung auf ein unerwartetes Happy End ebenso am Leben ist wie die von Dennis Aogo: "Dass wir es schaffen können, haben wir in der letzten Saison bewiesen."

In dem von Aogo angesprochenen Saisonfinale der vergangenen Spielzeit hatte der HSV dank eines Last-Minute-Treffers Piotr Trochowskis den zu jenem Zeitpunkt ebenfalls nicht mehr für möglich gehaltenen Einzug ins internationale Geschäft geschafft. Ob sich Geschichte tatsächlich wiederholt - und wieder drei Euro ins Phrasenschwein -, wird man am kommenden Sonnabend sehen. "Ich habe schon lange vor meinem Wechsel zum HSV von der Rivalität zwischen Werder und dem HSV gehört", sagte Torjäger Ruud van Nistelrooy, der gegen Nürnberg in seiner unnachahmlichen Art den Schlusspunkt zum 4:0 gesetzt hatte, "jetzt darf ich sie erstmals hautnah miterleben."

Doppeltorschütze Mladen Petric macht Hoffnung auf mehr

Dass man sich überhaupt über ein echtes Saisonfinale freuen darf, hatten die Fans erneut Mladen Petric zu verdanken. Der kroatische Doppeltorschütze blieb seiner Torlaune auch in der Bundesliga treu und schob sich mit seinem achten Saisontreffer auf Platz eins der internen Torjägerliste. "Natürlich müssen wir darauf schielen, was in Hoffenheim passiert", sagte Petric, "aber immerhin haben wir wieder Hoffnung." Und die Hoffnung - damit sei das Phrasenschwein zum letzten Mal gefüllt - stirbt bekanntlich zuletzt.