Hamburg. Hamburger DEL-Team will nach der Verletzung von Sébastien Caron einen neuen Torwart verpflichten. Nachwuchsmann Franzreb auf der Bank.

Jeder Tag, an dem alle Spieler das Eis aufrecht und flüssigen Ganges verlassen, ist ein guter Tag für die von Verletzungssorgen gebeutelten Hamburg Freezers aus der Deutschen Eishockey-Liga (DEL). Ganz besonders wichtig ist es dieser Tage allerdings, dass es Dimitrij Kotschnew gut geht, dem einzig verbliebenen Torhüter von gehobenem DEL-Format im Kader. Nachdem Stammkeeper Sébastien Caron am vergangenen Freitag beim Aufwärmen vor dem Gastspiel in Schwenningen einen Bandscheibenvorfall erlitten hatte und vier Monate ausfallen dürfte, lastet auf dem ehemaligen Nationaltorhüter nun die alleinige Verantwortung dafür, das Bollwerk hinter der Defensivreihe darzustellen.

Gespräche mit Dimitrij Kotschnew sind ein Vergnügen, weil der 34-Jährige ein Mensch ist, der nachdenkt, bevor er Antworten gibt, die dann tatsächlich Sinn machen. Vor allem aber bringt der in Kasachstan geborene Athlet neben einem ungemein professionellen Arbeitsethos auch eine Loyalität zu Kollegen und Vorgesetzten mit, die es ihm ermöglicht, trotz klar geäußerter Ansichten niemals offen Kritik zu üben, die belastend sein könnte. Ein Beispiel: Kotschnew und Caron haben die Qualität, in fast jeder DEL-Mannschaft die klare Nummer eins zu sein. Dass sie seit zwei Jahren mit dem Status leben müssen, sich den Posten im Tor paritätisch aufzuteilen, macht beide nicht glücklich. Dennoch sagt Kotschnew: „Das Letzte, was ich Sébastien gewünscht hätte, wäre eine Verletzung. Natürlich will man immer spielen, aber wir haben unsere Situation akzeptiert, weil wir nie das Gefühl hatten, nicht ausreichend wertgeschätzt zu werden. Mit zunehmendem Alter lernt man zu schätzen, dass da noch ein anderer Torwart ist, auf den sich das Team verlassen kann. Nur darauf kommt es an.“

Kotschnew braucht ebenbürtigen Kollegen

Dass manche hinterfragen, ob er aufgrund seines 2013 erlittenen Kreuzbandrisses überhaupt in der Lage wäre, die Saison allein durchzustehen, kann Kotschnew nicht verstehen. „Physisch und psychisch wäre das kein Problem, ich habe einige Saisons mit mehr als 60 Spielen gehabt. Ich müsste höchstens das Training etwas dosieren, um die Kraft für die Spiele zu sparen“, sagt er. Dass er keinen ebenbürtigen Kollegen braucht, um sich regelmäßig zu Höchstleistungen zu pushen, hat er ebenfalls mehrfach bewiesen.

Sportdirektor Stéphane Richer bezweifelt das auch nicht. „Dimi ist ein Nummer-eins-Torwart, dem wir total vertrauen“, sagt er. Dennoch sondiert Richer den Markt, um einen Ersatz für Caron zu verpflichten. Nachwuchskeeper Maximilian Franzreb, 19, der in den Partien in Augsburg (Fr., 19.30 Uhr) und gegen die Eisbären Berlin (So., 14.30 Uhr, Barclaycard-Arena) auf der Bank sitzen wird, soll vor allem im Oberligateam des HSV Spielpraxis sammeln. Die Frage, die Richer in den kommenden Tagen beantworten muss: Glaubt man an eine Rückkehr von Caron, 35, und holt nur einen Notnagel für den Fall einer Verletzung Kotschnews? Oder wird Carons im Frühjahr 2016 auslaufender Vertrag sowieso nicht verlängert, so dass man schon jetzt dessen Nachfolger unter Vertrag nehmen sollte? Dimitrij Kotschnew, bis 2017 vertraglich gebunden, bleibt in jedem Fall gelassen. „Ich vertraue auf die Kompetenz unserer sportlichen Leitung und werde in jedem Fall alles tun, um dem Team zu helfen“, sagt er. Daran zweifelt niemand.