Stürmer Philippe Dupuis von den Hamburg Freezers ruft Charity für Kinder in Hamburg ins Leben. NHL-Star und Jugendfreund Brassard lobt ihn dafür

Hamburg. Modisch gekleidet, Vollbart, strahlende dunkle Augen, dezent tätowiert und immer ein verschmitztes Lächeln auf den Lippen. Es wirkt fast so, als wolle Philippe Dupuis die tief hängende Nebelsuppe über der Osterstraße, wo er das Abendblatt in seinem Lieblingscafé Vesper empfängt, einfach weglachen. Der 29 Jahre alte Stürmer der Hamburg Freezers ist mit sich und der Welt im Reinen, auch wenn für ihn noch ein lebensveränderndes Ereignis ansteht. „Ich werde am 24. April 30 Jahre alt“, grinst der Frankokanadier. „Eigentlich ist das ja keine große Sache, aber es zeigt, wie schnell alles geht. Gefühlt bin ich erst seit vier Jahren Profi, dabei sind es über zehn“, sagt Dupuis, der die Zeit vor dem runden Geburtstag nutzt, um zu reflektieren und neue Ziele in Angriff zu nehmen.

Man merkt schnell, dass Dupuis, der an diesem Freitag (19.30 Uhr) in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) mit seinem Team bei Red Bull München antritt, nicht der weit verbreitete Typ Eishockeyspieler ist, dessen Welt sich ausschließlich um Puck, Schläger und oberflächlichen Lifestyle dreht. Der Spielmacher, der seit 2013 für die Freezers spielt, blickt über den Tellerrand hinaus und ist dabei, sich in Hamburg sozial zu integrieren. Genau deshalb zog er von Eidelstedt nach Eimsbüttel. Der urbane Lebensstil im Szeneviertel passt zu dem weltoffenen Frankokanadier, der am liebsten mit Freundin Maythe die Stadt erkundet und sich so neue Inspiration holt. Dort entstand auch die Idee, sich karitativ zu engagieren.

Zur DEL-Saison 2015/16 ruft Dupuis eine Charityaktion ins Leben, die sozial benachteiligten Kindern den Eishockeysport näher bringen soll. Eigentlich sollte diese bemerkenswerte Aktion schon in dieser Spielzeit beginnen, doch eine in der Auftaktpartie gegen München erlittene schwere Gehirnerschütterung und die daraus resultierende dreimonatige Pause ließen das nicht zu. „Ich bastele noch an den Details, aber ich könnte mir vorstellen, dass wir Geld für Ausrüstungsgegenstände sammeln. Vielleicht läuft irgendwo in Hamburg ein Supertalent herum, das es sich aber nicht leisten kann, seiner Leidenschaft nachzugehen. Ich möchte dieser Stadt, die mich so herzlich aufgenommen hat, und den Menschen etwas zurückgeben“, sagt Dupuis, dessen Engagement in Hamburg nicht das einzige sein wird. In Montreal hat sich Dupuis im vergangenen Sommer über verschiedene kanadische Hilfsprojekte in Afrika informiert. 2016 will Dupuis für zehn Tage dorthin reisen und vor Ort helfen. „Nicht jeder hat so viel Glück gehabt wie ich. Ich hatte in meinem Leben immer eine warme Mahlzeit vor mir, meine Eltern haben mir Schlittschuhe gekauft. Mir fehlte es an nichts. Da ist es selbstverständlich für mich, mich zu engagieren“, sagt der Freezers-Profi.

Dupuis sagt diese Worte voller Überzeugung und nicht, weil er in der Öffentlichkeit Anerkennung möchte. Einer, der das besser beurteilen kann als jeder andere, ist Derick Brassard. Das Abendblatt traf den 27 Jahre alten Stürmer des NHL-Vizemeisters New York Rangers in Manhattan im legendären Madison Square Garden. Mit 16 Jahren wurde Dupuis von Olympique de Gatineau gedraftet. Da die zweistündige Fahrt vom Elternhaus in Laval bei Quebec auf Dauer nicht möglich war, kam der Mittelstürmer in eine Gastfamilie. Wie es der Zufall wollte, wurde es die Familie Brassard. „Philippe ist wie mein großer Bruder, zu dem ich immer aufgeschaut habe. Dass er sich in Hamburg engagieren will, wundert mich nicht. Er hat ein großes Herz“, sagt Brassard, der wöchentlich Kontakt zu Dupuis hat. „Ich würde gerne mal ein Spiel der Freezers im Fernsehen oder im Internet sehen, aber aufgrund der Zeitverschiebung ist es schwer. Ich weiß aber, wie sehr er die Zeit in Deutschland genießt, und ich hoffe, er holt die Meisterschaft“, sagt der NHL-Star, der vor der Saison einen mit 25 Millionen Dollar dotierten Fünfjahresvertrag erhielt.

Es sind schöne Erinnerungen, die Dupuis an diese Zeit hat. Deshalb sprudeln die Anekdoten nur so aus dem Freezers-Profi, wenn er über seinen „kleinen Bruder“ spricht. Dupuis berichtet von stundenlangen Videospiel-Duellen, gemeinsamem Schabernack („Ich war abseits der Eisfläche nicht immer ein Vorbild für Brassard“) und Torschusstraining bis in die Dunkelheit. Auf der Garagenauffahrt stellten die beiden ein Eishockeytor auf und schossen, bis die Eltern die Jungs reinriefen.

„Ich erinnere mich noch“, sagt Dupuis, ehe ihn ein Lachanfall unterbricht: „Ich hatte mit 16 meine erste Freundin, die mich natürlich auch bei den Brassards besucht hat. Derick war 14 und luscherte dann immer aus Neugierde durch die Tür. Wenn ich das mitbekommen habe, brüllte ich, er solle verschwinden. Mann, ist er schnell in seinem Zimmer verschwunden“, sagt Dupuis – und wird sentimental: „Als Eishockeyprofi gehen viele Freundschaften über die Jahre kaputt. Die zu Derick ist fürs Leben.“

Im Moment genießt Dupuis seines in Hamburg. Der Stürmer kann sich vorstellen, hier seine Karriere zu beenden. Genügend Ziele hat der Sunnyboyder Freezers ja noch vor Augen.