Das Abendblatt protokollierte die Vorbereitung der Hamburg Freezers, die an diesem Freitag gegen Red Bull München in die neue DEL-Saison starten. Fehlen wird in der O2 World der Leistungsträger.

Hamburg. Es hatte etwas von Slapstick, was sich am Donnerstagmorgen kurz vor elf Uhr in der O2 World ereignete. Jerome Flaake schoss bei einer simplen Powerplayübung von der blauen Linie Richtung Tor, und traf Frédérik Cabana derart unglücklich, dass der Puck erst auf dessen Fuß landete, ehe er über Umwege im Gesicht von Nico Krämmer landete. Während der 21-Jährige glimpflich davon kam, folgte für den Deutschkanadier die bittere Diagnose. Der 28-Jährige zog sich einen Bruch des rechten Fußknöchels zu, fehlt sechs Wochen.

Für die Freezers, die an diesem Freitag (19.30 Uhr, O2 World) gegen den EHC Red Bull München in die neue Saison in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) starten, ist die Verletzung des Leistungsträgers der Tiefpunkt einer von Ausfällen geprägten Saisonvorbereitung.

Mit Kapitän Christoph Schubert (Innenbandriss im Knie), Stürmer Morten Madsen (Muskelbündelriss im Oberschenkel), sowie dem gesperrten Defensivroutinier Duvie Westcott fehlen drei weitere Eckpfeiler zum Ligaauftakt. Immerhin gab es am Donnerstag auch noch gute Nachrichten. Stürmer Adam Mitchell könnte nun doch noch rechzeitig zum München-Spiel seinen deutschen Pass bekommen. Die Behörden in Ottawa deuteten an, dass die Ausbürgerung des 31-Jährigen vor dem Abschluss steht. Bis 17 Uhr ist das Büro der DEL am Freitag geöffnet. „Es gibt eine kleine Chance bei Mitchell. Wir haben in der letzten Saison am besten gespielt, als wir einen knappen Kader hatten. Also alles kein Problem“, flüchtete sich Sportdirektor Stéphane Richer in Zwangsoptimismus.

Ohnehin ergeben sich die Freezers nicht in Selbstmitleid, glauben an die eigene Stärke, leben Selbstbewusstsein vor. „Wir gehören zu den Titelkandidaten“, sagt Richer ungewohnt forsch. Wohl auch, weil Spieler und Verantwortlichen wissen, dass das Team körperlich so fit ist wie noch nie.

Das Abendblatt hat mit Hilfe des Trainer-Teams um Benoît Laporte, Serge Aubin und Mintra Mattison jede einzelne Trainingseinheit der sechswöchigen Vorbereitung protokolliert. Insgesamt 1644 Minuten arbeitete Laporte mit der Mannschaft auf dem Eis. Zu Beginn setzte der Frankokanadier dabei vor allem auf laufintensive Drills. Jede Torschussübung wurde im höchsten Tempo absolviert, zum Warmlaufen wurden mehrmals die Pucks außenvorgelassen. Gefürchtet war bei den Freezers-Profis vor allem die sogenannte „Mountain“-Übung. Die Spieler starteten auf der Torlinie, mussten anschließend zur blauen Linie und zur Mittellinie sprinten, ehe es längs über die gesamte Eisfläche ging. Diese hohe Intensität war für die Eishockey-Profis eine Grenzerfahrung. Gerade zu Beginn der Vorbereitung dauerten die Einheiten zwischen 90 und 120 Minuten. „Das Training war schon echt hart und man musste seinen inneren Schweinehund überwinden, aber in der Saison werden wir die Schinderei zu schätzen wissen. Wir haben alles getan, um gegen Red Bull München auf den Punkt topfit zu sein“, sagte Spielmacher Philippe Dupuis.

Mit Fortdauer der Vorbereitung änderte sich kontinuierlich die Intensität und der Trainingsschwerpunkt. Nach dem Konditionsaufbau, widmete sich Laporte vor allem dem Spielaufbau, der Struktur in allen drei Zonen, und dem Umschaltspiel bei Scheibengewinn bzw. Scheibenverlust. Nahezu in jeder Einheit ließ er Kontersituationen simulieren, bei dem zwei oder drei Stürmer auf einen respektive zwei Verteidiger zulaufen. Gebetsmühlenartig mahnte der detailversessene Laporte lautstark seine Spieler an, sich bei den Passformen zu konzentrieren und jede Scheibe aufs Tor zu bringen. Bei diesen Übungen zeigten vor allem die Neuzugänge Kevin Clark und Marty Sertich ihre Spielintelligenz.

Besonders großen Spaß hatte der Freezers-Trainer dann, wenn er auf dem Kleinfeld seine Spieler in knallharte Zweikämpfe schickte. Oft gab es vor allem an der Bande Duelle an der Grenze zum Erlaubten. Keiner der Profis wollte zurückstecken, dem Gegenspieler den Triumph gönnen. Die neuen Abwehrspieler Sam Klassen und Brett Festerling waren in Sachen Härte besonders auffällig, was beim einen oder anderen etablierten Profi zunächst für Erstaunen und böse Blicke sorgte.

„Ich liebe das. So wie man trainiert, spielt man auch. Klassen und Festerling gefallen mir“, sagte Laporte, der aber auch in der Vorbereitung den Spaß nicht zu kurz kommen lassen wollte. Einmal pro Woche fand das „Bagle-Boy-Penaltyschießen“ statt. Der Spieler, der als letztes seinen Penalty verwandelte, musste für die gesamte Mannschaft eine Woche lang das Frühstück ausgeben.

Mit deutlich mehr Ernsthaftigkeit gingen die Freezers das Training des Powerplays an, in der letzten Saison der Schwachpunkt der Hamburger. Zum Ende des Trainings ließ Laporte immer wieder Fünf-gegen-vier- und Fünf-gegen-drei-Situationen üben. Mit Erfolg. Die Scheibe lief gut und mit der taktischen Variante, die schussgewaltigen Stürmer Jerome Flaake und Thomas Oppenheimer an der blauen Linie zu platzieren, scheint Laporte goldrichtig zu liegen.

Ähnlich akribisch wurde auch abseits der Eisfläche trainiert. 670 Minuten in acht Einheiten verbrachten die Profis im Kraftraum, wo Fitnesscoach Mattison, die einst die US-Army trainierte, mit dem Team an der Mobilität, der Stabilisierung des Oberkörpers und Kräftigung der Beinmuskulatur arbeitete. Jeder Profi bekam einen individuellen Plan, der auf seine jeweiligen Schwachpunkte abgestimmt war.

„Ich bin extrem zufrieden mit dem körperlichen Zustand meiner Jungs. Letztes Jahr waren wir auch fit, aber wir haben aus der Vorsaison gelernt, dass wir dennoch Luft nach oben hatten. Wir werden auch in der Spielzeit vermehrt im körperlichen Bereich arbeiten. Jetzt müssen wir all das noch aufs Eis bringen“, sagt Laporte. Am besten schon an diesem Freitag gegen den EHC Red Bull München.