Benoît Laporte, Trainer der Freezers, über die Lehren aus der vergangenen Spielzeit und die Spielphilosophie für die neue Saison

Hamburg. Um 11.15 Uhr – eine gute Stunde früher als geplant – kehrten die Hamburg Freezers am Montag mit ihrem Charterflieger vom Champions-League-Abenteuer aus Finnland zurück. Im Gepäck hatte Cheftrainer Benoît Laporte, 54, eine ganze Reihe von Erkenntnissen, die er in die Vorbereitung auf den Saisonstart in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL), die an diesem Freitag (19.30 Uhr, O2 World) gegen Red Bull München beginnt, einfließen lassen wird. Darüber sprach der Frankokanadier bei Kaffee und Rhabarberschorle mit dem Abendblatt.

Hamburger Abendblatt:

Herr Laporte, 1:18 Tore in vier Champions-League-Spielen, dazu eine Reihe verletzter Leistungsträger. Warum können sich die Fans der Hamburg Freezers trotzdem auf den DEL-Saisonstart freuen?

Benoît Laporte:

Weil ich fest davon überzeugt bin, dass wir ein Team haben, das mindestens genauso gut ist wie das in der vergangenen Saison. Die Vorbereitung war gut, man darf die Ergebnisse in der Champions League nicht überbewerten. Natürlich bin ich damit nicht zufrieden, und die Jungs auch nicht. Aber man muss diese Spiele im richtigen Licht betrachten.

Dann tun Sie das doch bitte. Ihr formulierter Anspruch war es, in der Champions League die zweite Runde zu erreichen. Das hat das Team nun bereits nach vier von sechs Vorrundenspielen verpasst. War Ihr Anspruch zu hoch oder die Mannschaft zu schwach?

Laporte:

Im Nachhinein kann man natürlich sagen, dass meine Zielstellung ein Fehler war. Fakt ist: Die Jungs haben alles versucht, um ihre dem Zeitpunkt der Vorbereitung angemessene Bestleistung zu bringen. Aber wenn man weiß, wie sich unsere Gegner aus Lulea und Rauma vorbereitet haben, dann muss man zugestehen, dass wir auf dem Level nicht mithalten können. Die hatten nach Saisonende zwei Wochen Pause, dann zwölf Wochen Trainingscamp, einen Monat frei, und dann wieder Camp. Wir hatten nach Saisonende fast vier Monate frei und dann nur zwei Wochen Training und ein Testspiel, bevor die Champions League begann. Ich beklage mich darüber nicht, wir müssen mit der Zeit, die wir zur Vorbereitung haben, umgehen, und ich bin überzeugt, dass sie reicht, um für die DEL bereit zu sein. Aber man muss das wissen, wenn man die Ergebnisse analysiert.

Viele reden über die Abwehrprobleme. Aber Sie hatten mit Christoph Schubert und Mathieu Roy zwei Ausfälle in der Defensive, die die umfunktionierten Stürmer Adam Mitchell und Matt Pettinger nicht kompensieren konnten. Ist es nicht viel alarmierender, dass Ihre Offensive nur ein Tor erzielen konnte?

Laporte:

Das kann man durchaus so sehen. Aber auch dafür gibt es Erklärungen. Sie sagten ja selbst, dass zwei Stürmer in der Abwehr spielen mussten. Dazu kommt, dass gegen so offensivstarke Nationen wie Schweden und Finnland auch die anderen Stürmer viel mehr Defensivarbeit leisten mussten. Denen fehlte dann vor dem gegnerischen Tor die nötige Kraft und Konzentration, um vernünftig abzuschließen. Dennoch mache ich mir darüber keine allzu großen Sorgen, denn immerhin haben wir Torchancen kreiert. Wir haben sie nur nicht gut genutzt.

Sie haben auch die Disziplinlosigkeit Ihrer Spieler kritisiert, die vielen unnötigen Strafen. Erwächst dort ein Problem, das auch in der DEL auftreten kann?

Laporte:

Nein. Ich war sehr böse darüber, dass wir so viele unnötige Strafen gezogen haben. Dennoch erklärt sich das auch damit, dass den Jungs die nötige Kraft und Konzentration fehlte und sie dadurch oft den entscheidenden Schritt zu spät kamen. Einige Spieler haben durch die enorme Belastung, die durch den engen Kader entstanden war, über ihrem Limit gespielt. Und dann passieren Fouls.

Fürchten Sie, dass die Negativerlebnisse in der Champions League das Selbstvertrauen der Spieler schmälern?

Laporte:

Überhaupt nicht, denn auch wenn die Ergebnisse eine andere Sprache sprechen, haben wir am Wochenende in beiden Spielen die ersten beiden Drittel sehr gut mitgehalten. Wenn wir so in der DEL spielen, dann werden wir unsere Spiele auch gewinnen. Ich verfalle mit Sicherheit nicht in Panik. Wir haben die Partien genutzt, um unser neues Auswärtssystem auszuprobieren, und das hat schon gut funktioniert.

Wie sieht dieses System aus?

Laporte:

Wir wollen in dieser Saison auswärts etwas geduldiger spielen. Der Schlüssel, um mehr Erfolg zu haben, liegt in einer besseren Auswärtsbilanz. Zu Hause waren wir in der vergangenen Saison stark, auswärts müssen wir stabiler werden. Und das gelingt uns, wenn wir nicht mit so viel Risiko pressen, sondern abwartender spielen und im richtigen Moment zuschlagen.

Ist das auch eine Konsequenz daraus, dass Ihre Mannschaft nach dem Abgang von David Wolf in der Offensive nicht mehr so körperlich spielen kann?

Laporte:

Wir haben nicht nur Wolf verloren, sondern auch Marius Möchel, zudem fehlt uns derzeit der verletzte Morten Madsen. Damit geht eine Menge physische Präsenz verloren. Wir haben mit Marty Sertich und Kevin Clark Spieler geholt, die viel mehr spielerische Elemente einbringen. Das bedeutet, dass wir smarter spielen, den Puck schon erlaufen müssen, bevor man ihn im Zweikampf erkämpfen muss. So eine Umstellung braucht Zeit, aber wir sind auf einem guten Weg. Und bevor ein falscher Eindruck entsteht: In der Defensive sind wir mit Brett Festerling körperlich noch stärker geworden. Gegen unsere Abwehr zu spielen, das wird mit Sicherheit kein Spaß sein.

Kein Spaß war in den vergangenen Jahren oft das Überzahlspiel Ihres Teams. Warum wird das in dieser Saison endlich besser?

Laporte:

Das ist, neben der Auswärtsstärke, der zweite wichtige Fokus. Ich glaube, wir haben mit Sertich und Clark Spieler dazubekommen, die uns im Powerplay besser machen. Was ich bislang gesehen habe, macht mich sehr zuversichtlich. Aber natürlich muss sich das in den Spielen noch beweisen.

Gibt es einen Spieler, der Sie in der Vorbereitung besonders überrascht hat?

Laporte:

Sam Klassen. Ich bin sehr froh, dass unser Torwarttrainer Vincent Riendeau ihn in Nordamerika entdeckt hat. Ohne Sam hätten wir jetzt ein großes Problem in der Abwehr. Aber grundsätzlich bin ich sehr zufrieden mit allen Neuen, die ziehen enorm mit und geben alles, um uns schnell zu helfen. Die einzige negative Überraschung waren die vielen Verletzungen. Aber das hat mir wieder einmal gezeigt, wie schnell auch die besten Planungen über den Haufen geworfen werden können.

In der vergangenen Saison haben Sie die Messlatte mit der Hauptrundenmeisterschaft und dem Halbfinaleinzug hoch gelegt. Wie schaffen Sie es in dieser Spielzeit, das zu toppen?

Laporte:

Natürlich will man immer besser werden. Aber das bedeutet in unserem Fall nicht, dass wir wieder Hauptrundenerster werden müssen. Im Gegenteil: Wir müssen dann bereit sein, wenn es wirklich zählt, nämlich in den Play-offs. Die Analyse der vergangenen Saison hat gezeigt, dass viele das Gefühl hatten, dass wir das nicht waren, weil wir zu hart um Platz eins gekämpft hatten. Deshalb müssen wir da etwas umdenken und die Vorbereitung auf die Play-offs besser gestalten.

Wie also lautet das Saisonziel?

Laporte:

Das können wir erst zum Ende der Woche kommunizieren, da wir am Dienstag und Mittwoch noch mit allen Spielern individuelle Gespräche führen und es dann gemeinsam festlegen. Aber ich kann versprechen, dass wir alles tun werden, um uns zu verbessern.