Benoît Laporte wird an diesem Dienstag beim Spiel gegen die Eisbären Berlin der dienstälteste Trainer in der Geschichte der Freezers.

Hamburg. Benoît Laporte ist ein Mann, der eigentlich immer auf alles vorbereitet ist. Im Eishockey gibt es kaum noch etwas, was den Trainer der Hamburg Freezers überrascht. Als das Abendblatt den Frankokanadier aber mit der Tatsache konfrontierte, dass er seit diesem Dienstag der dienstälteste Trainer der zehnjährigen Klubgeschichte ist, stutzte der 52-Jährige. Vor genau 750 Tagen hatte Laporte den Job bei den Freezers übernommen. Der bisherige Rekordhalter Bill Stewart schaffte "nur" 749 Tage. "Das wäre komplett an mir vorbeigegangen. Ich bin glücklich darüber, aber für mich steht viel mehr im Mittelpunkt, dass wir uns als Team entwickelt haben", sagt Laporte.

So ist er halt, der Mann, der in Montreal/Quebec geboren wurde. Laporte ist 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche im Eishockey-Modus. Nichts hasst der ehrgeizige Coach mehr, als verlieren. Dafür verlangt er von sich und vor allem von seinen Spielern viel. So viel, dass er häufig mit seiner emotionalen und impulsiven Art aneckt. Laporte steht dazu, ein Mann mit Ecken und Kanten zu sein. "Ich liebe Eishockey so sehr. Deshalb gibt es hin und wieder Reibungen mit meinen Veteranen. Es frustriert mich, wenn einige nicht mit der Leidenschaft spielen, die nötig ist, um Erfolg zu haben", sagt Laporte, der an diesem Dienstag (19.30 Uhr, O2 World) mit seinem Team auf die Eisbären Berlin trifft.

Mit dieser direkten Ansprache kommt längst nicht jeder bei den Freezers klar. Aber, und das kann man Laporte nicht vorwerfen: Er ist gnadenlos ehrlich. Vor allem bei den deutschen Spielern genießt der Trainer großes Ansehen. Unter dem charismatischen Coach haben sich Spieler wie Jerome Flaake, Garrett Festerling und David Wolf zu Nationalspielern entwickelt. Laporte verfolgt eine klare Linie, steht für attraktives und schnelles Eishockey.

Ohnehin macht sich Laporte wenig Gedanken über sein Image. Dass er in der DEL lange Jahre als reiner Feuerwehrmann und harter Hund galt, überrascht ihn, weil es faktisch nicht stimmt. Sowohl als Spieler als auch in der Rolle des Trainers war er zumeist über einen längeren Zeitraum tätig, und mit der Zeit zeigte er bei den Freezers mehr und mehr seine menschliche Seite. "Mich interessiert nur die Meinung derer, die mich auch kennen. Natürlich gibt es Fans, die mich mögen und welche, die mich nicht mögen. So ist es bei meinen Spielern sicher auch. Aber ich kann nicht Everybody's Darling sein - und ich will es auch nicht."

Laporte möchte in seiner Karriere noch etwas gewinnen. Wenn dieses Feuer erlischt, so sagt er, wäre der Zeitpunkt gekommen, die Trainerkarriere zu beenden. Im vergangenen Frühjahr wäre es fast soweit gewesen, allerdings aus anderen Gründen: Die wochenlang zum Großteil öffentlich geführte Diskussion über eine Vertragsverlängerung zehrte an seinen Nerven. Dass er mit Ex-Geschäftsführer Michael Pfad einen großen Kritiker in den eigenen Reihen hatte, machte die Sache nicht leichter. "Wir waren im Dezember 2011 Tabellenführer, verloren dann fünf Spiele am Stück - und plötzlich wurde alles infrage gestellt", sagt Laporte und ergänzt: "Zwei Drittel des Teams haben funktioniert und mein Schicksal wurde an das eine Drittel, welches nicht gut war, geknüpft? Ich habe mich ernsthaft gefragt, ob ich mir das Ganze noch antun möchte", so Laporte offen.

Nach einem klärenden Gespräch mit Sportdirektor Stéphane Richer bekam er einen neuen Einjahresvertrag. Und dieser endet nach Ablauf dieser Spielzeit. Eine ähnliche Zitterpartie wird es dieses Jahr nicht werden. Nach Abendblatt-Informationen sollen am kommenden Wochenende erste Gespräche zwischen Berater Klaus Hille und Richer stattfinden. "Benoît macht einen guten Job. Wir stehen in den Top-Vier. Ich werde mit seinem Berater sprechen", sagt Richer.

Dass Laporte gerne in Hamburg verlängern würde, liegt auch daran, dass er sich privat bestens in die Gesellschaft integriert hat. Laporte lernt die deutsche Sprache, die er bereits passabel beherrscht, schlendert gerne über den Isemarkt, unweit seiner Wohnung und fachsimpelt dort mit den Verkäufern über Wein und Käse. Er war kurz davor, Teilhaber der Restaurant-Kette "Einstein" zu werden. Im vergangenen Jahr meldete sich der Trainer zudem in einem Badminton-Verein an, um neue soziale Kontakte zu knüpfen.

Seit November 2012 nimmt Laporte an einem Selbstverteidigungs-Kurs teil. Doch er tut nicht nur was für den Körper. Jeden Abend schaut Laporte die französische Quizshow "Question pour un Champion". "Sonst verblödet man doch." Und ganz nebenbei schreibt Laporte an seiner Biografie mit dem Titel: "Der schwere Parcours des Lebens". Das Buch wird seine zum Teil schwierige Kindheit ebenso beleuchten wie seine Karriere als Spieler und Trainer. "Mein letztes Profijahr war hart. Man hat damals nicht viel verdient. Mitspieler haben mit Drogen zu tun gehabt. Man musste stark sein, um nicht auf die schiefe Bahn zu geraten", sagt Laporte. Wann das Buch veröffentlich wird, ist unklar. Sicher ist nur, dass es so sein wird, wie er selbst. Ehrlich und direkt.