Ein Kommentar von Björn Jensen

Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung, heißt es, und wenn dieses Sprichwort wahr ist, dann muss man sich um Rob Collins vielleicht doch Sorgen machen. "95 Prozent des Spiels werden im Kopf entschieden", sagt der Eishockeyprofi der Hamburg Freezers, der sich derzeit in der größten Schaffenskrise seiner Karriere befindet. Auf die Frage, ob er, um Kopf und Körper wieder in Einklang zu bringen, die Dienste eines Mentaltrainers in Anspruch nehme, lacht der Kanadier nur. So etwas sei nichts für ihn, das habe er nicht nötig.

Die Reaktion Collins', mit 34 Jahren und rund 360 DEL-Spielen wahrlich kein unbedarfter Jungspund, ist keine untypische. Doch solange es im Profisport verbreitet ist, Mentaltraining als ein Thema für Gestörte abzutun, darf sich kein Verantwortlicher beklagen, wenn einzelne Spieler oder ganze Mannschaften hinter den Erwartungen zurückbleiben. Während für physische Wehwehchen bisweilen eine Armada an Therapeuten und Ärzten bereitsteht, ist die Psyche für zu viele noch immer ein Tabuthema.

Der kürzlich entlassene Geschäftsführer Michael Pfad hatte vor der vergangenen Saison versucht, bei den Freezers einen Mentalcoach zu installieren. Er scheiterte am Widerstand von Cheftrainer Benoît Laporte, der eine Einmischung in seinen Arbeitsbereich fürchtete, und am Budget. Doch wer am Mentaltrainer spart, spart am falschen Ende. Wer als Profisportler darauf verzichtet, seinen Kopf zu trainieren, handelt schlicht unprofessionell. Es wird Zeit, dass sich diese Erkenntnis überall durchsetzt.