Garrett Festerling trifft heute mit den Hamburg Freezers auf seinen Ex-Klub Hannover Scorpions

Hamburg. Auf den ersten Blick scheint alles beim Alten zu sein. Lässige Klamotten, schluffiger Gang, leicht verträumter Blick. Erst beim festen, bestimmten Handschlag merkt man, dass sich bei Garrett Festerling etwas verändert hat. Aus dem von Selbstzweifeln geplagten Deutschkanadier ist ein selbstbewusster und zielstrebiger Eishockeyprofi geworden. Das heutige Spiel gegen seinen ehemaligen Klub Hannover Scorpions (19.30 Uhr, O2 World) sei nichts Besonderes für ihn; er genieße einfach jede Minute auf dem Eis, egal wie der Gegner heißt. "Ich habe aus der vergangenen Saison sehr viel gelernt", sagt der 25-Jährige mit Stolz in der Stimme. "Ich bin jetzt viel lockerer und mental stärker. Es ist, als wäre ich ein neuer Mensch."

Es ist keine sechs Monate her, da dachte Festerling, dass seine Zeit nach nur einem Jahr in Hamburg abgelaufen war. Lediglich vier Tore und 15 Vorlagen konnte der Mittelstürmer in 50 Partien beisteuern. Nach jeder vergebenen Torchance schwand sein ohnehin nicht gerade üppiges Selbstvertrauen zusehends. Der Tiefpunkt erfolgte im vergangenen November, als ihn sein früherer Trainer Hans Zach bei einer Fernsehübertragung hart kritisierte. Festerling würde sich selbst überschätzen und nie über den Status des Vierte-Reihe-Centers hinauskommen, urteilte der ehemalige Bundestrainer. "Das hat mich wahnsinnig geärgert", sagt Festerling. "Aber ich habe es als Motivation gesehen und bin froh, dass ich jetzt einen Coach habe, der mir vertraut." Freezers-Trainer Benoît Laporte erkannte früh das Potenzial und vor allem die tadellose Einstellung des Offensivspielers und setzte sich für den Verbleib Festerlings ein. "Laporte ist sehr wichtig für mich. Er überträgt mir viel Verantwortung und hat mich zu einem besseren Spieler gemacht", sagt Festerling, der im Sommer den Grundstein für seine momentane Verfassung gelegt hat.

In Vancouver absolvierte er gemeinsam mit Kumpel und Stanley-Cup-Sieger Milan Lucic (Boston Bruins) sowie einigen anderen NHL-Profis ein intensives Trainingsprogramm auf und neben der Eisfläche. Bereits bei der ersten Einheit brannte "Festi", wie ihn seine Kollegen nennen, vor Ehrgeiz. Als wolle er es allen Kritikern und sich selbst beweisen, dass er mehr ist als ein Mitläufer. Mittlerweile gehört Festerling mit drei Toren und acht Vorlagen zu den erfolgreichsten Mittelstürmern der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) und hat sich von seinem Image des eindimensionalen Kämpfers gelöst. Inzwischen verfügt Festerling über eine gute Übersicht und traut sich immer häufiger selbst den Abschluss zu. "Natürlich freue ich mich nach der schweren Vorsaison über meine Leistung. Aber bei mir ist, genauso wie beim Team, noch Luft nach oben."

Und dennoch wirkt Festerling mit sich und der Welt im Reinen. Regelmäßig berichtet er seinem Zwillingsbruder Brett, Abwehrspieler beim NHL-Klub Winnipeg Jets, von seinen guten Leistungen. "Er war gerade in meiner schwierigen Zeit neben meiner Freundin mein wichtigster Ansprechpartner. Er hat immer gesagt, dass ich an mich glauben und mich durchbeißen soll", sagt Festerling.

Und gerade weil er Biss hat, genießt der 1,78 Meter große Mittelstürmer bei den Fans und Mitspielern großes Ansehen. Nicht wenige Experten wunderten sich, dass der bisher so starke Festerling im vorläufigen Aufgebot für den Deutschland-Cup fehlt. "Natürlich würde ich gerne für mein Land spielen, aber ich mache mich nicht verrückt. Wenn es irgendwann klappt, schön. Wenn nicht, gebe ich einfach weiter Gas im Klub", sagt Festerling und lächelt. Heute kann er diesbezüglich Werbung in eigener Sache betreiben: Bundestrainer Jakob Kölliker ist erstmals in der O2 World zu Gast.