Wie gut sind die Freezers in dieser Saison? Eine Analyse des Hamburger DEL-Teams nach dem 1:2 im Spitzenspiel gegen Ingolstadt.

Hamburg. Es war mucksmäuschenstill in der Kabine, der Frust über die unnötige 1:2 (1:1, 0:0, 0:1)-Niederlage der Hamburg Freezers gegen den ERC Ingolstadt greifbar. Nach zuletzt sieben Spielen in knapp zwei Wochen wirkten die Spieler körperlich und mental müde. Als Ausrede wollte das aber niemand gelten lassen. Es war nicht das erste Mal, dass die Freezers ein enges Spiel knapp verlieren. "Wir sind scheinbar noch ein ganzes Stück von einer Top-Mannschaft entfernt", sagt Vizekapitän Patrick Köppchen. Sein Trainer sieht das ähnlich: "Wenn man ein Top-Sechs-Team sein will, muss man jedes Spiel nahezu exzellent spielen. Das haben wir heute bei Weitem nicht", ärgerte sich Benoît Laporte, der dennoch ein insgesamt positives Fazit nach elf absolvierten Spielen und 19 Punkten zieht. Immerhin ist Ingolstadt aktueller Tabellenzweiter.

Wie kann der Aufschwung der Freezers nachhaltig gestaltet werden? Eine Analyse nach elf Spielen.

Die Transferpolitik: Dem lange umstrittenen Sportdirektor Stéphane Richer gelang es in der Sommerpause nicht nur, gute Eishockeyspieler nach Hamburg zu locken. Er fand auch die passenden und zuletzt fehlenden Charaktere. Mit Serge Aubin sowie Patrick Köppchen und Rob Collins sind Führungsspieler verpflichtet worden. Das Team ist dabei sogar günstiger im Unterhalt als im Vorjahr: "Wir haben eine sehr gute Mischung aus Jung und Alt in der Mannschaft und verfügen endlich über Führungsstärke", sagt Richer, der mit der Verpflichtung der Dänen Jesper Jensen und Daniel Nielsen zudem Kreativität auf dem Transfermarkt bewies.

Die Deutschen: Zwanzig von 39 Toren wurden von Profis mit deutschem Pass erzielt. Vor allem die Reihe mit dem Deutsch-Kanadier Garrett Festerling, Jerome Flaake und David Wolf sorgte in den ersten elf Spielen für Furore. Die Freezers verfügten in ihrer knapp zehnjährigen Geschichte noch nie über eine derart große Anzahl an guten deutschen Spielern. "Das war aber nur der Anfang. Wir werden in Zukunft noch mehr auf heimische Spieler setzen", sagt Richer.

Der Charakter: Bereits in den ersten Wochen der Vorbereitung hat sich um Kapitän Christoph Schubert eine klare Hierarchie herauskristallisiert. Mit Aubin, Collins und Patrick Traverse fungieren Routiniers als Vorbilder für die jungen Spieler. Selbst nach größeren Rückständen kämpft sich das Team häufig zurück ins Spiel. Doch nicht nur auf dem Eis harmonieren die Profis: Stürmer Brett Engelhardt kaufte einen Toaster und Frühstücksutensilien, damit die jungen Spieler morgens vernünftig essen können. Die Cliquenbildung früherer Tage ist Vergangenheit. "Wir müssen nicht 22 beste Freunde sein, aber jeder respektiert jeden. Das ist wichtig, schließlich sind die Mitspieler während einer Saison so etwas wie eine zweite Familie", sagt Köppchen.

Der Torwart: Es war eine lange Suche. Seit dem Abgang von Kulttorhüter Boris Rousson 2007 fahndeten die Freezers nach einer würdigen Nummer eins. Mit John Curry ist den Hamburgern dabei ein Glücksgriff gelungen. Die Feldspieler wissen, dass mit dem US-Amerikaner ein Mann hinter ihnen steht, der Fehler ausbügeln kann. Mit spektakulären Paraden war Curry der Garant für die guten Resultate.

Der Trainer: Benoît Laporte, 51, hat der Mannschaft seine Handschrift verpasst. Aggressives, laufintensives Spiel und große Leidenschaft fordert der Frankokanadier ein. Wer mitzieht, bekommt mit dem Motivator keine Probleme. Dabei werden alle Spieler gleich behandelt. Zudem schaffte er es, Spieler wie Festerling und Flaake besser zu machen. Auch wenn Laporte als harter Hund gilt, beweist er doch immer wieder Nähe zu seinen Spielern. Nach erfolgreichen Heimspielen sieht man ihn schon mal bei einem Glas Wein mit seinen Spielern im VIP-Bereich flachsen.

Das Steigerungspotenzial: Obwohl die Freezers häufig sehr attraktives Eishockey zeigen, gibt es noch viel Luft nach oben. Die Leistungsträger sind noch zu inkonstant und spielen gelegentlich für die Galerie. Zudem ist das Defensivverhalten noch nicht einer Top-Sechs-Mannschaft würdig. Wollen die Hamburger auch am Ende ganz oben stehen, muss Konstanz ins Spiel. "Gerade in solchen Spielen, wenn man müde ist, muss man sich aufopfern. Das hat mir heute gefehlt. Wir haben das in uns, zeigen es aber nicht immer", sagte Laporte, der klarmacht, dass eine neue Mentalität bei den Freezers herrscht. Selbstzufriedenheit wird nicht mehr geduldet.

Tore: 1:0 (1:24) Engelhardt (Collins, Schubert), 1:1 (18:25) Ficenec (Periard, Ross) 5-4, 1:2 (43:38) Ross (Ryan, Periard) 4-5. Strafminuten: 12/16. Schiedsrichter: Brill (Zweibrücken). Zuschauer: 7273.