Der neue Freezers-Trainer Benoît Laporte über die schwierige Aufgabe in Hamburg und seine sportliche Philosophie

Hamburg. Benoît Laporte, neuer Trainer der Hamburg Freezers, kehrt mit einem Erfolgserlebnis nach Hamburg zurück. Das Team aus der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) gewann am Freitagabend bei Adler Mannheim mit 3:1. Im Abendblatt-Interview spricht der 50-Jährige über seine Philosophie, sein Image und das Verhältnis zu seinen Profis.

Hamburger Abendblatt:

Herr Laporte, kennen Sie eigentlich das deutsche Sprichwort "Aller guten Dinge sind drei"?

Benoît Laporte:

Ja, ich hörte davon. Ich weiß, worauf sie hinauswollen. Ich stand schon zweimal vor einem Wechsel zu den Freezers. Zuletzt, als Bill Stewart 2008 entlassen wurde. Leider hat es damals aus gewissen Gründen nicht geklappt, aber jetzt bin ich ja hier.

Was glauben Sie, warum der Sportdirektor Stéphane Richer Sie als Trainer ausgewählt hat? Vielleicht weil die Mannschaft eine harte Hand braucht?

Laporte:

Ich glaube, dass Stéphane auch hart sein kann. Vielleicht nur auf eine andere Art und Weise als ich. Wir sind beide eishockeyverrückt und haben eine ähnliche Philosophie. Ich kenne Stéphane, seit ich in der DEL bin. Wir sind auch schon zusammen zu Weltmeisterschaften gefahren und haben uns immer gut verstanden. Er kennt also meine Ansichten als Trainer.

Wie ist die Aufgabenteilung zwischen Ihnen und Richer?

Laporte:

Es war mein ausdrücklicher Wunsch, dass er auch der Defense-Coach ist. Er war selbst ein sehr guter Verteidiger. Ansonsten übernehme ich alle Trainertätigkeiten wie Videostudium und die alltäglichen Dinge. So kann er sich um den Job des Sportdirektors kümmern. Gerade in dieser Jahreszeit, wo die Weichen für die kommende Saison gestellt werden, hat der Sportchef ja bekanntlich viel zu tun.

Auf Sie wartet eine Mammutaufgabe.

Laporte:

Stimmt, aber das macht doch den Reiz aus. Ich blicke schon, seit ich in der DEL arbeite, auf die Freezers und hab mich immer gefragt, warum hier kein Erfolg ist. Hier passt doch alles.

Und warum sind die Freezers hinter den Erwartungen geblieben?

Laporte:

Nun, es ist schwierig. Als Außenstehender habe ich immer wieder mit Erstaunen zur Kenntnis genommen, wie viele Spieler und Trainer ausgetauscht wurden. Früher wurden hier wohl viele Spieler nach Namen und Statistiken verpflichtet. So kann ja kein Klub organisch wachsen. Aber es ist wie im echten Leben, wenn sich im Bekanntenkreis Ehepartner scheiden lassen. Man denkt: Wieso tun sie das? Toller Mann, tolle Frau. Aber wenn man die Details kennt, sieht man, warum Dinge passieren.

Zumal ja auch die wirtschaftlichen Voraussetzungen gegeben sind.

Laporte:

Naja, seien wir doch mal ehrlich. Klar, die Anschutz Entertainment Group (Freezers-Eigner, Red. ) hat viel Geld. Aber sie hat auch den einen oder anderen Euro verloren, weil der Erfolg eben ausblieb. Das Budget wurde über die Jahre immer wieder gekürzt. Heute verdient hier der Top-Star das, was vor ein paar Jahren noch ein Spieler aus der dritten Reihe bekommen hat. Es ist ein Irrglaube, dass die Freezers die Geldrangliste in der DEL anführen. Wir belegen da eher einen Mittelfeldplatz.

Und trotzdem geht es den Spielern in Hamburg gut. Vielleicht sogar zu gut?

Laporte:

Natürlich kann das auch ein Grund sein. In einer Großstadt wie Hamburg kann man, wenn man die Halle verlässt, so viel unternehmen. Das ist natürlich verlockend und kann ablenken. Schauen Sie sich die Arena an, die Trainingshalle. Den Spielern wird viel abgenommen. Vielleicht wird da der ein oder andere bequem.

Aber Berlin hat auch viel zu bieten und die Eisbären haben Erfolg.

Laporte:

Stimmt, aber Berlin hat die Strukturen, die wir irgendwann auch mal haben wollen. Da sind die jungen Spieler den ganzen Tag eingebunden. Training, Mittagessen, Meetings, wieder Training. Wissen Sie, warum Berlin die ganzen Jahre Erfolg hatte und immer noch hat?

Warum?

Laporte:

Weil sie durch ihre Philosophie hervorragende deutsche Spieler haben. Die machen doch letztlich den Unterschied. Man braucht keine zehn oder mehr Ausländer im Kader. Ich habe lieber nur sieben, dafür aber auch Top-Importe im Kader. Es ist für mich eine tolle Aufgabe, mit Talenten zu arbeiten, sie zu formen. Wir haben hier mit Oppenheimer, Ostwald, Flaake oder Festerling gute Jungs dabei.

Sie machen sich schon sehr viele Gedanken über die Zukunft der Freezers. Wie kriegen Sie die aktuelle Saison noch in die richtigen Bahnen?

Laporte:

Ich kann nicht alles hier umkrempeln, wenn wir alle zwei Tage ein Spiel haben. Wir haben keine schlechte Mannschaft. Meine Aufgabe ist nun, die richtigen Stellschrauben zu finden. Wir sind zu leise. Ich würde nicht mal sagen, dass es an Führungsspielern fehlt. Ein Leader kann auch leise sein. Aber mir fehlt ein Lautsprecher. Die machen den Unterschied zwischen Mittelmaß und Topklub.

Sie gelten auch als knallharter Coach.

Laporte:

Das Image habe ich seit der Zeit in Augsburg. Dort hatten wir Spieler, die, wenn man ihnen den kleinen Finger reichte, gleich die ganze Hand genommen haben. Da musste ich durchgreifen. Ich bin ein direkter Typ, der ungern Energie mit ungeklärten Situationen verschwendet.

Offen gehen Sie auch mit Ihren Profis um.

Laporte:

Genau. Wenn ein Spieler ein und denselben Fehler immer und immer wieder macht und dann noch rumzickt, weil er immer in der Kritik steht, dann bekommt er ein Problem mit mir. Meine Spieler dürfen auch mal sauer auf mich sein. Damit kann ich leben. Aber wenn sie am nächsten Tag immer noch schmollen, dann dürfen sie gleich wieder bei mir im Büro antanzen. Wir sind doch nicht im Kindergarten.

Verstehen Sie den Ärger der Fans?

Laporte:

Natürlich. Aber wir leiden jetzt unter den Fehlern der Vergangenheit. Ein ernsthafter Umbruch mit 24 neuen Spielern, einem neuen Coach und einer neuen Geschäftsstelle braucht Zeit. Jeder wollte diesen Schnitt haben. Es ist doch klar, dass nicht alles auf Anhieb funktioniert. Aber wenn man das als Fan jedes Jahr zu hören bekommt und sich in Wirklichkeit nichts ändert, ist die Verärgerung normal.

Für Besserung gibt es nur ein Rezept: Siege. Auch für Ihre Zukunft wäre ein versöhnliches Saisonende wichtig.

Laporte:

Für alle wäre es toll, wenn wir noch die Kurve kriegen würden. Wir haben verabredet, dass im Februar über meine Zukunft gesprochen wird. Bis dahin wird man ja sehen, wie es für mich und die Freezers läuft. Ich sage ganz ehrlich: Nur für ein halbes Jahr wäre ich nicht gekommen. Ich möchte Teil dieser Entwicklung des Klubs sein.

Freezers holen mit dem 3:1 sieben von neun möglichen Punkten

Aleksander Polaczek, Spieler des Monats Dezember der Hamburg Freezers, gehörte beim 3:1 (1:0, 1:1, 1:0)-Auswärtssieg bei Adler Mannheim mit einem Tor und zwei Vorlagen zu den Matchwinnern. Für die Entscheidung sorgte Verteidiger Christoph Schubert, der seinen ersten Treffer für die Freezers erzielen konnte. Von neun möglichen Punkten in drei Auswärtsspielen holten die Freezers sieben. Am Sonntag spielen die Hamburger gegen den ERC Ingolstadt (19.05 Uhr, O2 World, Sky live).

Tore: 0:1 (4:26) Ouellet (Polaczek, Cohen), 1:1 (21:36) Klinge (Scalzo, Methot) 5-4, 1:2 (23:19) Polaczek (Ouellet, Bassen), 1:3 (59:40) Schubert (Polaczek, Ouellet) empty-net. Strafminuten: 4/10. Schiedsrichter: Jablukov (Berlin). Zuschauer: 8271.