Freezers-Profi Patrick Köppchen vor dem Play-off-Start über den Unsinn von Checks und Schmerzmittel als Dauerhilfe

Hamburg. Er spielt seine zwölfte Saison in der Deutschen Eishockey-Liga. Trotzdem ist die Aufregung, die Patrick Köppchen, 31, verspürt, wenn die Play-offs beginnen, dieselbe wie zu Beginn seiner Karriere. "Dieses Kribbeln, wenn die Saison in die entscheidende Phase geht, ändert sich auch mit zunehmender Erfahrung nicht", sagt der Verteidiger, der mit den Hamburg Freezers heute (19.35 Uhr/Sky) auswärts in die Best-of-seven-Viertelfinalserie gegen Adler Mannheim startet.

Hamburger Abendblatt:

Herr Köppchen, als die Freezers 2004 mit dem Halbfinaleinzug ihren größten Erfolg der Vereinsgeschichte feierten, waren Sie dabei. Gibt es Parallelen, die Sie von der damaligen zur heutigen Situation ziehen können?

Patrick Köppchen:

Kaum, denn bis auf die Betreuer sind alle handelnden Personen ausgetauscht worden. Die Fans spielen wieder eine wichtige Rolle. 2004 war die Stimmung sensationell, da haben sie uns getragen. In diesem Jahr haben wir den Schnitt um 2000 Zuschauer gesteigert und den besten Besuch seit der Saison 2006/07 verzeichnet. Das zeigt, dass die Menschen wieder hinter den Freezers stehen. Ich spüre, dass alle Hunger auf Erfolg haben.

Sie kamen vor dieser Saison nach sieben Jahren in Hannover zurück nach Hamburg. War es für Sie auch ein Ansporn, an die erfolgreiche Zeit anzuknüpfen?

Köppchen:

Auf jeden Fall. Ich habe immer verfolgt, was in Hamburg passierte. Es war schon verrückt zu sehen, dass die Freezers Jahr für Jahr mehr abgebaut haben. Für eine so tolle Stadt mit so begeisterungsfähigen Fans ist das traurig. Deshalb bin ich zurückgekommen, um mitzuhelfen, den Klub dahin zu bringen, wo er hingehört.

In dieser Saison konnten die Freezers erstmals seit 2006 wieder direkt das Viertelfinale erreichen. Warum?

Köppchen:

Der wichtigste Faktor ist, dass alle an einem Strang ziehen. Das fängt auf der Geschäftsstelle an, wo alle einen tollen Job machen. Erfolg ist nur möglich, wenn die Harmonie stimmt. Die Meistermannschaft von 2010 in Hannover war eine verschworene Gemeinschaft, wie ich sie zuvor nie erlebt hatte. Aber die Gruppe, die wir hier haben, ist nicht weit davon entfernt.

Wie hat sich Ihre Rolle im Vergleich zu 2004 verändert?

Köppchen:

2004 war ich der Junge, der sich über jede Minute Eiszeit als sechster Verteidiger gefreut hat. Heute bin ich der Spieler, der die meiste Eiszeit bekommt, ich bin eine Führungsperson, versuche mit Leistung voranzugehen und habe ein offenes Ohr für die jungen Spieler.

Sie galten früher als Lebemann, der gern um die Häuser gezogen ist. Was sagen Sie beispielsweise einem David Wolf, der dieses Image heute auch hat?

Köppchen:

David erinnert mich tatsächlich an den Spieler, der ich vor zehn Jahren war, auch wenn er vor Spielen sehr diszipliniert ist. Er nimmt Ratschläge an. Ich weiß heute, wann ich es mir leisten kann, mal auszugehen. Aber ich weiß auch, dass ich härter arbeiten muss, um mit den Jungen mitzuhalten. Deshalb sitze ich täglich eine Stunde extra auf dem Fahrrad. Ich habe im Vergleich zu 2004 auch rund acht Kilogramm abgenommen, bin jetzt viel besser proportioniert als damals. Ich bin viel disziplinierter geworden.

Sie sind vor allem wichtig, weil Sie so viele Schüsse blocken wie kein anderer, bis zu 18 in guten Spielen. Denken Sie manchmal, wie verrückt es ist, eine mit 130 km/h heranrauschende Hartgummischeibe mit dem Körper zu stoppen?

Köppchen:

Überhaupt nicht, denn wenn ich das täte, würde ich mich meiner Stärke berauben. Es gehört zu meinem Spiel, mich in Schüsse zu werfen. Da geht es darum, sich für das Team aufzuopfern, auch ohne Sinn und Verstand.

Stefan Ustorf von den Eisbären Berlin droht wegen schwerer Gehirnerschütterungen das Karriereende, überhaupt hat die Zahl der Kopfverletzungen im Eishockey stark zugenommen. Ist das ein Thema, über das geredet wird?

Köppchen:

Natürlich ist das ein Thema, das viele von uns nachdenklich macht.

Ustorf hat gesagt, er sei nicht sicher, ob es sinnvoll ist, Checks zu Ende zu fahren und damit Verletzungen des Gegners zu riskieren, nur um nicht als Weichei zu gelten. Wie ist Ihre Meinung dazu?

Köppchen:

Ich sehe das genauso. Ich bin sowieso nicht der große Checker, und ich denke, dass man viele Situationen anders lösen kann als mit Checks, die den Gegner gefährden. Das hat auch mit Respekt vor dem Gegner zu tun.

Gilt man als Weichei, wenn man wegen Kopfschmerzen nicht spielen will?

Köppchen:

Das ist tatsächlich ein Problem. Ich würde mir wünschen, dass es grundsätzlich mehr respektiert würde, wenn Spieler sagen, dass sie sich nicht gut genug fühlen, um zu spielen.

Sind Sie selbst ein Vorbild? Wie oft sind Sie schon in Spiele gegangen, die Sie lieber nicht hätten bestreiten sollen?

Köppchen:

Grundsätzlich spiele ich mit allem, nur nicht mit Fieber. Da habe ich Respekt, dass das Herz Schaden nimmt. Wir machen jährlich unseren Medizincheck, und solange da alles in Ordnung ist, beiße ich mich durch. Wenn etwas Ernstes wäre, würde ich aber auf die Ärzte hören und Konsequenzen ziehen.

Sind Schmerzmittel ständiger Begleiter?

Köppchen:

Natürlich, ich nehme vor jedem Spiel Tabletten. Bei meiner Spielweise ist es normal, dass ich Schmerzen habe. Ich habe zuletzt mit gebrochenem Finger gespielt, oder mit einer starken Schienbeinprellung. Das würde ohne Schmerzmittel nicht gehen.

Gerade in den Play-offs wird erwartet, dass Eishockeyspieler über ihre Grenzen gehen. Wie gefährlich ist das?

Köppchen:

Jetzt ist die Zeit der Saison, in der Höchstleistung gefragt ist. Bei mir zwickt es überall, aber ich fühle mich trotzdem topfit. Wer jetzt nicht heiß ist, dem ist nicht zu helfen.