Der Trainer spricht vor dem Saisonstart über Ziele, seine Doppelfunktion, die Stimmung im Team und hofft auf eine neue Chance bei den Fans.

Abendblatt : Herr Gardner, bitte schlüpfen Sie kurz in die Rolle des Marketingchefs: Warum sollte sich ein Sportfan ein Ticket für ein Freezers-Heimspiel kaufen?

Paul Gardner : Weil wir ein besseres Team haben als in der vergangenen Saison, mit dem wir attraktives, offensives Eishockey bieten, um unsere Fans bestens zu unterhalten. Wir wollen zu den Topteams der Liga gehören.

Abendblatt : Mit Verlaub, aber das haben wir in den Vorjahren auch immer gehört, und am Ende waren es oft leere Worte.

Gardner : Ich weiß, jeder Trainer sagt vor einer Saison, dass er ein starkes Team hat. Aber es gibt tatsächlich eine Grundlage für meine Überzeugung.

Abendblatt : Und die wäre? Vom Papier her haben die Freezers die Abgänge lediglich ersetzt, sich aber nicht verstärkt.

Gardner: Ja, auf dem Papier hatten die Freezers in den vergangenen Jahren auch starke Mannschaften, aber darauf kommt es nicht an. Ich glaube fest daran, dass wir in der Defensive stärker geworden sind, mehr Torgefahr entwickeln werden. Und in der Offensive haben wir auch mehr Balance. Entscheidend ist aber, dass mehr Teamgeist in der Mannschaft herrscht. Es gibt niemanden mehr, der mit einem anderen nicht in einem Zimmer wohnen will. Und es ist auch allen egal, wer die Tore macht oder die Vorlagen gibt.

Abendblatt : Daraus schließen wird, dass das in der vergangenen Saison nicht so war.

Gardner : Ich werde das nicht vertiefen. Nur so viel: Jetzt gibt es diese Eitelkeiten nicht mehr.

Abendblatt : Wie haben Sie es geschafft, den Charakter der Neuen auf Eitelkeiten zu testen?

Gardner : Indem ich mich bei allen informiert habe, die mit den Jungs gearbeitet haben. Ich bin einer Menge Menschen auf die Nerven gegangen, aber das musste sein. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass alle Neuen Europa-Erfahrung haben und nicht Monate brauchen, um sich an die DEL zu gewöhnen.

Abendblatt : Ist das auch eine Reaktion auf die Tatsache, dass die Freezers der vergangenen Jahre meist erst kurz vor den Play-offs angefangen haben, Leistung zu bringen?

Gardner : Selbstverständlich. Wir haben allen unseren Spielern im Sommer klar gemacht, dass wir Leistung vom ersten Tag der Vorbereitung an erwarten. Auch wenn die Hauptrunde sehr lang ist, ist jedes Spiel wichtig. Wir wollen die Play-offs auf direktem Weg erreichen, denn der Weg über die Pre-Play-offs hat in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass das Team schon müde war, ehe die „richtigen“ Play-offs begannen. Das wollen wir unbedingt vermeiden, und das Potenzial dazu haben wir.

Abendblatt : Sie stellen sich immer vor Ihr Team, wirken stets gut gelaunt. Gibt es etwas, das Sie auf die Palme bringen kann?

Gardner : Ja, Blender! Wenn ein Spieler sagt, er sei ein harter Kämpfer, es auf dem Eis aber nicht zeigt, so etwas macht mich sauer. Ich verzeihe Fehler und Schwächen, aber Unehrlichkeit nicht.

Abendblatt : Man kann sich trotz dem nicht vorstellen, dass Sie jemanden anschreien.

Gardner : Tue ich auch nicht. Ich behandle alle so, wie ich selbst behandelt werden möchte, und ich schätze es nicht, angebrüllt zu werden. Aber ich kann durchaus bestimmt auftreten.

Abendblatt : Sie haben bestimmt, dass Alex Barta und Clarke Wilm in dieser Saison als gleichberechtigte Kapitäne fungieren. Konnten Sie sich nicht entscheiden?

Gardner : Ich habe das zum ersten Mal in meiner Karriere getan. Ein Kapitän sollte möglichst viele Merkmale eines Teams in sich vereinen. Alex steht für die deutsche Fraktion, Clarke für die Ausländer. Was beide eint, ist ihre großartige Arbeitsmoral. Zusammen werden sie das Team perfekt führen.

Abendblatt : Barta fehlte fast die komplette letzte Saison verletzt, in diesem Jahr ist er fit. Könnte das der entscheidene Faktor sein, der Ihr Team besser macht?

Gardner : Ich weiß, dass es in der DEL oft heißt, dass die Deutschen den Unterschied machen. Ich sehe das nicht so, weil das Teamwork entscheidend ist. Die besten Deutschen helfen nichts, wenn sie mit den ausländischen Kollegen nicht harmonieren. Richtig ist, dass Alex ein sehr wichtiger Spieler für uns ist. Dass er seinen zum Saisonende auslaufenden Vertrag verlängert, ist ein wichtiges Projekt für diese Saison.

Abendblatt : Sie sind nicht nur Trainer, sondern nach dem Abgang von Bob Leslie auch eine Art Sportchef. Ist das eine Doppelfunktion, die Sie auf Dauer ausführen wollen?

Gardner : Mir macht dieser Doppeljob sehr viel Spaß. Mein Wunsch ist es, noch lange in dieser Stadt zu arbeiten, denn meine Familie und ich, wir sind in Hamburg verliebt.

Abendblatt : Und das, obwohl die Euphorie der Startjahre einer Negativstimmung gewichen ist. Stört es Sie nicht, dass Sie die Scherben der vergangenen Jahre auffegen müssen?

Gardner : Ich bin ein positiv denkender Mensch und schaue nach vorn. Ich verstehe die hohen Ansprüche der Fans. Alles, was ich mir wünsche, ist, dass man mich und meine Arbeit nach dem beurteilt, für das ich verantwortlich bin. Wer den Freezers eine neue Chance gibt, den werden wir nicht enttäuschen.

Interview: Alexander Berthold, Björn Jensen

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