Sotschi. Mercedes-Pilot ist WM-Titel kaum mehr zu nehmen. Teamkollege Rosberg schimpft über noch nie dagewesene Panne. Vettel desillusioniert.

Ein defektes Gaspedal hat im Rennen um die Formel-1-WM Schicksal gespielt und Lewis Hamilton den Weg zum dritten Triumph geebnet - dem beherzt kämpfenden Nico Rosberg raubte der Technikteufel in Sotschi dagegen auch die letzte echte Chance auf den Titel. Hamilton gewann den Großen Preis von Russland nach Rosbergs Ausfall souverän und ist mit einem Sieg in zwei Wochen in Austin erneut Weltmeister - wenn Sebastian Vettel nicht über Rang drei hinauskommt.

Der Ferrari-Pilot wurde am Sonntag in der Olympiastadt von 2014 Zweiter und ist nun mit 66 Punkten Rückstand erster Verfolger Hamiltons. "Ich habe gehofft, dass ich Lewis noch kriegen könnte, aber er war zu schnell", sagte Vettel bei der Siegerehrung: "Ich bin glücklich, wie das Rennen gelaufen ist. Wir wollen Mercedes noch einen guten Kampf liefern, aber im Moment sind sie noch etwas davor. Wir sind aber auf einem guten Weg."

Hamilton trauert Duell mit Rosberg nach

Hamilton trauerte ein wenig dem entgangenen Zweikampf mit Nico Rosberg nach. "Ich hatte mich auf einen Fight gefreut", sagte der Brite: "Es ist schade, dass wir kein Rennen haben konnten - auch für das Team."

Dritter in Sotschi wurde Force-India-Pilot Sergio Perez (Mexiko), der in der letzten Runde von einer Kollision zwischen den beiden Finnen Kimi Räikkönen und Valtteri Bottas profitierte.

Beim umjubelten Zieleinlauf der Konkurrenten war Rosberg längst desillusioniert aus seinem Mercedes gestiegen. "Unglaublich, dass so etwas in dem Moment passieren muss", sagte der Vize-Champion bei RTL: "In meiner ganzen Formel-1-Karriere ist es noch nie passiert, dass das Gaspedal in meine Richtung kommt."

Rosbergs Pech in der siebten Runde

Dennoch hat Mercedes zum zweiten Mal in Folge die Konstrukteurs-WM gewonnen. Das Werksteam profitierte dabei allerdings fast zwei Stunden nach dem Rennende von einer 30-Sekunden-Strafe gegen Räikkönen im Ferrari. Vier Rennen vor Schluss sind die Silberpfeile nicht mehr abzufangen. Schon im Vorjahr hatte Mercedes diesen Triumph in Sotschi perfekt gemacht und damit als erster deutscher Rennstall die Team-WM geholt.

Für Polesetter Rosberg bedeutete die streikende Technik indes schier unfassbares Pech, nach einem hervorragenden Auftakt war das Rennen für ihn schon nach sieben Runden beendet. "Das Pedal war kaputt, es wurde echt gefährlich", sagte der 30-Jährige: "Ich musste das Bein komplett anziehen, um überhaupt vom Gas zu kommen." In Nico Hülkenberg fiel ein weiterer deutscher Pilot aus, der Emmericher im Force India musste nach einem frühen Fahrfehler aufgeben.

Auf und Ab für Unglücksrabe Sainz

Ein weiterer tragischer Held des Wochenendes war der spanische Rookie Carlos Sainz jr. im Toro Rosso. Der 21-Jährige hatte mit einem heftigen Unfall im freien Training am Sonnabend für einen Schockmoment gesorgt. Sein Bolide bohrte sich nach einem Abflug bei Tempo 300 derart tief unter die speziellen TecPro-Banden, dass für 20 Minuten jeglicher Kontakt zum Spanier abriss.

Anschließend flog der Helikopter den Sohn von Rallye-Legende Carlos Sainz ins Krankenhaus. Dort verlangte dieser gleich nach einem Fernseher, um das Qualifying nicht zu verpassen. Nach einem eingehenden Medizin-Check gaben die Ärzte am Sonntagmorgen Grünes Licht für einen Start vom Ende des Feldes, der Neuling kämpfte sich bis in die Punkteränge - nur um kurz vor Schluss doch auszuscheiden.

Enorme Spannung an der Spitze

Ganz vorne im Feld hatte sich die Spannung zum Start immer mehr gesteigert, Rosberg musste seine Führung verteidigen und brauchte gegen Hamilton zudem Unterstützung von der Konkurrenz. "Ich könnte ein bisschen Hilfe von Williams oder einem roten Auto gebrauchen", sagte er.

Und als die Ampeln ausgingen, sah es zunächst sehr gut aus. Rosberg legte einen hochkonzentrierten Auftakt hin und verteidigte seine Führung bissig, bevor Hülkenbergs Dreher für eine frühe Safety-Car-Phase sorgte. Auch danach machte der Deutsche alles richtig, doch wenig später sendete er die Hiobsbotschaft in die Box. Das Pedal blockierte. "Der Start ist perfekt gelungen, aber es lief eben nur drei Kurven lang, danach lief nix mehr", sagte Rosberg wenig später.

Hamilton lästert über Safety Car

Auf der Strecke hatte Hamilton nun alle Trümpfe in der Hand, zunächst bereitete ihm nur eine weitere Safety-Car-Phase sorgen. "Das langsamste Safety Car aller Zeiten" sah er da vor sich, der Engländer bekam dadurch Probleme mit seiner Reifentemperatur. Nach der erneuten Freigabe zog er jedoch problemlos davon.

Ein echtes Rennen spielte sich nur noch dahinter ab, wo Vettel seinen Teamkollegen Kimi Räikkönen (Finnland) bearbeitete und schließlich mit einem harten Manöver vorbeiging. Dessen Landsmann Valtteri Bottas schnappte er sich wenig später während der Boxenstopps.