Hamburg . Der Bruder von Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton startet als erster gehandicapter Fahrer in der britischen Tourenwagen-Meisterschaft.

Wenn Lewis Hamilton über seinen kleinen Bruder Nicolas spricht, wird aus dem Superstar der Formel 1 plötzlich ein leidenschaftlicher Fan. „Ich bin unglaublich stolz auf Nicolas“, sagt Lewis Hamilton dann, und seine Augen scheinen wirklich zu leuchten.

Denn: Nicolas Hamilton leidet unter den Folgen der Kinderlähmung. Als erster gehandicapter Fahrer gibt der 23-Jährige in diesem Jahr trotzdem sein Debüt in der britischen Tourenwagen-Meisterschaft.

„Es gab eine Zeit, da bestand wenig Hoffnung, dass er aus dem Rollstuhl aufsteht und ein paar Schritte geht“, sagt Lewis Hamilton. Und jetzt setzt sich Nicolas in einen Audi S3 und wird nach seiner Premiere am 28. Juni in Croft noch vier weitere Rennen als Gastfahrer bestreiten. „Nicolas hat mich immer inspiriert, was ungewöhnlich ist, weil ja eigentlich der ältere Bruder den jüngeren inspirieren sollte“, sagt Lewis Hamilton, der zweifache Formel-1-Weltmeister.

„Mit Willen kann man fast alles erreichen“

Nicolas Hamilton ist den meisten Motorsport-Fans bisher nur als enthusiastischer Anhänger in der Box seines großen Bruders bekannt. Doch seit einigen Jahren arbeitet er verbissen an seiner eigenen Karriere. „Ich glaube fest daran, dass man mit harter Arbeit und dem entsprechenden Willen fast alles erreichen kann“, sagt er: „Rennen fahren bedeutet für mich Unabhängigkeit.“

Dabei schien seine Karriere als Rennfahrer schon nach dem ersten Versuch beendet zu sein. Sieben Jahre alt war Nicolas, als er erstmals in ein Kart stieg. Doch die Lähmung der Beine war ein größeres Problem, als er sich eingestehen wollte. Der erste Ausflug endete mit einem schmerzhaften Unfall. Und Nicolas, vom Motorsport ähnlich begeistert wie Lewis und regelmäßiger Gast bei Formel-1-Rennen, brauchte acht weitere Jahre, um sich zu einem erneuten Versuch durchzuringen.

Inspiration für andere Menschen

Jetzt hat es Nicolas Hamilton bis in einen Tourenwagen geschafft. Zwar gehen seine Ergebnisse nicht in die reguläre Meisterschaftswertung ein, aber darüber macht er sich im Moment keine Gedanken. Für ihn ist schon die Teilnahme, der Kampf Mann gegen Mann, der größte Sieg.

„Ich bin unglaublich aufgeregt. Auf diesem Niveau zu fahren, ist die größte Herausforderung meiner bisherigen Karriere“, sagt Nicolas Hamilton und schuftet dafür täglich im Kraftraum, um den körperlichen Belastungen standhalten zu können: „Ich hoffe, auch andere Menschen zu inspirieren, nach ihren persönlichen Zielen zu streben - unabhängig von ihrer Situation im Leben. Jeder kann Erwartungen übertreffen.“

Unterstützung oder Tipps vom großen Bruder nimmt Nicolas Hamilton auf seinem Weg gar nicht erst an. „Er wollte die Dinge schon immer alleine regeln. Da zeigt sich der Hamilton-Sturkopf - und er ist noch viel dickköpfiger als ich“, sagt Lewis Hamilton, der größte Fan seines Bruders: „Was er macht, ist eine große Sache.“ (sid/HA)