Mercedes trennt sich vom Rekordweltmeister und verpflichtet Lewis Hamilton bis 2015. Damit ist die zweite Karriere nach drei Jahren beendet.

Hamburg. 970 Tage, nachdem sich Michael Schumacher in Valencia zum ersten Mal in das Cockpit eines Silberpfeils gezwängt hatte, sah der 43-jährige Formel-1-Methusalem wirklich alt aus. Mercedes verkündete am Freitag exakt um 11 Uhr, dass der deutsche Grand-Prix-Rennstall den siebenmaligen Champion gegen den 16 Jahre jüngeren Briten Lewis Hamilton austauscht. Damit ist die zweite Karriere des erfolgreichsten Rennfahrers aller Zeiten nach drei Jahren beendet. Die letzten sechs Saisonrennen, beginnend am 7. Oktober in Japan, sind nur noch so etwas wie eine Abschiedstournee.

"Ich hatte drei schöne Jahre, die leider sportlich nicht so gelaufen sind, wie wir uns das gewünscht hatten", hieß es in einer von Schumacher und Mercedes gemeinsam veröffentlichten Erklärung. "Ich wünsche Lewis alles Gute und der Mannschaft den Erfolg, für dessen Aufbau wir so hart gearbeitet haben."

Sollte Schumacher wirklich Lust gehabt haben, bei Mercedes weiterzufahren, hätte er einen schweren Fehler gemacht. Denn im Sommer hätte er noch alles klarmachen können. Ross Brawn und Norbert Haug, die Team-Prinzipalen des Mercedes-Formel-1-Rennstalles, warteten auf ein deutliches Signal des siebenmaligen Weltmeisters. Doch das kam nicht. Schumacher murmelte etwas von einer "Entscheidung im Oktober", obwohl er mit zwei Jahrzehnten Erfahrung im schnellsten Geschäft der Welt hätte wissen müssen, dass Mercedes nicht so lange warten konnte. Als schließlich Lewis Hamilton sein Interesse bekundete, war der Silberpfeil für Schumacher abgefahren.

Fast drei Jahre lang hatten Mercedes und Schumacher die Misserfolge der vollmundig als "Nationalteam" vorgestellten Silberpfeile gemeinsam schöngeredet. Nun, nachdem die Trennung perfekt war, ließ Daimler-Vorstandschef Dieter Zetsche alle vornehme Zurückhaltung fahren. Mercedes habe seine Ziele mit Schumacher nicht erreicht, sagte der Manager der "Welt", "damit war eine Voraussetzung für eine Vertragsverlängerung nicht mehr gegeben". Sportlich, das musste Teamchef Brawn am Freitag einräumen, ist Schumachers Comeback gescheitert. "Unsere Erwartungen entsprachen nicht den Erfahrungen", sagte der Brite, dessen Karriere über viele Jahre eng mit Schumacher verbunden war, der sich nun aber offenbar schnell von seinem einstigen Lieblingsfahrer trennen konnte. Der Unfall vor Wochenfrist im Nachtrennen von Singapur könnte den entscheidenden Impuls gegeben haben.

Ob Schumacher seine Karriere jenseits von Mercedes noch einmal verlängert, ist noch unklar. "Das ist heute einfach kein Thema", sagte seine Managerin Sabine Kehm. Schumacher ließ nur verlauten, er wolle sich jetzt "auf die letzten Rennen konzentrieren". Sabine Kehm war am vergangenen Wochenende allerdings bei Gesprächen mit dem Schweizer Sauber-Team gesehen worden. Und Peter Sauber, bei dem Michael Schumacher vor 23 Jahren seine internationale Karriere begonnen hatte, sagte schon vor Wochen: "Michael könnte gern bei mir aufhören." Hindernis wäre Schumachers 20-Millionen-Dollar-Salär. Sein langjähriger Manager Willi Weber favorisiert eine "Berater- oder Botschafterfunktion" bei Mercedes. Allerdings: "Wäre ich noch Manager, würde ich noch heute nach Italien fahren und mich mit Ferrari-Chef Luca di Montezemolo unterhalten."

Mercedes hat sich mit dem Dreijahresvertrag für Lewis Hamilton zur Formel 1 bekannt. Die Dienste des Briten, der neben Talent auch eine Menge Glamour ins bislang eher biedere Team bringt, lassen sich die Schwaben einiges kosten. Der Weltmeister von 2008 soll innerhalb von drei Jahren mindestens 57 Millionen Euro, im günstigsten Fall sogar 75 Millionen kassieren. "Es ist für mich die Zeit gekommen, eine neue Herausforderung anzunehmen", sagte Hamilton. Rosberg bewertete die neue Situation via Twitter als "cool". Zuvor hatten die Stuttgarter als letztes großes Team den Grundlagenvertrag mit Bernie Ecclestone unterzeichnet und lassen damit bis 2020 die Silberpfeile auf den Rennstrecken der Welt kreisen.

Allerdings steigen nun die Erwartungen. Mit Lewis Hamilton/Nico Rosberg, die schon im Jahr 2000 zusammen in einem Kart-Team fuhren, hat Mercedes laut Ross Brawn "die aufregendste Fahrerpaarung in der Startaufstellung". Vorstand Zetsche sagt dann auch: "Über die Erwartungen gibt es im Daimler-Konzern nur ein Wort: gewinnen!" Damit das auch funktioniert, hat Mercedes in einem weiteren Schachzug Niki Lauda als "Aufsichtsratsvorsitzenden" gewonnen. "Jetzt", sagt der Österreicher, "brauchen wir nur noch ein besseres Auto."

Nachdem die Königsfigur Schumacher vom Feld ist und Hamilton die Seite wechselt, kommt Bewegung ins Fahrerschach. McLaren verpflichtete prompt den Mexikaner Sergio Perez (Sauber) als Hamilton-Ersatz.

Was aber bleibt von Michael Schumachers Comeback? Erfolge sind es nicht. Nach 91 Siegen in der ersten Karriere fuhr der Altmeister in 52 Rennen seit 2010 nur einmal aufs Podium. Ohne es den Jungen wenigstens einmal noch gezeigt zu haben, wollte er eigentlich nicht gehen: "Das wäre schon schade."