Aachen. Nach dem 3:1-Sieg der DFB-Frauen gegen Island kündigt Horst Hrubesch schwierige Personalentscheidungen für die Olympischen Spiele an.

Am Ende tönten sogar die gängigen „Oh-wie-ist-das-schön“-Gesänge durch den Aachener Tivoli. Kurz darauf sollten deutsche Fußballerinnen in der Kaiserstadt fröhlich ins Publikum winken: Die DFB-Frauen hatten beim 3:1 (3:1) gegen Island im zweiten EM-Qualifikationsspiel an einem kühlen Abend nicht nur die 16.503 Augenzeugen gut unterhalten, sondern auch Horst Hrubesch hatte diesmal wenig zu mäkeln. „Wir haben es geschafft, die Zuschauer mitzunehmen. Entscheidend war, dass wir dieses Spiel von Anfang an genommen haben – auch wenn wir ein Loch drin und hier und da Schwierigkeiten hatten“, sagte der Bundestrainer.

Zwei Kopfballtore von Lea Schüller (4. und 34.) sowie ein Abstauber von Lena Oberdorf (45.+3) stießen mit diesem Pflichtsieg die Tür zur EM 2025 in der Schweiz bereits weit auf. Der Gruppenerste und –zweite lösen direkt das Ticket. Hrubesch hatte die zweite Halbzeit fast noch besser gefallen, „auch wenn wir da kein Tor gemacht habe.“ Vor allem die „fußballerischen Lösungen“ erfreuten ihn. „Es macht so einfach Spaß.“ Seine Mädels würden wissen, merkte der bald 73-Jährige am ZDF-Mikrofon mit einem verschmitzten Grinsen an, „dass der alte Mann nur schwer verlieren kann“.

DFB-Frauen steht Doppelpack gegen Polen bevor

Gegen den nächsten Gegner Polen (31. Mai und 4. Juni), der nach einer weiteren Niederlage gegen Österreich (1:3) Letzter der Vierer-Gruppe ist, will der Lehrmeister beispielsweise die dritte Torhüterin Stina Johannes oder die diesmal kurz vor Schluss eingewechselte Pia Sophie Wolter testen. Die zweite Reihe müsste sich „auch noch mal präsentieren.“ Als Experimente würde er das aber nicht bezeichnen.

Island schwächte die Auswechslung ihrer Leistungsträgerin Sveindis Jonsdottir vom VfL Wolfsburg merklich, die unter Tränen mit einer Schulterverletzung nach einer halben Stunde runter musste. Bestnoten verdiente sich beim Sieger neben Schüller und Oberdorf die erst von Hrubesch entdeckte Elisa Senß, die mit einer tadellosen Leistung als Mittelfeldorganisatorin bestach. Vor den Augen des designierten Bundestrainers Christian Wück und seiner Co-Trainer Maren Meinert erlaubte sich der achtfache Europameister indes auch wieder die obligatorische Schwächephase, in der Hlín Eiríksdóttir das zwischenzeitliche 1:1 besorgte (23.). Ein Gegentreffer, bei dem weder die ansonsten selbstbewusst auftrumpfende Newcomerin Bibiane Schule Solano noch die überraschend aufgestellte Ersatztorhüterin Ann Katrin Berger richtig gut aussahen.

Lea Schüller freut sich mit Lena Oberdorf über den Sieg der DFB-Frauen.
Lea Schüller freut sich mit Lena Oberdorf über den Sieg der DFB-Frauen. © AFP | Ina Fassbender

Kapitänin Giulia Gwinn, die diesmal bewusst zur Regenbogenbinde gegriffen hatte, freute sich hinterher über die aus ihrer Sicht „couragierte“ Vorstellung: „Im Großen und Ganzen können wir zufrieden. Wir haben es über weite Strecken gut gemacht.“ Den Lohn holte sich vorne vor allem Schüller mit ihren Länderspieltoren 37 und 38 ab. Ihr Timing bei Kopfbällen ist bemerkenswert: Diesmal nickte die 26-Jährige in Abwesenheit der Kopfballspezialistin Alexandra Popp nach feinen Flanken von Sarai Linder und Klara Bühl zweimal ein. Das einstige „Kopfball-Ungeheuer“ Hrubesch hat das in aktiven Zeiten nicht viel besser hinbekommen. Zwischendurch hatte sein Team die Isländerinnen zwar zurück ins Spiel geholt, aber dann ständig auf weitere Treffer gedrängt, die trotz bester Chancen in Halbzeit zwei jedoch nicht fielen. Die gegenüber der WM in Australien deutlich verbesserte Jule Brand scheiterte erst am Pfosten (62.) und zielte dann gleich zweimal zu hoch (68.).

DFB-Frauen: Hrubesch muss vor den Olympischen Spielen aussortieren

Hrubesch muss nun für die Olympischen Spielen (24. Juli bis 11. August) einen knallharten Ausleseprozess anstoßen. Deshalb habe er sich im Vorfeld dieser Begegnung auch mit Vertretern fast aller Bundesligisten getroffen, um das Feintuning bis Sommer abzusprechen. „Es werden nur 18 Spielerinnen mitfahren können – das wird weh tun.“ In einer kurzen Sommerpause wird er viel Eigenverantwortung seiner Akteure einfordern, um sich den Traum von einer Medaille zu erfüllen. „Olympia fängt nicht erst an, wenn wir das erste Spiel machen. Es geht jetzt hauptsächlich um die Zeitpläne und wer wie lange Urlaub macht.“ Wenn für den Olympiasieger von 2016 die Gruppenphase in Marseille gegen Australien und die USA bei wahrscheinlich hochsommerlichen Temperaturen startet, „müssen wir körperlich fit, vom Kopf klar sein“.