Hagenberg. Bibiane Schulze Solano ist der Überraschungsgast im Kader der DFB-Fußballerinnen. Deutsch-Spanierin begeistert Trainer Horst Hrubesch.

Hagenberg. Bibiane Schulze Solano schien einigermaßen schwer zu schleppen, als die Newcomerin der deutschen Fußballerinnen ihren Koffer über die Treppe des Parkhotels Hagenberg im Mühlkreis wuchtete. Es folgten erste Umarmungen mit ihren neuen Mitspielerinnen: Dass sie am Ostermontag in die Marktgemeinde in Oberösterreich reisen würde, um sich mit den DFB-Frauen auf die ersten EM-Qualifikationsspiele gegen Österreich in Linz (Freitag, 20.30 Uhr/ARD) und gegen Island in Aachen (Dienstag, 18.10 Uhr/ ZDF) vorzubereiten, empfindet sie nach eigenem Bekunden als eine Ehre.

DFB ließ Bibiane Schulze Solano lange in Spanien beobachten

„Für mich geht ein Traum in Erfüllung. Wenn man mich vor zehn Jahren gefragt hätte, dass ich für die deutsche Nationalmannschaft nominiert werde, hätte ich das nicht geglaubt“, sagt die 25-Jährige. Für Horst Hrubesch ist die Nominierung der Verteidigerin von Athletic Bilbao der Beweis, „dass wir über den Tellerrand gucken“. Man halte auch im Ausland stets die Augen offen, versichert der Bundestrainer, Biniane Schulze Solano sei länger beobachtet worden. Die Erkenntnis der Talentspäher: Die Deutsch-Spanierin sei eine „interessante Abwehrspielerin, die schon länger auf unserem Zettel stand“.

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Aufgewachsen im hessischen Bad Soden, ausgebildet beim 1. FFC Frankfurt, aber dann vor fast fünf Jahren aus dem Blickfeld verschwunden. „Ich habe ja alle Kategorien beim FFC durchgespielt, aber für mich war der Schritt nach Bilbao wichtig, weil er mir geholfen hat, mich weiterzuentwickeln“, erzählt sie. Zunächst erwuchs sich ihr Wechsel 2019 ins Baskenland – der Heimat ihrer Mutter – fast zum Politikum. Denn sie galt anfangs als nicht baskisch genug. Die Familie um die baskische Mutter musste 2019 viel Überzeugungsarbeit leisten, damit das junge Talent für den Herzensverein spielen durfte. Der Taufschein und der Stammbaum wurden bemüht, Fotos aus Kindertagen mit dem Athletic-Trikot vorgezeigt, um für Bibi in der autonomen Region die Spielerlaubnis zu erlangen. Das größte Faustpfand aber waren wohl die eng mit dem Klub verbandelten Vorfahren: Ihr Urgroßvater war der Bruder von Vereinslegende Jose Mari Belauste.

Bei Athletic Bilbao ist Bibiane Schulze Solano Stammspielerin

Mittlerweile sind die anfänglichen Störgeräusche verstummt, Bibi Schulze Solano hat sich zur Stammkraft in der Athletic-Abwehr gemausert. Rückblickend war Bilbao daher für sie der beste Bildungsort, erklärt sie heute: „Was ich am meisten gelernt in Spanien gelernt habe, waren die Details in der Technik. Und natürlich die Erfahrung im Ausland zu sein. Da wächst man persönlich dran.“ Hrubesch überschüttete sie noch vor dem ersten Training auf der Sportanlage des ASV Hagenberg mit Lob: „Sie bringt alles mit, was wir brauchen: Sie hat eine gute Körpergröße, ein gutes Zweikampfverhalten, sie spielt körperbetont und hat ein gutes Passspiel - was jetzt nicht verwundert in Spanien.“

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Zweimal ist die 1,74 Meter große Defensivallrounderin unter dem nach dem WM-Titel abgelösten Nationaltrainer Jorge Vilda zu Lehrgängen des spanischen Nationalteams eingeladen worden, kam aber aufgrund von Verletzungen nicht zum Einsatz. Bei einem Mitwirken in der EM-Qualifikation für Deutschland wäre sie für den DFB festgespielt. Hrubesch lässt noch offen, wie er damit verfährt. Seine Entdeckung könne „auch vor der Abwehr spielen kann und links oder rechts, aber vor allen Dingen zentral – dazu kommt, dass sie ein Linksfuß ist“. Für den Spielaufbau sind das gute Voraussetzungen. Schulze Solano hat ist in ihrer Frankfurter Zeit nur auf sieben Bundesligaeinsätze gekommen. Ihr inzwischen an der University of Vermont in den USA kickender Bruder Adrian Schulze Solano stand übrigens bis 2021 beim Regionalligisten FSV Frankfurt unter Vertrag.

Künftiger Bundestrainer Wück kann Alternativen für Ü30-Abwehr gebrauchen

Eine perspektivisch starke Alternative für die Ü30-Abwehrzentrale käme nicht zuletzt auch Neu-Bundestrainer Christian Wück gelegen, der nach Olympia übernimmt. Bibiane Schulze Solanos Berufung ist auch dem verletzungsbedingten Ausfall von Marina Hegering (VfL Wolfsburg) geschuldet. Die Abwehrchefin gilt zudem als Kandidatin, die nach den Sommerspielen (26. Juli bis 11. August) ihren Rücktritt erklären könnte, da die 33-Jährige immer wieder mit körperlichen Problemen zu kämpfen hat. Auch ihre Vertreterin Sara Doorsoun (Eintracht Frankfurt) ist mit 32 Jahren nicht mehr die Jüngste. Und in ihre Klubkollegin Sophia Kleinherne hat Hrubesch seit Amtsantritt so wenig Vertrauen, dass die 23-Jährige erneut nur auf Abruf nominiert ist, obwohl sie bei der Eintracht als Leistungsträgerin gilt, der jetzt Angebote von Klubs aus Spanien vorliegen sollen.