Hamburg. Der sieglose SC Condor IV hat in 21 Begegnungen 321 Gegentore kassiert – und gibt trotzdem nicht auf. Ein Trainingsbesuch.

Franziska Fleischmann (43) blickt fassungslos, wenn sie an den 10. November 2023 zurückdenkt. „Ich habe gedacht, ich falle vom Glauben ab. Ich hätte meinen Jungs den Sieg sehr gegönnt“, sagt die Trainerin des SC Condor IV. 6:1 führte ihr Team im Kellerduell gegen Hummelbüttel nach 50 Minuten – Endstand 6:6. Der Ausgleich für die Gäste fiel in der 93. Minute. „Die Kondition bei meinen Jungs war weg. Deshalb hat sich das Blatt so massiv gewendet“, sagt Fleischmann.

Die höchste Saisonpleite war ein 0:38 beim TSV Stellingen II

Ein Dreier für den SC Condor IV an jenem 10. November 2023 wäre historisch gewesen. Die Viertvertretung der Raubvögel ist tabellarisch das schlechteste Team Hamburgs. Siegloses Schlusslicht in der zehntklassigen letzten Liga, Kreisklasse B4, mit einem Punkt und einem Torverhältnis von 26:321 Toren. Im Schnitt kassiert Condor IV 16 Treffer pro Partie. Die Saison startete mit einem 1:15 beim Bramfelder SV V, einem 2:21 gegen Walddörfer III und der bis dato höchsten Pleite, einem 0:38 beim TSV Stellingen II.

Bei unserem Trainingsbesuch ist von Katerstimmung nichts zu spüren. „Ich bin Stürmer, ich hab‘ schon fünf Tore“, sagt Alican Anilir (20), gleichzeitig Co-Trainer und stellvertretender Kapitän gutgelaunt vor dem Interview. „Klar haben wir uns am Anfang der Saison oft blamiert“, sagt Anilir. „Aber es wird ja besser. Teamchemie und Zusammenhalt sind sehr groß. Wir kicken hier mit vielen Freunden zusammen, und unser großes Ziel ist es, einmal ein Spiel gemeinsam zu gewinnen.“

Neue Spieler machen Hoffnung auf baldige Besserung

Genauso sieht das auch Neuzugang Tobias Wagner (25). Die Ergebnisse schrecken ihn nicht ab. „Viele Freunde von mir spielen hier. Sie finden es cool und haben mich überzeugt. Die hohen Niederlagen lagen auch oft daran, dass keine Auswechselspieler da waren oder sogar in Unterzahl gespielt werden musste. Das wird sich jetzt mit neuen Spielern ändern“, sagt er.

Trainiert wird ein- bis zweimal in der Woche, an diesem Abend steht ein Trainingskick der 13 Spieler auf dem Programm. Dabei wirkt längst nicht alles unkoordiniert. Ein paar schöne Spielzüge hier, ein paar feine Tricks da, es fallen richtig ansehnliche Tore.

Trainerin Franziska Fleischmann will das Team unbedingt zusammenhalten

„Alle meine Spieler haben richtig Biss. Die wollen gewinnen. Es hat nur noch nicht sollen sein“, sagt Trainerin Fleischmann. Sie übernahm das Team am 13. Spieltag (1:15 gegen Hellbrook) und ist mit Feuereifer dabei. Obwohl sie als Mutter einer Tochter und mit einer Vollzeitstelle als Arzthelferin eigentlich wenig Zeit hat. Doch schon vorher begleitete sie das Team. „Ich habe den medizinischen Part für die Mannschaft gemacht. Mir liegen die Jungs alle so am Herzen. Als der alte Trainer aufhören musste, wollte ich einfach nicht, dass das Team aufgelöst wird“, sagt sie.

Die kleine Aufwandsentschädigung, die ihr der Verein zahlt, spendet sie in die Mannschaftskasse. Im Winter versorgt sie die Spieler besonders an kalten Trainingstagen mit Tee und Obst. Im Training und Spiel helfen ihr Anilir und Kapitän Haddi Gondal (20), der ebenfalls Co-Trainer ist. Sind Akteure ob der hohen Niederlagen frustriert, motiviert sie sie zum Bleiben. „Die Jungs haben mich mal, Mutti für alles‘ genannt“, sagt Fleischmann. „Das trifft es wohl ganz gut.“

Die Haltung beim SC Condor IV ist klar: Aufgegeben wird nicht!

Aktuell sucht Fleischmann einen neuen Trikotsponsor. Aber mit welchen sportlichen Erfolgen soll sie werben? „Wir sind Stehaufmännchen. Irgendwann stehen wir ganz oben. Da rechnet keiner mit. Wir kommen aus dem Nichts – aber mit Geschwindigkeit“, sagt sie. Klingt zwar lustig, offenbart aber auch eine hier allen gemeinsame Haltung: Aufgegeben wird nicht!

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