Palma. Andreas Bornemann bezieht Stellung zur Vertragsverhandlung mit dem Cheftrainer und verteidigt die Trainingsreise nach Mallorca.

Der FC St. Pauli hat unter der Ägide von Andreas Bornemann deutliche Scoutingprofile für Spieler entwickelt. Eine Eigenschaft, die Linksverteidigern offenbar nicht abträglich sein darf: Frechheit. Am Dienstag war es Lars Ritzka, der es wagte, Kapitän Jackson Irvine während eines Interviews einen Beinschuss zu verpassen.

Mittwoch nun scherzte Philipp Treu, Bornemann – gewöhnlich gut gebräunt, was durch seine Vorliebe für weiße Hemden noch besser zur Geltung kommt – habe die Reise nach Mallorca primär angetreten, um seinen Teint auf Vordermann zu bringen. Der Sportchef schmunzelte nach seiner Ankunft auf dem Trainingsgelände des RCD Mallorca, das die Kiezkicker in dieser Woche zum Trainieren nutzen, darüber.

St. Paulis Sportchef Bornemann spricht über Rasen und Hürzeler

Tatsächlich ist der Trip nach Spanien aber weniger Vitamin-D-Kur denn Notwendigkeit. „Vor dem Magdeburg-Spiel haben wir die Wasserspiele eröffnet“, sagt Bornemann über den Zustand der Trainingsplätze des Kiezclubs an der heimischen Kollaustraße. „Mit Training hatte das nichts zu tun. Das war nur das Bewegen um Pfützen herum, da muss ich die Mannschaft in Schutz nehmen.“

Bereits von November vergangenen Jahres an waren die preisgekrönten Greenkeeper der Hamburger in permanenter Alarmbereitschaft wegen der Witterungsbedingungen in Norddeutschland. „Wir haben versucht, den Platz mit der Rasenheizung möglichst lange zu schonen“, sagt Bornemann.

Bornemann weist Kritik an Mallorca-Trip zurück

Doch vor Abreise ins Trainingslager nach Benidorm (Spanien) Anfang Januar, „konnten wir dann absehen, was auf uns zukommt“. Der Verein sah sich im In- und Ausland nach Alternativen um, um in dieser Zeit den eigenen Rasen auszutauschen.

Kritik an der aufwendigen und wenig nachhaltigen Reise nach Mallorca weist Bornemann zurück. „Das Wetterphänomen betrifft ganz Deutschland. Und die wenigen Proficlubs mit anständigen Plätzen warten nicht darauf, dass wir kommen, um sie zusammenzutreten.“

Kiezkicker benötigen dritten Trainingsplatz

In Palma sei die Chance dagegen nahezu maximal, ein qualitativ hochwertiges und sicheres Training anzubieten. „Es gibt eine deutliche Korrelation zwischen der Platzqualität und Verfügbarkeit von Spielern. Wir sind immer auf der Suche nach den Prozenten, die die Wahrscheinlichkeit auf Erfolge erhöhen“, sagt Bornemann.

Dies alles verdeutliche die Dringlichkeit eines zusätzlichen eigenen Platzes. „Das ist im Profibereich notwendig, um Plätze schonender zu bespielen. In meinen viereinhalb Jahren bei St. Pauli musste dreimal der Rasen getauscht werden, das ist auch nicht im Sinne der Nachhaltigkeit“, sagt Bornemann.

Neuer Rasen soll Anfang kommender Woche verlegt werden

Zumindest brachte er am Mittwoch gute Nachrichten aus Hamburg mit. Die Reste des kaputten Platzes zwei, dem vorderen vom Betreten des Trainingszentrums aus, seien herausgefräst worden, Kies wurde untergemischt, um eine bessere Durchlässigkeit zu gewähren. Anfang kommender Woche soll einer neuer Rasen verlegt werden.

Das kleine Problem: Dieser lagert momentan noch in der Niederlande – und stand zuletzt wegen heftiger Regenfälle unter Wasser. Dass die Arbeiten dadurch im Wortsinn ins Wasser fallen, sei aber unwahrscheinlich. Solange es nicht mehr als zehn Liter pro Quadratmeter regnet, ist die Verlegung weitgehend unbedenklich.

Vertragssituation des Cheftrainers belaste das Verhältnis nicht

Allein für diese Botschaft flog Bornemann nicht auf die Balearen. Hier hat er auch Zeit, um Einzelgespräche zu führen. Mit Irvine sei dies beispielsweise seit dessen Rückkehr vom Asien-Cup noch nicht möglich gewesen.

Auch mit Cheftrainer Fabian Hürzeler gibt es angesichts dessen auslaufenden Vertrags Redebedarf. „Doch die Trainingsarbeit steht ganz klar im Vordergrund“, sagt Bornemann. Die fehlende Klarheit in diesem zentralen Planungspunkt belaste weder das Verhältnis zwischen Sportchef und Chefcoach, noch habe es Auswirkungen auf die sportliche Leistungsfähigkeit des Teams.

Hamburger wünschen sich in näherer Zukunft Klarheit

Dennoch: „Es ist logisch, dass wir in näherer Zukunft Klarheit brauchen, um in Frage kommende Varianten für nächste Saison vorzubereiten“, sagt Bornemann. Hürzeler hatte vorvergangenes Wochenende betont, bei St. Pauli bleiben zu wollen, „unabhängig von der Liga“.

Hakt es also beim Verein? Die unbefriedigende Antwort: Im Kreis gibt es keine Haken.

Großer Umbruch im Kader sei nicht zu erwarten

„Es gibt Dinge, die für den Verein nicht in Frage kommen, und welche, die für den Trainer und seine Berater nicht vorstellbar sind“, sagt Bornemann und bezieht sich dabei mutmaßlich auf die von Hürzeler geforderte Ausstiegsklausel im Sommer. „Irgendwann sind alle Argumente ausgetauscht, und man dreht sich im Kreis.“ Es gehe nun darum, inwiefern die jeweiligen Interessen übereinander zu legen seien.

Zumindest auf der Kaderplanung liege kein Hochdruck, ein großer Umbruch stehe nicht an. „Wir haben ein stabiles Gerippe“, sagt der Sportchef, dem bewusst ist, dass vor allem im Fall des Nichtaufstiegs Leistungsträger den Verein verlassen könnten. „Zum Glück sind wir beim Großteil in der vertraglichen Situation, dass wir das mitentscheiden können.“

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