Wien. Die 0:2-Pleite in Österreich sorgt bei der deutschen Nationalmannschaft für Frust. Sportdirektor Rudi Völler rechnet mit den Profis ab.

Mächtig desillusioniert wirkten die deutschen Nationalspieler nach der 0:2-Pleite zum Jahresabschluss in Österreich. Es war die sechste Niederlage im elften Spiel dieses Jahres. Von Aufbruchstimmung sieben Monate vor dem Start der Heim-Europameisterschaft ist auch nach dem Amtsantritt von Julian Nagelsmann wenig geblieben. Im ZDF schlug der 36-Jährige Alarm. „Wir haben viel Arbeit vor uns. Es geht um die Akzeptanz der Situation und nicht darum, dass wir in die Opferrolle rutschen. Wir müssen Schritte mehr gehen. Es ist unfassbar viel Arbeit auf jeder Position. Es wird nichts leicht von der Hand gehen“, sagte er.

Ähnlich äußerte sich zuvor bereits der neue Kapitän Ilkay Gündogan. „Es ist alles hausgemacht“, sagte der Mittelfeldspieler des FC Barcelona am Dienstagabend. Der Platzverweis von Leroy Sané kam zu dem ohnehin schon schwachen Auftritt noch dazu. Für Gündogan das perfekte Beispiel für die Situation des DFB-Teams: „den Frust, die Enttäuschung über sich selbst.“

Rudi Völler rechnet mit DFB-Verlierern ab: „Können wir uns nicht gefallen lassen“

DFB-Sportdirektor Rudi Völler hat die deutschen Fußball-Nationalspieler nach dem desolaten 0:2 in Wien hingegen scharf kritisiert. „Es geht vordergründig gar nicht um das nackte Ergebnis, aber die Art und Weise, das ist nicht schön, das können wir uns nicht gefallen lassen, und das muss auch besser werden“, sagte der Weltmeister von 1990 am Dienstagabend. „Ich weiß, das ist immer ein Begriff, ein Wort, das strapaziert wird, aber uns fehlen ein bisschen die deutschen Tugenden.“

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Bundestrainer Julian Nagelsmann werde bis zur kommenden Länderspielphase im März „seine Schlüsse“ aus der Niederlage ziehen, „auch, auf wen er am Ende dann setzt“. Die DFB-Auswahl müsse „die fünf bis zehn Prozent an Leidenschaft, an Dynamik, an Energie“ ins Spiel bekommen. „Sonst wird es schwierig“, sagte Völler.

Deutschlands Bundestrainer Julian Nagelsmann bedankt sich beim ausgewechselten Ilkay Gündogan.
Deutschlands Bundestrainer Julian Nagelsmann bedankt sich beim ausgewechselten Ilkay Gündogan. © dpa | Christian Charisius

Nagelsmann und dessen Taktik machte Völler für die Niederlagen am Dienstag und drei Tage zuvor in Berlin gegen die Türkei (2:3) nicht verantwortlich. „Es geht nicht darum, ob man mit einer Dreier- oder Viererkette spielt, oder ob Kai Havertz linker Verteidiger spielt, das ist nicht der Punkt. Der Punkt sind diese fünf oder zehn Prozent, die haben uns in beiden Spielen gefehlt. Daran müssen wir arbeiten“, sagte der Sportdirektor.

Gündogan zählt Schwächen des DFB-Teams auf

Vor allem in der Defensive spielt Deutschland auch unter Nagelsmann weiterhin desolat. Die Schwachstellen sind weiterhin groß. Doch auch in der Offensive läuft wenig zusammen. „Man muss gestehen, dass es nicht nur die Defensive ist, sondern vorn schon losgeht“, sagte Gündogan deshalb. „So wie wir anlaufen und pressen, zieht sich das durch die Ketten. Wir kommen immer zu spät, verlieren die 50:50-Bälle. So wirst du nicht erfolgreich.“

Von Erfolg kann derzeit ohnehin keine Rede sein. Die deutsche Nationalmannschaft muss sich dieser Tage stabilisieren. In gut drei Monaten wird es die nächsten Länderspiele geben. „Jeder muss auf sich selbst schauen, weil jeder einzelne sich klarwerden muss, was er machen kann, um optimal Leistungen zu bringen. Das müssen wir irgendwie über den Verein schaffen – anders geht es nicht“, gab Gündogan sich und seinen Mitspielern die Hausaufgaben für die kommenden Wochen mit.

Julian Nagelsmann: „Können nicht in Schönheit sterben“

Aufgaben wird auch Julian Nagelsmann haben. „Wir können nicht in Schönheit sterben“, sagte er. „Wir werden keine Verteidigungsmonster werden. Das sind wir nicht. Das ist eine Mannschaft, die eine große Gabe hat, Fußball zu spielen. Um die Qualität auf den Platz zu bringen, müssen wir mehr Dynamik zeigen“, so der ehemalige Coach des FC Bayern. Doch davon ist wenig zu sehen. Laut des Trainers liegt dies am mangelnden Selbstvertrauen. „Wenn der Anpfiff losgeht, sind wir Einzelkämpfer und nicht die Einheit, die wir außerhalb des Platzes sind.“ Alarmierende Worte des Bundestrainers.