Budapest. Speerwerfer Weber will Sonntag im WM-Finale eine Medaille. Zehnkämpfer Neugebauer geht als Führender in den Samstag. Kaul verletzt raus.

Julian Weber steht am Freitagmorgen in den Katakomben des Leichtathletik-Stadions in Budapest. Gerade will er erklären, warum die Speerwurf-Anlage bei der Weltmeisterschaft ihm nicht so richtig liegt, da stockt er. Er schaut auf den Bildschirm, auf dem gerade der Weitsprung-Wettbewerb der Zehnkämpfer läuft. Leo Neugebauer (23/ Leinfelden-Echterdingen) – wie Weber als eine der wenigen deutschen Medaillenhoffnungen in Ungarns Hauptstadt gereist – macht einen Riesensatz. „War der gültig?“, fragt Weber erstaunt. „Das waren doch acht Meter!“ Sogar exakt.

Leo Neugebauer jubelt, er hat persönliche Bestleistung in den Sand gesetzt. „So krass, der Leo geht ab“, sagt Julian Weber und wendet sich dann wieder den Journalisten zu, die vor ihm stehen. „Wenn bei mir die Neun vorne steht, dann freue ich mich auch so“, sagt er und lacht.

Neugebauer als Führender in den zweiten Tag

Wie Neugebauer, der den ersten Zehnkampftag als Führender mit 4640 Punkten abschloss und heute (ab 10.05 Uhr/ARD) nach einer Medaille greift, geht auch Julian Weber diese WM locker und entspannt an. Ohne seine Ziele – die magische 90-Meter-Marke zu knacken und eine WM-Medaille zu holen – aus den Augen zu verlieren. Keine Chance mehr auf Edelmetall hat Niklas Kaul (25/Mainz), der Zehnkampf-Europameister musste wegen einer Fußverletzung aufgeben.

Während die Zehnkämpfer um US-Student bis in die Abendstunden aktiv waren, hatte Julian Weber am Freitag früh Feierabend. Um 10.10 Uhr begann für den Speerwurf-Europameister die Qualifikation. Gar nicht sein Ding, ein Frühaufsteher sei er wirklich nicht, erklärte der Mainzer. „Als ich aufstand, war es fast noch dunkel, das muss nicht sein. Ich werfe lieber abends.“ Da kommt es ihm gelegen, dass das Finale der Speerwerfer am Sonntag für 20.15 Uhr (ZDF) angesetzt ist.

Weber als Vierter der Qualifikation im WM-Finale

Da soll die große Stunde von Julian Weber schlagen. Der 28-Jährige, der in Potsdam trainiert und in Berlin lebt, hat am neunten und letzten Wettkampftag noch einmal die Gelegenheit, die deutsche Medaillenausbeute zu retten. Die Chancen, dass ihm der große Wurf gelingt, stehen gut.

Mit 82,39 Metern qualifizierte Weber sich als Vierter für den Endkampf. Vor ihm landeten der Weltjahresbeste Jakub Vadlejch aus Tschechien, Arshad Nadeem aus Pakistan und Olympiasieger Neeraj Chopra (Indien). Sie werden die Medaillen wohl unter sich ausmachen. Nach vierten Plätzen bei Olympia 2021 in Tokio und der Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr in Eugene/Oregon will der dreimalige deutsche Meister Weber endlich auch auf Weltniveau abräumen.

Fluch des vierten Platzes bei der EM gebrochen

Seinen Fluch des vierten Platzes hatte er schon vergangenes Jahr in München bei der Heim-EM gebrochen, als er Europameister wurde. Seitdem „ist es wie eine Welle – und die will ich so lange reiten wie es geht“, sagte er jüngst. Bei der WM gilt er als Mitfavorit, dass er die 90 Meter irgendwann werfen kann, spürt er schon lange.

Im Stadion Nemzeti Atlétikai Központ blieb Weber in der Qualifikation noch unter seinen Möglichkeiten, ins Finale zog er dennoch locker ein. „Es hätte besser laufen können, aber die Weite ist okay“, sagt er und prophezeit: „Nach einer nicht so guten Einheit kommt eine gute.“ Selbstbewusst kündigt Weber an: „Sonntag geht’s ab.“ Und vielleicht gibt es sogar einen 90-Meter-Jubel.