Hamburg. Der Franzose Kevin Escoffier verlor seinen Mast. Bei der Vendée Globe 2020 sank sein Schiff im Südpolarmeer.

Kaum hatte Boris Herrmann am frühen Donnerstagmorgen von dem Mastbruch seines Konkurrenten Kevin Escoffier erfahren, setzte er sich ans Telefon und versuchte, dem angeschlagenen Konkurrenten zu helfen. „Ich habe gleich einige Querverbindungen hergestellt“, sagt er dem Abendblatt. „Wir sind mit Kühne + Nagel als Partner unterwegs, die sich auch im Bereich Yachttransport oder Spezialtransport auskennen. Die könnten zum Beispiel auch den Lufttransport für einen solchen Mast machen.“

Erste Kontakte seien nun hergestellt. Das Ziel sei es, die Möglichkeiten auszuloten, damit das Team Holcim PRB möglichst schnell wieder ins Rennen einsteigen kann. „Alle Teams sind in einer solchen Situation vollkommen solidarisch.“

Katastrophe: Konkurrent von Boris Herrmann verliert seinen Mast

Für Herrmann ist dieses Verhalten eine Selbstverständlichkeit. Dabei ist gerade der Franzose Escoffier der derzeit stärkste Konkurrent um den Sieg im Ocean Race. „Mich macht dieser Vorfall sehr traurig“, sagt er. Er wolle guten Sport erleben. „Wir wollen nicht unseren Konkurrenten auf diese Art und Weise aus dem Rennen ausscheiden sehen.“ Seemannschaft nennt man dieses Verhalten im allgemeinen Sprachgebrauch auch.

Das Team des Franzosen hatte am frühen Donnerstagmorgen berichtet, dass der Mast vor der brasilianischen Küste auf dem Atlantik gebrochen sei. Escoffier, dessen Yacht unter Schweizer Flagge fährt, ließ außerdem mitteilen, dass die fünfköpfige Crew trotz des schweren Unfalls unverletzt sei.

„Das ist ein großer Schock für uns alle“

Damit ist dem bekannten Hochseesegler genau das passiert, wovor viele seiner Konkurrenten große Angst haben. Der Verlust des Mastes kann beispielsweise mitten im einsamen Südpolarmeer lebensgefährlich sein. Zum Glück befand sich die Yacht nur 20 Meilen von der brasilianischen Küste entfernt und scheint mit reduzierter Geschwindigkeit nun Richtung sicheres Land unterwegs zu sein.

„Das ist ein großer Schock für uns alle“, sagte Boris Herrmann nur wenig später dem Abendblatt. „Das ist eine niederschmetternde Situation für eines der besten Teams im Rennen.“ Zum Zeitpunkt des Vorfalls führte Team Holcim-PRB die Ocean-Race-Flotte mit neun Seemeilen vor dem US-Team 11th Hour Racing an. Team Malizia lag auf Platz drei.

Herrmann vermutet Materialversagen

Er wolle erst einmal nicht spekulieren, was dort auf See passiert sei. Nur so viel: „Ich denke nicht, dass es durch sogenanntes menschliches Versagen passiert ist, wie wir sagen.“ Wind und Welle würden das nicht hergeben. „Raue Bedingungen, aber keine in denen der Mast kommt.“ Er hoffe, es habe keine Kollision stattgefunden.

Der Hamburger Extremsegler tippt auf die Entfernung auf ein überraschendes sogenanntes Materialversagen rund um den knapp 30 Meter hohen Mast. „Wir sind ein mechanischer Sport, wie wir immer sagen“, so Herrmann. „Leider sind solche Vorfälle ein Teil davon und erinnern uns auf bittere Weise daran.“

Ersatzmast liegt im französischen Lorient

Zwei Möglichkeiten sah Herrmann am Donnerstagmorgen für das betroffene Team. „Zum einen kann die Yacht per Frachtschiff weiter transportiert werden, beispielsweise direkt nach Europa.“ Oder man könne versuchen einen Mast per Eilfracht direkt nach Brasilien zu holen.

Interessanter Fakt: Alle Schiffe haben den gleichen Mast. Und ein Ersatzmast liegt nach Angaben von Herrmann in Lorient und sei einsatzbereit. „Auch die anderen Teile, wie Baum, Autrigger oder Kabel würde man sicher zusammen bekommen“, so der Hamburger. Die könne man sich von den einzelnen Teams zusammen leihen oder kaufen.

Kevin Escoffier gilt als einer der besten Hochseesegler der Welt. Und ist beim Ocean Race der härteste Konkurrent von Boris Herrmann, wenn es um den Sieg geht, schließlich steht das Team Holcim PRB an erster Stelle in der Gesamtwertung, Herrmann an zweiter.

Traurige Berühmtheit erlangte Escoffier bei der Vendée Globe 2020, als sein Schiff im Südpolarmeer sank. Sein Leben hat er Konkurrent Jean Le Cam zu verdanken, der ihn aus dem Wasser holte. Auch Boris Herrmann hatte sich damals an der gefährlichen Rettungsaktion beteiligt.

Und nun wieder ein solch schwerer Unfall. Die Kielerin Susann Beucke (31), die Crewmitglied der Holcim - PRB ist, ist bei dieser Etappe übrigens nicht an Bord der Rennyacht.