Hamburg. Der ehemalige Nationalspieler ist seit 1. Februar Leiter des Bundesstützpunkts. Seine Arbeit fußt auf drei Schwerpunkten.

Vielleicht ist es gar nicht so schlecht, dass seine Frau mit den Kindern Lucas (13) und Lou (6) noch bis Sommer in Schweden zu bleiben plant. Zeit, sich um sie zu kümmern, hätte Oliver Pongratz derzeit sowieso keine. An diesem Dienstag bricht der neue Leiter des Badminton-Bundesstützpunktes in Dulsberg mit den Hamburger Talenten nach Haarlem zu den Dutch Juniors auf.

Badminton-Turniere stehen für Pongratz auf dem Programm

In der kommenden Woche stehen dann die German Juniors in Berlin auf dem Programm. Die größten Nachwuchsturniere Europas, zu denen auch die gesammelte Weltspitze Asiens anreist, sind als Standortbestimmung unerlässlich. „Ich möchte, dass unsere Athletinnen und Athleten sehen, wie konkurrenzfähig sie sind und was noch an Arbeit zu leisten ist, um international oben mitspielen zu können“, sagt der 49-Jährige.

Oliver Pongratz, geboren und aufgewachsen in Mindelheim im Unterallgäu, kann beurteilen, was es braucht, um in der Weltklasse anzukommen. Der mehrfache deutsche Meister, der mit 18 in Langenfeld Bundesligaspieler wurde, war 1996 in Atlanta Olympiateilnehmer. Nach dem Ende der aktiven Karriere 2005 kümmerte er sich zunächst um die Familienplanung und machte eine Banklehre, „um ein paar Jahre ein normales Leben zu führen“, wie er sagt.

Pongratz war auch schon Nationaltrainer in Österreich

2014 erlangte er die A-Trainerlizenz, arbeitete zunächst am Bundesstützpunkt in Mülheim an der Ruhr, ehe er 2017 Nationalcoach in Österreich wurde. 2020 ging es in selber Stellung nach Uppsala, nach Differenzen mit dem schwedischen Verband lief der auf zwei Jahre befristete Vertrag im August 2022 aus.

Da kam die Anfrage aus Hamburg, wo die Stelle des bisherigen Stützpunktleiters Ben Caldwell (40) wegen dessen Rückkehr in seine Heimat Großbritannien vakant wurde, gerade recht. „Ich kannte den Stützpunkt bereits, weil mein ältester Sohn Luis als 13-Jähriger hergezogen war. Deshalb wusste ich, was mich erwarten würde“, sagt Oliver Pongratz, der offiziell seit 1. Februar das aus sechs Personen bestehende Trainerteam führt. Neu ist für ihn die Verantwortung für den Nachwuchs, nachdem er als Trainer bislang vorrangig mit Erwachsenen gearbeitet hatte.

„Gerade im Nachwuchs ist gute Ausbildung durch ein qualifiziertes Trainerteam wichtig. Für mich besteht die größte Herausforderung darin, dass ich weit über den Sport hinaus Ansprechpartner für viele Themen bin. Badminton ist hier längst nicht alles“, sagt der Coach.

Das ist Pongratz bei der Förderung von Badminton-Talenten wichtig

Seine sportliche Arbeit fuße auf drei Säulen: Physis, Technik und Persönlichkeitsentwicklung, wobei die körperliche Ausbildung für ihn Priorität habe. „Badminton ist die schnellste Rückschlagsportart der Welt, sie ist körperlich unglaublich anspruchsvoll. Wer sich dem nicht vollumfänglich verschreibt, wird es nicht in die Spitze schaffen“, sagt er, und sein drahtiger Körper unterstreicht, dass er diese Maßstäbe auch noch immer an sich selbst anlegt.

Sein Ziel sei es, in Hamburg die Kultur des Hochleistungssports weiter voranzutreiben. „Wir müssen jede Trainingseinheit mit 100 Prozent Intensität nutzen. Ich trainiere lieber kürzer, anstatt an der Intensität zu sparen“, sagt er.

Pongratz leitet einen von drei Stützpunkten in Deutschland

Die Anbindung an den Olympiastützpunkt und die Eliteschule des Sports am Alten Teichweg sei Chance und Verpflichtung zugleich. „Es muss allen Aktiven klar sein, dass sie hier das Privileg genießen, optimale Bedingungen vorzufinden. Aber wir müssen auch liefern, um weiterhin vom Deutschen Olympischen Sportbund als Bundesstützpunkt gefördert zu werden“, sagt er.

Drei dieser Bundesstützpunkte gibt es im deutschen Badminton: Hamburg für den Nachwuchs, Mülheim für Einzel und Nachwuchs, Saarbrücken fürs Doppel. In Amelie Lehmann, David Eckerlin (beide 17), Lara Dreessen und Pongratz’ Sohn Luis (beide 16) hat Hamburg aktuell vier Bundeskaderathleten. „Perspektivisch brauchen wir mehr Talente und müssen die Strukturen optimieren. Ich möchte, dass alle Verantwortung übernehmen und wir gemeinsam wachsen. Aber das braucht Zeit“, sagt er. Zeit, die er sich gibt: Sein Vertrag in Hamburg ist unbefristet.