Hamburg. Hamburgs Hockey-Idol gratuliert im Abendblatt den deutschen Weltmeistern und glaubt an eine goldene Zukunft der Nationalmannschaft.

Der dritte WM-Titel der deutschen Hockeyherren nach 2002 und 2006 hat Aufbruchstimmung entfacht. Am Montagabend kehrte die Mannschaft aus Indien nach Frankfurt am Main zurück, anschließend fand im Clubhaus von Rot-Weiß Köln ein Empfang statt. Im Abendblatt gratuliert Hamburgs Hockeyidol Moritz Fürste (38), 2006 Weltmeister sowie Olympiasieger von 2008 und 2012, seinen Nachfolgern.

Hockey-Idol Fürste hat immer noch Gänsehaut nach WM-Titel

„Auch mit einer Nacht Abstand habe ich Gänsehaut, wenn ich an die Szenen aus Bhubaneswar vom Sonntagnachmittag denke. Dieser nervenaufreibende 8:7-Triumph nach Penaltyschießen im WM-Finale gegen Titelverteidiger Belgien war vor allem deshalb so großartig, weil vor dem Turnier niemand wirklich daran geglaubt hatte, dass die Mannschaft schon reif für die Goldmedaille wäre. Ich freue mich riesig für unsere Hockeyherren. Nicht nur, weil ich der festen Überzeugung bin, dass sie sich den WM-Titel absolut verdient haben. Sondern vor allem, weil ich glaube, dass dieser 29. Januar die Geburtsstunde einer neuen Erfolgsgeneration gewesen sein wird.

Der Schlüsselmoment des Turniers war für mich das Viertelfinale gegen England, als die Jungs nach einem über 55 Minuten nicht so guten Spiel einen 0:2-Rückstand noch gedreht und die Partie dann im Penaltyschießen gewonnen haben. Jede erfolgreiche Mannschaft braucht ein Match, das ihre Geschichte erzählt.

Deutsches Herrenhockey musste lange auf WM-Titel warten

Zehn Jahre lang hat das deutsche Herrenhockey auf einen großen Titel gewartet, seit der EM 2013 hatte es keine Goldmedaille mehr für die verwöhnte erfolgreichste Mannschaftssportart der Nation gegeben. Jetzt aber wird über die Jungs geredet, die nicht nur gegen England, sondern auch im Halbfinale beim 4:3 gegen Australien und im Endspiel gegen den Olympiasieger und Titelverteidiger aus Belgien 0:2-Rückstände gedreht haben. Was mich besonders begeistert, ist die Mentalität dieses Teams. Die Qualität, sich in jeder Phase an den Matchplan zu halten und die sich bietenden Chancen effektiv und zielstrebig zu nutzen, hat sie von allen Kontrahenten unterschieden.

Ich hebe nur ungern einen Spieler heraus, wenn der Erfolg das Produkt einer mustergültigen Teamleistung ist. Aber was Niklas Wellen bei dieser WM gespielt hat, das hatte Welthockeyformat. Ich habe den Krefelder Torjäger noch nie so stark gesehen. Mit sieben Toren, die zum Teil technisch herausragend waren, hat er sich nicht nur zum Toptorjäger des Teams, sondern zu Recht zum besten Spieler des Turniers gekrönt. Mein Eindruck war: Nachdem er in der Halbzeit des Vorrundenspiels gegen Belgien erfahren hatte, dass er Vater eines Sohnes geworden ist, hat er in einer eigenen Welt gespielt.

Moritz Fürste schwärmt von Defensive der Hockeyherren

Grundsätzlich hat mich begeistert, wie stark die Mannschaft im Kollektiv verteidigt hat. Dass unsere Offensive Weltklasseformat hat, war mir klar. Aber die Leistung der Abwehr hat mich positiv überrascht. Unsere jungen Außenverteidiger Moritz Ludwig und Teo Hinrichs sind an ihren Aufgaben gewachsen. Tom Grambusch, den ich früher oft kritisch gesehen habe, hat überragende Pässe gespielt. Dieses Trio kann über Jahre zu einem ganz wichtigen Faktor der neuen deutschen Nationalmannschaft werden.

Im Mittelfeld ist für mich Hannes Müller, mein ehemaliger Mitspieler beim Uhlenhorster HC, zum Sinnbild der neuen Generation geworden. Hannes strahlt genau diese Geilheit aufs Hockeyspielen aus, die wir in Deutschland brauchen. Hannes kann es auf jeden Fall noch ganz weit bringen. Stark fand ich auch, wie Mats Grambusch seine Kapitänsrolle ausgefüllt hat und zum Anführer geworden ist.

Bundestrainer André Henning hat das bestmögliche Team zusammengestellt, das ist sein Verdienst und sicherlich sehr hoch einzuschätzen. Außerdem hat er ein Funktionsteam aufgebaut, in dem es, wie ich höre, sehr gut harmoniert und in dem auf jeder Position absolute Fachleute zum Erfolg beitragen. Auch das gehört zu einer Teamleistung dazu.

Deutschlands Hockeyherren haben noch mehr Potenzial

Das Schöne ist, dass diese Mannschaft jetzt zwar an der Weltspitze angekommen ist, aber auch noch in allen Bereichen Entwicklungspotenzial hat. Unsere Torhüter Alexander Stadler (23) und Jean Danneberg (20) sind zwar schon stark, aber sie werden sich noch entwickeln. Auch bei der Strafecke geht mit unseren Topschützen Gonzalo Peillat, Lukas Windfeder und Tom Grambusch noch mehr, als bei dieser WM zu sehen war.

Mit dem WM-Titel werden nun auch die Ansprüche steigen. Aber ich bin überzeugt davon, dass diese Mannschaft das Potenzial hat, so erfolgreich zu werden, wie es die Belgier in der Zeit zwischen 2016 und heute waren. Bei dieser WM hat sich gezeigt, dass die Zeit der goldenen belgischen Generation dem Ende zugeht, dass Australien aktuell keine goldene Generation hat, und dass in Europa mit Belgien, den Niederlanden, England und uns vier Nationen vorangehen, die bei den Olympischen Spielen in Paris 2024 alle um Gold kämpfen werden.

Das nächste Kräftemessen allerdings wird bereits die Heim-EM in Mönchengladbach im August sein, und ich finde, dass es dafür kein besseres Aufbruchsignal geben konnte als diesen WM-Titel!“