Hamburg. Zum Abschied gab es einen 3:1-Erfolg. Netzbandt wurde bei Türkiye zum Zauberer, Sasel patzt, Dassendorf durfte jubeln.

Freistoßkünstler Netzbandt. Zwei verschiedene Partien sahen Curslacks Trainer Marcello Meyer und Türkiyes Coach Daniel Sager beim 3:0-Auswärtssieg Türkiyes am Gramkowweg. „Wir haben Türkiye fußballerisch dominiert. Das Chancenplus lag auf unserer Seite“, konstatierte Meyer. „Der Sieg geht auch in der Höhe in Ordnung. Wir haben zwar hinten einiges zugelassen, hätten aber auch höher gewinnen können“, fand Sager. Die Wahrheit lag einen Tick mehr bei Sager. Curslack begann zwar gut und erspielte sich in einer wilden zweiten Halbzeit ein halbes Dutzend gute Möglichkeiten, vergab diese jedoch kläglich wie ein Absteiger.

Oberligaaufsteiger Türkiye trat abgezockt und technisch stärker auf – und in Person von Torjäger Michel Netzband genial. Beim 2:0 zirkelte Netzbandt einen Freistoß vom rechten Strafraumeck über die Mauer ins kurze Eck (48.), beim 3:0 setzte er noch einen drauf. Zentral aus 24 Metern versenkte er den Ball mit ordentlich Wucht und genialer Flugkurve abermals über die Mauer genau in den Winkel (73.). Umso bemerkenswerter, weil Netzbandt aufgrund eines Muskelfaserrisses in den vergangenen drei Wochen nur eine Trainingseinheit mitmachen konnte. Sogar Sager war überrascht: „Michel brennt immer. Aber dass er so gute Freistöße schießen kann, wusste ich nicht.“

Favoritensterben am Exerzierplatz

0:0 gegen Meister TuS Dassendorf, 0:0 gegen Herbstmeister Eimsbütteler TV, 3:0 gegen Topteam USC Paloma, nun mit 1:0 Tabellenführer TSV Sasel gestürzt – welcher Club weist diese prächtige Heimbilanz ohne Gegentor gegen die Crème de la Crème der Oberliga Hamburg auf? Es ist Aufsteiger TuRa Harksheide!

Zum nächsten Kapitel des großen Favoritensterbens am Exerzierplatz reichte Harksheide gegen Sasel in 90 Minuten gar ein einziger Torschuss von Jeremy Da Silva Danif, der von einem Torwartfehler des TSV-Keepers Todd Touffour profitierte (65.). „So langsam wird mir unser Platz unheimlich“, sagte Harksheides Erfolgstrainer Jörg Schwarzer schmunzelnd. Sein Team, vielfach als erster Absteiger getippt, straft die Experten weiter Lügen. Sasels Trainer Danny Zankl nahm in seiner Analyse hingegen kein Blatt vor den Mund. „Ernüchterung ist das Stichwort für dieses Spiel. Wir haben offensiv zu wenig Qualität gezeigt. Dieser rote Faden zieht sich durch unsere Saison. Wir sind selbst schuld, und wenn wir so spielen, brauchen wir nicht darüber reden, dass der Gegner nur einen Torschuss hatte.“

Dassendorf wieder an der Spitze

Von Sasels Ausrutscher bei TuRa Harksheide profitiert hat die TuS Dassendorf. Beim WTSV Concordia siegte das Team mit 3:1. Ex-Profi Martin Harnik schlug zweimal zu, beim ersten Treffer sogar per Fallrückzieher. „Wenn er seine Chancen vorher macht, hätte er sich das sparen können. Aber so sah es schöner aus“, scherzte TuS-Trainer Peter Martens später launig über die erfolgreiche akrobatische Flugeinlage des besten Stürmers der Oberliga.
Auf seine Mannschaft, die nun Rang eins wiedererobert hat, ist Martens stolz. „Sie kann nicht nur schön spielen, sondern auch fighten und dreckige Spiele gewinnen. Mittlerweile könnten wir auch auf einem Parkplatz erfolgreich Fußball spielen“, erklärte Martens.

Den verdienten Dassendorfer Sieg erkannte Cordis Coach Stefan Gehrke an. Und stellte klar: Cordi wird nur für die Regionalliga Nord melden, wenn das Saisonziel – ein Platz unter den ersten fünf Teams – erreicht wird. „Als Achter, Neunter oder Zehnter wollen wir die Aufstiegsspiele nicht bestreiten, selbst wenn Altona 93 Elfter werden würde“, sagte Gehrke.

Saad feiert großartigen Norderstedt-Abschied

Das 2:1 initiiert, das 3:1 direkt vorgelegt – St. Paulis künftiger Flügelstürmer Elias Saad verabschiedete sich bei seinem letzten Einsatz für Regionalligist Eintracht Norderstedt vor seinem Wechsel ins Profilager beim 3:1 gegen den SSV Jeddeloh II standesgemäß. Saad, der sich voll ins Zeug gelegt hatte, erhielt von den 365 Fans bei seiner Auswechslung kurz vor Abpfiff Standing Ovations, durfte sich über ein „Danke Elias, Einer von uns“-Plakat freuen.

„Mein letztes Spiel war sehr besonders. Ich wollte unbedingt gewinnen. Vor allem möchte ich mich bei den Fans bedanken. Ich bin sehr glücklich. Die eineinhalb Jahre bei Eintracht Norderstedt waren die schönsten, die ich bisher hatte“, sagte Saad. Danach blickte er nach vorne. „Nun freue ich mich auf den St. Pauli. Ich bin heiß und habe richtig Bock.“

Billstedt macht Aufstieg spannend

Eine überragende Leistung bot Hansa-Landesligist SC V/W Billstedt beim ungeschlagenen Tabellenführer ETSV Hamburg. Der Tabellenneunte führte 2:0, 3:1 und 4:3, musste sich erst in letzter Sekunde mit einem 4:4 begnügen. Denn Matthias Cholevas erzielte für seinen ETSV in Unterzahl (ETSV-Keeper Elian Clasen sah in der 85. Minute Gelb-Rot) in der Nachspielzeit der Ausgleich. „Vor allem unsere erste Halbzeit war fantastisch. Unsere junge Truppe hat viel Mentalität und Willen gezeigt, den Spitzenreiter sogar dominiert. Hätte uns vor der Partie jemand ein Remis prognostiziert, hätten wir es sofort genommen. Nun sehen wir das Ergebnis unseres sehr guten Spiels mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Klar ist der späte Ausgleich schade, der ETSV hat gegen Ende aber gewaltigen Druck entfacht“, sagte Billstedts Teamkoordinator Michael Baaß.

Der Kampf um den Oberligaaufstieg in der Landesliga Hansa ist somit wieder völlig offen. Der Düneberger SV nutzte den ETSV-Patzer, rückte durch ein 2:0 gegen den VfL Lohbrügge bis auf drei Punkte heran – und hat noch die Nachholpartie beim SC Condor in der Hinterhand. „Ich bin der Einzige in Hamburg, der immer davor gewarnt hat, dass das Ding noch lange nicht durch ist für uns. Der Aufstiegskampf ist völlig offen“, sah sich ETSV-Coach Jassi Huremvoic bestätigt. Seine Truppe lobte er trotzdem: „Sie hat nach schwachem Beginn wirklich eine sehr große Moral bewiesen.“