Die Mountainbikerin besitzt nun eine komplette olympische Medaillenkollektion

London. Mit der Silbermedaille um den Hals und einem seligen Lächeln im Gesicht träumte Sabine Spitz von einem stressfreien Ausflug an den Sandstrand von Rio. "Ich glaube, es lässt sich ganz gut baden an der Copacabana", sagte die 40 Jahre alte Powerfrau aus dem Schwarzwald nach ihrem letzten Olympia-Auftritt. Der zweite Platz im Mountainbikerennen hinter der französischen Olympiasiegerin Julie Bresset bedeutete nach Gold 2008 in Peking und Bronze 2004 in Athen die Krönung ihrer Erfolgskarriere, die sich langsam dem Ende zuneigt.

Wann sie das Rad endgültig in die Ecke stellt, vermochte Spitz nach dem spektakulären Wettbewerb am Sonnabend in Hadleigh Farm nicht zu sagen. "Unsere Zeitrechnung ging eigentlich nur bis zum 11. August 2012. Jetzt feiern wir erst mal, dann kommen im September und Oktober noch zwei Weltmeisterschaften." Einen fünften Olympia-Start in vier Jahren schloss sie aber definitiv aus: "O Gott, Rio. Vielleicht erlebe ich das als Funktionär oder Trainer", erklärte Spitz.

Als weltweit einzige Mountainbikerin hat sie jetzt eine komplette olympische Medaillenkollektion in ihrem Besitz. "Damit hat sie ein Stück weit Geschichte geschrieben. Es ist eine gold glänzende Silbermedaille", meinte Ehemann Ralf Schäuble, der auch ihr Manager und Trainer ist. "Dieses Silber wird neben den anderen beiden Medaillen einen würdigen Platz finden", versprach Spitz.

Nach ihrem Parforceritt durchs Gelände auf einem extra für Olympia angefertigten Spezialrad, bei dem sie sich selbst durch einen spektakulären und schmerzhaften Sturz nicht vom Kurs abbringen ließ, konnte sich die zweimalige Weltmeisterin vor Glückwünschen kaum retten. "Das Telefon hat nicht mehr stillgestanden. Die Liste mit SMS hört nicht mehr auf", berichtete Spitz. Auch ihre Familie genoss den besonderen Moment. "Meine Mutter ist extra zum ersten Mal in den Flieger gestiegen, um hier dabei zu sein."

Auf dem knapp eine Autostunde von London entfernt gelegenen Mountainbike-Parcours mit Blick auf die Themse-Mündung fuhr die dreimalige Europameisterin ein taktisch glänzendes Rennen. "Besser hätte es nicht laufen können. Es war optimal", bewertete sie ihren Gala-Auftritt über gut 29 Kilometer. Der Erfolg im reifen Sportler-Alter erfüllte sie mit Stolz. "Es ist ein geniales Gefühl, wenn du mit 40 gewisse Kritiker Lügen strafst. Wenn der Wille da ist und auch die Fokussierung, dann spielt das Alter keine Rolle", sagte die auch sozial engagierte Mountainbikerin aus dem baden-württembergischen Murg-Niederhof, die mit einer Stiftung benachteiligte Jugendliche unterstützt.

Der Name Spitz steht für den Mountainbike-Sport in Deutschland, den sie wie keine andere geprägt hat. Das Erfolgsrezept: "Konsequente Arbeit. Das ist bei anderen vielleicht nicht immer der Fall. Konsequent heißt, über drei Jahre und nicht nur drei Wochen", meinte Schäuble. "Für mich ist Mountainbikefahren Passion. Und ich habe im Training mit meinem Ehemann ja auch jemanden hintendran, der immer ein bisschen treibt", erzählte Spitz - und blickte spitzbübisch lächelnd zu ihrem Partner.

Schäuble rechnet damit, dass seine medaillendekorierte Frau "noch ein, zwei Jahre" in die Pedale treten wird. Zuvor will Spitz aber erst einmal die Beine im heimischen Schwarzwald hochlegen: "Für uns ist Urlaub, wenn wir mal zu Hause sein können. Das genießen wir", sagte die Olympia-Zweite.

Einen Tag nach dem Silber-Coup von Spitz hat Mountainbiker Manuel Fumic eine weitere deutsche Medaille verpasst. Der 30-Jährige aus Kirchheim/Teck musste sich gestern mit dem siebten Rang begnügen. Die Goldmedaille auf dem anspruchsvollen Kurs in Hadleigh Farm sicherte sich der Tscheche Jaroslav Kulhavy. Der Weltmeister von 2011 verwies den Schweizer Nino Schurter auf Rang zwei. Dritter wurde Marco Aurelio Fontana aus Italien.

Fumic konnte nur in der Anfangsphase des Rennens in der Spitzengruppe mitmischen. Im Ziel betrug sein Rückstand auf Kulhavy 1:24 Minuten. Moritz Milatz aus Freiburg belegte den 34. Platz. Topfavorit Julien Absalon aus Frankreich musste nach einem Sturz frühzeitig das Rennen beenden.