Hamburg. Investor Axel Plaß stellt neuen Hamburger Stall P2M vor – inklusive prominentem Berater. Erster WM-Kampfabend am 5. November.

Im Profiboxen, einem Geschäft, in dem es aus unerfindlichen Gründen viel zu oft darum geht, den Schein über das Sein zu erheben, hat man in den vergangenen Jahren viele Ankündigungen gehört, die sich schneller in Luft auflösten, als mancher Protagonist einen Jab schlagen konnte. Insofern war Vorsicht geboten, als in der Einladung zur Vorstellung eines neuen Hamburger Profistalls davon schwadroniert wurde, das Profiboxen in Deutschland werde wieder Weltklasse.

Umso wohltuender war zu erleben, wer sich am Dienstagmittag im Porsche-Zentrum Hamburg an der Lübecker Straße tatsächlich vorstellte. Durchgesickert war vorher lediglich, dass der langjährige Klitschko-Manager Bernd Bönte als Berater des neuen Unternehmens P2M fungieren würde.

Ebenso wie der 66-Jährige bürgen Raiko (38) und Christian Morales (41), die für das 2M im Firmennamen stehen, für eine fundierte, professionelle Herangehensweise an den Boxsport. Als Gründer des Bundesligateams Hamburg Giants sowie in wichtigen Funktionen im Hamburger Amateurverband haben die Cousins über viele Jahre Durchhaltevermögen und Kreativität bewiesen, auch wenn sie mit ihrer forschen Herangehensweise manche vor den Kopf stießen.

Box-Promoter Plaß entdeckt „Herzensangelegenheit“

Doch der Mann, der als Promoter und Investor für das P im neuen Unternehmen verantwortlich zeichnet, ist im Profiboxen bislang ein unbeschriebenes Blatt. Axel Plaß (56), kurz vor der Wende 1989 aus dem Schweriner Umland über Ungarn nach Hamburg geflüchtet, ist im Hauptberuf geschäftsführender Gesellschafter der Zippel Group, einem Logistikunternehmen mit 300 Mitarbeitenden und Hauptsitz in Hamburg.

Im Ehrenamt führt der Vater zweier Töchter den Bundesverband Spedition und Logistik, nun hat er mit dem Boxen eine „Herzensangelegenheit“ entdeckt, die er sich einiges kosten lässt.

P2M will Gegner im Boxen fairer behandeln

Über Zahlen wollte Axel Plaß zwar nicht sprechen, mit seiner Einlage von 855.000 Euro als Kommanditist der B2M GmbH&Co. KG ist allerdings die Richtung vorgegeben, in die es gehen soll. Raiko und Christian Morales sind mit je 47.500 Euro beteiligt.

Raiko (r.) und Christian Morales (l.) mit Axel Plaß.
Raiko (r.) und Christian Morales (l.) mit Axel Plaß. © WITTERS | Tay Duc Lam

Auf zunächst drei Jahre sind alle Verträge befristet, Plaß ließ jedoch keinen Zweifel daran, dass sein Engagement langfristig angelegt ist. Und er lege großen Wert darauf, dem Sport, dem stets der Ruch der Halbwelt anhaftet, zu einem besseren Image zu verhelfen. „Boxen soll seriös und professionell sein. Wir werden versuchen, einiges anders zu machen, als es bislang ist“, sagte der Unternehmer. Als Beispiel nannte er eine fairere Behandlung von Gegnern.

Bönte freut sich über einen „Sechser im Lotto“

Vor drei Jahren hatten Bönte und die Morales-Cousins mit der Beratungsagentur Pyx schon einmal groß durchstarten wollen. Doch weil die Investoren viel versprachen und wenig hielten, war schon nach wenigen Monaten nicht mehr viel übrig von der schönen Idee. Dass es diesmal anders läuft, davon sind alle überzeugt.

„Wir haben viel mehr Freiraum, um selbst zu gestalten“, sagte Christian Morales, der als Sportdirektor den sportlichen Part überwacht. Raiko Morales ist für Events und Marketing zuständig, Plaß will sich im Hintergrund halten. „Nach so einem Investor hat das deutsche Boxen gesucht. Er ist mit seinem extrem großen Netzwerk in der Wirtschaft und der Politik ein Sechser im Lotto“, sagte Bönte.

Bernd Bönte (M.) mit Peter Kadiru (l.) und Viktor Jurk.
Bernd Bönte (M.) mit Peter Kadiru (l.) und Viktor Jurk. © WITTERS | Tay Duc Lam

Sechs P2M-Boxer steigen im November in den Ring

Mit einem Sechser im Ring schreibt das neue Unternehmen am 5. November das erste Kapitel seiner Geschichte. In den Schwergewichtlern Peter Kadiru (25), Viktor Jurk (22), Felix Langberg (30), Mittelgewichtler Simon Zachenhuber (24) und Federgewichtlerin Nina Meinke (29) stehen aktuell fünf Aktive bei B2M unter Vertrag, dazu kommt mit Leichtgewichtlerin Dilar Kisikyol (30) eine Gastboxerin.

Alle sechs werden vor 400 geladenen Gästen im Porsche-Zentrum in den Ring steigen. Für Kisikyol gegen Eva Hubmayer (36/Euskirchen) und Meinke gegen die Argentinierin Edith Matthysse (42) geht es in den Hauptkämpfen um die WIBF-WM.

Dilar Kisikyol (l.) und Nina Meinke vom neuen Boxstall P2M kämpfen Anfang November in Hamburg um WM-Titel.
Dilar Kisikyol (l.) und Nina Meinke vom neuen Boxstall P2M kämpfen Anfang November in Hamburg um WM-Titel. © WITTERS | Tay Duc Lam

P2M sucht seriöse und professionelle Boxer

Dass aus dem Sextett jemand in die Weltspitze vorstoßen wird, ist zwar nach den bisher gezeigten Leistungen zu bezweifeln. Zweifelsohne jedoch zählen insbesondere der deutsche Meister Kadiru, der seinen Vertrag beim Magdeburger SES-Stall kündigte und einem möglichen Rechtsstreit gelassen entgegenblickt, der nach dem Aus seines Promoters Fächer Sport international umworbene Zachenhuber und Ex-Europameisterin Meinke zu den hoffnungsvollsten deutschen Faustkampf-Assen.

Doch nicht nur die sportlichen Fähigkeiten spielten bei der Zusammenstellung des bewusst klein gehaltenen Teams eine Rolle. „Wir wollten vor allem Sportlerinnen und Sportler, die für seriösen und professionellen Sport stehen und die gute Geschichten mitbringen, die sie vermarktbar machen“, sagte Plaß.

P2M konkurriert nicht mit EC oder Universum

Verteilungskämpfe mit den anderen Hamburger Profiställen sind nicht zu befürchten. Während EC seine Boxer vorrangig im Ausland einsetzt und Universum mit einer „Weltauswahl“ und Showkämpfen fragwürdiger YouTube-Größen um Aufmerksamkeit kämpft, setzt P2M mit den Hamburgern Kadiru und Kisikyol, dem Rostocker Langberg, dem Flensburger Jurk und der Berlinerin Meinke bewusst auf Lokalkolorit, einzig Zachenhuber ist Bayer. „Wir werden mindestens viermal im Jahr veranstalten, vorrangig in Norddeutschland“, sagte Raiko Morales.

Allen Beteiligten ist bewusst, dass ohne einen solventen Medienpartner auch der längste Atem wenig nutzen wird. „Wir sind aber überzeugt davon, dass die Sender mittelfristig bei uns anklopfen werden, weil unser Produkt überzeugt“, sagte Raiko Morales. Ein bisschen Marktschreierei gehört eben immer dazu im Profiboxen.