Hamburg. Die Wilhelmsburger starten heute im montenegrinischen Podgorica in den EuroCup. Wieder sind die Play-offs das Ziel.

Am Dienstagmittag war Raoul Korner mal wieder in seiner Heimatstadt. Allerdings legte der Cheftrainer der Veolia Towers Hamburg mit seiner Mannschaft nur einen Zwischenstopp in Wien ein. Enddestination: die Hauptstadt Montenegros, wo die Wilhelmsburger Basketballer an diesem Mittwochabend (19 Uhr/MagentaSport) zum Auftakt in den EuroCup bei Budućnost Podgorica antreten.

Es ist zugleich der Auftakt in die Dreifachbelastung zu Bundesliga und Pokal, ebenso wie in einen Reisemarathon, der die Towers über insgesamt 15.113 Kilometer in neun Länder führen wird. Mit Breslau in Polen als nähestem Ziel (545 Kilometer) und Gran Canaria als fernstem (3547). Der sonderbare Modus des EuroCups bringt es mit sich. Die 20 Teilnehmer sind in zwei Gruppen à zehn Teams eingeteilt, von denen die jeweils besten acht ins Achtelfinale einziehen. Von da an geht es im K.-o.-Modus weiter.

Veolia Towers Hamburg: EuroCup ein Sprungbrett

Bedeutsam ist die Teilnahme am internationalen Geschäft für die sportliche Entwicklung des Teams während der Saison und Rekrutierung des Kaders im Sommer. „Für alle Spieler, die wir verpflichtet haben, war es wichtig, international zu spielen, sich europaweit präsentieren zu können. Ansonsten hätten wir sie mit unseren begrenzten finanziellen Mitteln nicht holen können“, sagt Korner. Aufbauspieler Kendale McCullum lag neben der Offerte der Towers auch eine der MHP Riesen Ludwigsburg vor, die in der Champions League antreten.

Maßgeblich an der Entscheidung des US-Amerikaners, von Gießen nach Hamburg zu wechseln, waren die 18 garantierten Vorrundenspiele im EuroCup, während die erste Gruppenphase der Champions League bereits nach sechs Begegnungen beendet ist. Dass der EuroCup ein Sprungbrett ist, beweisen die Ex-Towers Maik Kotsar und Caleb Homesley. Der Este Kotsar brillierte vergangene Woche bei seinem Debüt für den spanischen Club Saski Baskonia in der EuroLeague. Homesley wechselte zum international zwar ausgeschlossenen, aber zahlungskräftigen russischen Spitzenverein Zenit St. Petersburg.

Towers investierten 100.000 Euro in Infrastruktur

Als Korner in diesem Sommer seinen Zweijahresvertrag als Chefcoach in Hamburg unterschrieb, stand fest, dass die Wilhelmsburger im EuroCup spielen. Ob die Champions League eine Alternative war, wusste der 48-Jährige nicht. Sie war es nicht. Zwar hat der bislang dritthöchste europäische Clubwettbewerb, der vom Weltverband Fiba organisiert wird, sportlich zum Niveau des EuroCups aufgeschlossen.

Es war jedoch ausdrücklicher Wunsch der privatwirtschaftlich organisierten Königsklasse EuroLeague, die den EuroCup verantwortet, dass Hamburg dort erneut antritt. „Das ist ein Zeichen, dass wir sportlich wie organisatorisch einen guten Job gemacht haben“, sagt Towers-Geschäftsführer Jan Fischer. Rund 100.000 Euro hatte der Club vergangenes Jahr in seine Infrastruktur investiert, um die Anforderungen des Wettbewerbs zu erfüllen.

"EuroCup hat sportlich mehr zu bieten als die Bundesliga"

In gleicher Höhe ist die Antrittsgage für eine Saison zu beziffern. Da die Reisekosten jedoch ebenfalls am sechsstelligen Betrag kratzen, und durch die Teilnahme am EuroCup zwei weitere Spieler finanziert werden mussten, sind die Towers auf Zuschauereinnahmen angewiesen. Im Vorjahr hatten sie 240 Dauerkarten verkauft, bislang nur knapp 100.

„Es ist unsere Aufgabe, den Fans den EuroCup schmackhaft zu machen. Sportlich hat er mitunter mehr zu bieten als die Bundesliga“, sagt Fischer. Immerhin: Einige der Sponsoren zahlen zusätzliche Prämien, da für ihre Unternehmen Werbung im europäischen Raum attraktiv ist.

“Wir müssen viel über unser Zusammenspiel lösen“

Grundsätzlich werden die Towers mit 20 Mann zu den Begegnungen reisen: 13 Spieler, drei Trainer, je ein Physiotherapeut, Krafttrainer, Mannschaftsbetreuer und Delegationsleiter – zumeist Fabian Villmeter, weniger als noch im letzten Jahr Geschäftsführer und Sportchef Marvin Willoughby. Nicht dabei sein wird James Woodard (28), der in die USA gereist ist, da seine Frau ihr zweites Kind erwartet. Dafür ist diesmal der Wedeler Harrison Cleary (24/USA/Point Guard) nominiert. 15 Spieler (11 Towers, 4 Wedeler) im Kader, darunter auch der Tscheche Michal Kozak (24/Power Forward/2,04 m/ebenfalls Wedel), sind für den EuroCup gemeldet.

„Sportlich ist der EuroCup eine interessante Herausforderung. Auf diesem Niveau wird strukturierter gespielt, die Qualität der einzelnen Spieler ist höher, auch bei Größe und Physis haben wir tendenziell Nachteile. Wir müssen viel über unser Zusammenspiel lösen“, sagt Korner.

Play-offs erneut das Ziel

Vorteil diesmal: Podgorica greift ähnlich an wie Ludwigsburg, ist also eine gute Vorbereitung fürs Pokalachtelfinale gegen die Schwaben am Sonnabend (20.30 Uhr). Dennoch: Der EuroCup sei kein Nebenschauplatz. Die Towers wollen sich in diesem Wettbewerb profilieren. Die Play-offs sind erneut das Ziel. „Diese Spiele bringen uns weiter, weil wir gezwungen werden, Lösungen zu finden. International will jeder Profi spielen, das sind Festtage“, sagt Flügelspieler Lukas Meisner. Die Belastung sei auszuhalten, weil weniger und nicht so intensiv trainiert werde. Er habe die vorige Saison körperlich gut verkraftet, sagt der 27-Jährige.

Dass der erste der notwendigen Siege für Play-off-Platz acht im 5500 Zuschauer fassenden Sportski Centar Morača eingefahren wird, ist zu bezweifeln. Der montenegrinische Serienmeister spielt nur nebenher in der nationalen Liga, primär in der 2002 gegründeten ABA-Liga (Adriatische Basketballliga mit Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Montenegro, Serbien, Slowenien), die Budućnost 2018 gewann.

Veolia Towers Hamburg das Team mit dem kleinsten Budget

Am Montag traf Podgorica dort auf den EuroLeague-Club Roter Stern Belgrad, verlor mit 65:69. Starspieler und Spitzenverdiener ist der US-Amerikaner Aaron White (30), der 2015 in Bonn seine Profikarriere begann. Laut Korner verdiene er in etwa so viel wie die Hamburger Startformation zusammen: „Wir sind im EuroCup das Team mit dem kleinsten Budget. Die London Lions geben viermal so viel für ihre Spieler aus wie wir (etwa zehn Millionen Euro, die Red.). Wir sind ein Bundesliga-Team, das EuroCup spielt, kein EuroCup-Team, das Bundesliga spielt.“

Wirtschaftliche Kriterien sind auch bei der Auswahl der Teilnehmer mitentscheidend. Die EuroLeague möchte den Sport in den Metropolen fördern, weswegen auch London und Paris dabei sind. Wien ist dagegen bislang uninteressant.