Stuttgart/Mänchengladbach/Berlin. Derbysieg für Gladbach eine Erlösung nach schwierigen Monaten – Jubel fällt emotional aus. Freiburg muss sich mit Remis abfinden.

Das rot-weiße Fußballmärchen von Union Berlin geht weiter: Die Mannschaft von Trainer Urs Fischer hat ihre Tabellenführung in der Bundesliga ausgebaut und die Krise des weiter sieglosen VfB Stuttgart verschärft. Das Überraschungsteam der Saison gewann zum Abschluss des neunten Spieltags mit 1:0 (0:0) bei den Schwaben und geht mit zwei Punkten Vorsprung auf Verfolger SC Freiburg ins Topduell mit Borussia Dortmund am nächsten Sonntag.

Paul Jaeckel (76.) traf für die Gäste, die sich gegen den VfB aber durchaus schwer taten. Die Schwaben zeigten eine auch spielerisch ansprechende Leistung und hielten über die gesamte Spielzeit dagegen. Mit nur fünf Punkten steht der VfB jedoch weiterhin auf dem vorletzten Tabellenplatz, für Trainer Pellegrino Matarazzo wird die Luft vor dem Kellerduell mit Liga-Schlusslicht VfL Bochum am kommenden Sonnabend immer dünner. Dort wird Stürmer Serhou Guirassy fehlen, der in der 83. Minute Gelb-Rot sah.

Schießt Union Berlin Matarazzo aus dem Amt?

Matarazzo, für den mit Adi Hütter und Sebastian Hoeneß bereits mögliche Nachfolger gehandelt werden, hatte von seiner Mannschaft gefordert, „sich wehzutun“. Sein Gegenüber Urs Fischer mahnte seine Spieler nach dem ersten Europa-League-Sieg gegen Malmö unter der Woche, sich keine „zehn, fünfzehn Minuten im Schongang“ zu erlauben.

Union war zu Beginn durchaus bemüht, diese Marschroute mit hohem Pressing umzusetzen, überließ dann aber bereits früh in der Partie dem VfB den Ball. Auch den Schwaben gelang es kaum, sich gegen die defensivstarken Gäste namhafte Chancen aus dem Spiel zu erarbeiten. Stattdessen verließ man sich auf Standardsituation – und das machte sich beinahe bezahlt.

Erst scheiterte Dan-Axel Zagadou (14.) nach einer Freistoß-Flanke von Hiroki Ito am stark reagierenden Frederik Rönnow im Berliner Tor, knapp zehn Minuten später versuchte es Ito (25.) dann selbst aus der Distanz – wieder war Rönnow zur Stelle. Union konzentrierte sich in dieser Phase darauf, nach eigenem Ballgewinn schnell in die Spitze zu spielen, scheiterte jedoch immer wieder am guten Stuttgarter Stellungsspiel.

Stuttgart nutzt seine Chancen nicht

Stattdessen blieben die Schwaben am Drücker und kamen durch Guirassy (34.) auch zu ihrer ersten großen Chance aus dem Spiel heraus. Der Stürmer kam nach einer Hereingabe von Tiago Tomas mit dem Kopf an den Ball und verfehlte das gegnerische Tor nur um Zentimeter. Erst kurz vor der Pause verzeichnete dann auch Union durch Jaeckel (45.) seinen ersten gefährlichen Abschluss.

Nach der Pause intensivierten die Berliner ihre Offensivbemühungen, dem Spiel des VfB tat dies jedoch keinen Abbruch. Die Schwaben kamen unter der lauten Unterstützung der 43.250 Fans in der Stuttgarter Arena zu weiteren Chancen, verpassten es jedoch, sich für ihre kämpferische Leistung zu belohnen. Dann traf Jaeckel für Union.

Gladbach gewinnt Derby-Spektakel gegen Köln

Ein Spiel als Seelenwärmer für Borussia Mönchengladbach nach anderthalb schwierigen Jahren: Mit dem 5:2 (2:1) im 95. Erstliga-Rheinderby gegen den 1. FC Köln haben sich die Borussen reichlich Frust von der Seele geschossen. „Ein schöner Borussen-Tag“, schwärmte der nach dem Spiel noch immer sichtlich emotional aufgeladene Kapitän Lars Stindl angesichts eines Siegs, der sogar noch höher hätte ausfallen können. „Das ein oder andere Altbier werden wir uns jetzt genehmigen.“ Im zweiten Sonntagsspiel trennten sich Hertha und Freiburg 2:2 (1:1).

Doppeltorschütze Ramy Bensebaini bedankt sich brav bei Dreifach-Vorlagengeber Jonas Hofmann: Gladbach schlägt Köln deutlich.
Doppeltorschütze Ramy Bensebaini bedankt sich brav bei Dreifach-Vorlagengeber Jonas Hofmann: Gladbach schlägt Köln deutlich. © Imago / Uwe Kraft

Nach zuvor drei Derby-Niederlagen in Serie kosteten die Borussen den verdienten Erfolg gegen den dezimierten Erzrivalen am Sonntag in vollen Zügen aus. „Derbysieger, Derbysieger“, brüllten Spieler und Fans gemeinsam durch den ausverkauften Borussia-Park und präsentierten wenig später tanzend auf dem Rasen ein Fanplakat mit eben diesem Slogan „Derbysieger“. Die Duelle mit dem Erzrivalen hatten seit 2020 für reichlich Frust gesorgt und standen sinnbildlich für zwei schwierige Spielzeiten unter den Trainern Marco Rose und Adi Hütter.

„Das tut einfach gut nach den letzten 18 Monaten, die nicht einfach für uns waren“, sagte Stindl, der das Spiel mit seinem fulminanten Weitschuss zum 3:1 (47. Minute) kurz nach der Pause entschieden hatte. Da waren die Kölner schon in Unterzahl, weil Florian Kainz, der Marvin Friedrichs Führung (27.) der Borussen per Foulelfmeter ausgeglichen hatte (31.), in der Nachspielzeit der ersten Hälfte Gelb-Rot gesehen hatte.

Gladbachs Bensebaini erholt sich von Werder-Spiel

Kainz hatte seinem Gegenspieler Jonas Hofmann den Ellbogen vor den Schädel gerammt. Den fälligen Strafstoß vollendete Ramy Bensebaini, der in der Vorwoche beim 1:5 bei Werder Bremen noch einen gebrauchten Tag erwischt hatte, souverän (45.+2). In der zweiten Hälfte bekam der FC, der die zuvor letzten drei Derbys gewonnen hatte, „den Arsch voll“ - wie es Kölns Trainer Steffen Baumgart ausdrückte. Erneut Bensebaini (76.) und Marcus Thuram (90.+1) sorgten bei einem Gegentor von Denis Huseinbasic (83.) für klare Verhältnisse, die noch deutlicher hätten ausfallen können.

„Wir haben es auch mit zehn Mann einfach nicht gut gemacht“, klagte Abwehrspieler Timo Hübers. „Wir sind ziemlich frustriert jetzt.“ Zu allem Überfluss droht Dejan Ljubicic eine längere Pause. „Er wird längerfristig ausfallen und ihm geht es scheiße“, berichtete Baumgart, der den Offensivspieler bereits in der ersten Halbzeit nach einem Foul von Bensebaini hatte auswechseln müssen.

„Das ist bitter für uns“, klagte Kölns Sportchef Thomas Kessler nach der höchsten Derbypleite des FC seit April 2011 „Wichtig ist, dass wir bei uns bleiben.“ Mit nun 15 Punkten aus neun Spielen zog Gladbach in der Tabelle wieder an Köln (13) vorbei auf Rang sechs.

Hertha holt Remis gegen Freiburger Überflieger

Unbeeindruckt vom großen Knall um Investor Lars Windhorst hat Hertha BSC derweil einen Achtungserfolg gegen die Überflieger des SC Freiburg erzielt, den ersten Heimsieg in der Fußball-Bundesliga aber verspielt. Gegen den Europa-League-Starter mussten sich die Berliner trotz einer couragierten Leistung mit einem 2:2 (1:1) begnügen. Für Hertha war es bereits das vierte Remis in Serie.

Herthas Dodi Lukebakio sorgte immer wieder für Offensivschwung. Für den Sieg gegen Freiburg reichte es aber nicht.
Herthas Dodi Lukebakio sorgte immer wieder für Offensivschwung. Für den Sieg gegen Freiburg reichte es aber nicht. © Imago / Contrast

Daniel-Kofi Kyereh (22.) und Kevin Schade(78.) trafen für Freiburg. Dodi Lukebakio (34., Handelfmeter) und Suat Serdar (61.) hatten das Spiel für Hertha zwischenzeitlich gedreht. Freiburg verpasste die Chance, sich in der Spitzengruppe weiter von den Top-Teams Bayern München und Borussia Dortmund abzusetzen.

„Wir müssen zufrieden sein. Wir hätten das zweite Tor nachlegen können, mit dem Elfmeterpfiff hat sich aber das Blatt gewendet. Aufgrund der ersten Halbzeit wäre vielleicht mehr drin gewesen“, sagte Freiburgs Matthias Ginter bei DAZN: „Es war intensiv, wir haben unsere ganze Energie rausgehauen.“

Streich fehlte wegen Corona bei Freiburg

Die Freiburger wurden in Berlin von den Assistenz-Trainern Lars Voßler und Julian Schuster betreut. Nach Cheftrainer Christian Streich war auch dessen Vertreter Patrick Baier positiv auf das Coronavirus getestet worden, Streich und Baier reisten wie auch Co-Trainer Florian Bruns nicht an die Spree.

Dort hatte Hertha unter der Woche die Schlagzeilen bestimmt – allerdings nicht aus sportlichen Gründen: Der angekündigte Ausstieg von Investor Lars Windhorst sorgte für reichlich Wirbel. Laut Trainer Sandro Schwarz hatte das Thema aber keinen Einfluss auf die tägliche Arbeit.