Hamburg. Mit Polo Club und Harvestehuder THC stehen erstmals zwei Herrenteams aus der Stadt im EHL-Viertelfinale.

Die zweite Halbzeit war wenige Sekunden alt am Sonntagnachmittag, als Gerd Ruschmeyer vor einer gewaltigen Aufgabe stand. Das Bier war leer getrunken, die Zapfanlage des Getränkestands passte nicht auf die im Clubhauskeller lagernden Ersatzfässer – und nun musste der Präsident des Harvestehuder THC Abhilfe schaffen. Schließlich war spätestens in Minute 43, als Paul Glander für die Hockeyherren des HTHC per Strafecke das spielentscheidende 3:0 gegen den spanischen Vertreter Real Club de Polo gelang, klar, dass eine Siegesfeier anstehen würde.

Um es vorwegzunehmen: Die Getränkeversorgung wurde sichergestellt, und weil sie das größte Problem war, das der Traditionsclub von der Barmbeker Straße bei der Ausrichtung der Qualifikationsrunde zum Final-8-Turnier der Euro Hockey League (EHL) lösen musste, konnte Ruschmeyer ein rundum zufriedenes Fazit ziehen. „Wir haben sportlich sehr erfolgreich abgeschnitten und mit der Ausrichtung eine sehr gute Visitenkarte für das Hamburger Hockey abgegeben“, sagte der seit 2018 amtierende Präsident.

Hervorragende Stimmung beim Hockey

Tatsächlich war die Stimmung auf der HTHC-Anlage nicht nur am Sonnabend und Sonntag, als die Schwarz-Gelben sich mit den Siegen über Schottlands Meister Western Wildcats (9:1) und Real Club de Polo (3:0) ihr Ticket für die Endrunde über Ostern 2023 in den Niederlanden sicherten, hervorragend gewesen. Am Donnerstag und Freitag hatten auch Fans und Spieler des Hamburger Polo Clubs einen gehörigen Teil zum Gelingen der Veranstaltung beigetragen.

Bei seiner internationalen Premiere gelang dem deutschen Vizemeister mit Siegen über Englands Vizemeister Wimbledon HC (4:0) und Irlands Champion Lisnagarvey HC (7:1) souverän der Sprung ins Final-8-Turnier. Zum ersten Mal in der Geschichte des seit 2007/08 ausgetragenen Formats, das den Europapokal der Landesmeister ersetzte, stehen deshalb zwei Hamburger Herrenteams in der Runde der letzten acht.

Weil der deutsche Meister Rot-Weiß Köln direkt qualifiziert war – und sein deshalb zeitgleich zum Europacup ausgetragenes Bundesligaspiel beim Uhlenhorster HC nach 3:0-Führung noch 3:4 verlor –, sind zudem zum erst dritten Mal nach 2013 und 2019 drei deutsche Mannschaften in der Endrunde dabei, die von Bloemendaal, Pinoké (beide Niederlande), Terrassa (Spanien), RC Brüssel und Gantoise (Belgien) komplettiert wird.

„Nah an der Perfektion“

Chancenlos reist das Hamburger Duo keinesfalls an. Polos 4:0-Gala gegen Wimbledon bezeichnete Cheftrainer Matthias Witthaus zu Recht als „nah an der Perfektion, das ist der Maßstab, an dem wir uns messen müssen.“ Dominant in der Spielführung, brandgefährlich im Umschaltspiel und mit dem Neuseeländer Kane Russell, der fünfmal traf, mit einem der weltbesten Eckenschützen gesegnet – der einzige Bundesligist aus dem Hamburger Westen setzte einen weiteren Meilenstein in seiner Geschichte und darf sich ohne Einschränkung auf seine erste EHL-Endrundenteilnahme freuen.

Der HTHC wiederum, der den Wettbewerb 2014 gewann und 2016 Rang drei belegte, konnte mit gehörigem Stolz nicht nur seine geschlossene Teamleistung zelebrieren, sondern auch auf die eigene Nachwuchsarbeit blicken. Mit den beiden 17-Jährigen Paul Glander, der mit insgesamt vier Toren zu glänzen wusste, und Ben Hasbach, der gegen die Spanier per Strafecke das wichtige 1:0 markierte, hat Cheftrainer Christoph Bechmann zwei Rohdiamanten im Kader.

Da konnte sich sogar Toptorjäger Michael Körper nach seinen vier Treffern gegen die Schotten tags darauf eine Torflaute erlauben. „Es war eine phänomenale Leistung des gesamten Teams, aber man muss schon ein exzellentes Talent besitzen, um wie Paul und Ben in dem Alter auf diesem Niveau zu bestehen“, lobte Bechmann.