Hamburg. Die Turnierbotschafterin muss nach einer Verletzung aufgeben. Carlos Alcaraz zieht ins Viertelfinale der Hamburg European Open ein.

Als sie rücklings vor ihrer Bank im Sand lag, vor ihre eine Physiotherapeutin, die eifrig das linke Bein ihrer Patientin bearbeitete, da schwante den rund 3500 Fans auf dem Center-Court, dass dieser Arbeitstag kein schönes Ende nehmen würde für Andrea Petkovic.

Mit 0:6 lag die Weltranglisten-67. aus Darmstadt zurück in ihrem Viertelfinalmatch gegen die topgesetzte Estin Anett Kontaveit (26) bei den Hamburg European Open am Rothenbaum, als sie wegen einer bei einem Ausfallschritt kurz zuvor erlittenen Beinblessur um eine Behandlungspause bat. Zwar versuchte die 34-Jährige noch einmal alles, kurz darauf jedoch gab sie beim Stand von 0:2 im zweiten Satz auf.

Tennis: Andrea Petkovic vermutet Zerrung

„Die genaue Diagnose folgt erst am Freitag, aber ich vermute eine Zerrung im Adduktorenbereich“, versuchte sich Petkovic an einer Einschätzung. Im Frühjahr hatte sie bei den Mastersevents in Indian Wells und Miami wegen einer ähnlichen Blessur nicht antreten können. „Da war es deutlich schmerzhafter, mir geht es okay. Aber ich wollte nichts riskieren“, sagte die Hessin, die eingestand, auch vor dem Unfall chancenlos gewesen zu sein.

„Bis es 0:4 stand, war ich vollkommen fit, und trotzdem sind die Bälle links und rechts eingeschlagen. Anett hat wirklich ein starkes Match gespielt. Ich traue ihr den Titel zu“, sagte Petkovic. In den vergangenen Tagen hatte sie über eine schwere Ellbogenreizung geklagt. Nun will sie sich bis zum Finalsonntag auf ihre Rolle als Turnierbotschafterin konzentrieren. „Ich hoffe, dass ich jetzt mehr Aufgaben bekomme, die sich im Sitzen erledigen lassen“, scherzte sie noch.

Francisco Cerundolo als Turnierfavorit

Weder im Sitzen noch im Vorbeigehen wird Kontaveit das Finale erreichen können. Die Weltranglistenzweite muss sich im Halbfinale an diesem Freitag mit der Russin Anastasia Potapowa (21) auseinandersetzen. Die Weltranglisten-63., die im April in Istanbul ihren ersten WTA-Titel gewinnen konnte, setzte sich in beeindruckend souveräner Manier mit 6:1, 6:3 gegen die tschechische French-Open-Siegerin von 2021, Barbora Krejcikova (26/Nr. 19), durch. „Der Turniersieg in Istanbul hat mir viel Selbstvertrauen gegeben, und Matches wie das heute zeigen mir, dass ich jede Spielerin schlagen kann“, sagte sie. Im zweiten Halbfinale stehen sich die in der Ukraine geborene Belgierin Marina Sanewska (28/Nr. 72) und Bernarda Pera (27/USA/Nr. 81) gegenüber.

Bei den Herren scheint sich ein unerwarteter Turnierfavorit herauszukristallisieren. Der Argentinier Francisco Cerundolo, den die Herrentennisorganisation ATP nach seinem ersten Titeltriumph am vergangenen Sonntag beim 250er-Event in Bastad (Schweden) als „Spieler der Woche“ ausgezeichnet hatte, setzt seinen Erfolgslauf in Hamburg fort. Der 23 Jahre alte Weltranglisten-30. schoss den mit zunehmender Spieldauer immer mehr verzweifelnden Russen Andrej Rubljow (24/Nr. 8), der 2020 in Hamburg den Titel gewonnen hatte, in derart beeindruckender Weise vom Center-Court, dass der Weg ins Finale nur über ihn gehen dürfte.

Im Viertelfinale trifft der Mann, dessen Bruder Juan Manuel (20) bereits an Nummer 110 der Welt geführt wird, auf den Russen Aslan Karatsew (28/Nr. 37), der in der vergangenen Woche im Mittelpunkt eines Skandals um vermeintlich manipulierte Matches stand. Cerundolo stammt aus einer extrem sportlichen Familie, seine Schwester Constanza gewann 2018 mit Argentiniens Hockeydamen Gold bei den Olympischen Jugendspielen. „Aber ich bin der größte Wettkämpfer in der Familie und so stolz, beim meinem ersten Auftritt hier im Viertelfinale zu stehen“, sagte er.

Am späten Donnerstagabend kämpfte sich der spanische Shootingstar Carlos Alcaraz (19/Nr. 6) gegen den serbischen Vorjahresfinalisten Filip Krajinovic (30/Nr. 43) ins Viertelfinale. Beim 7:6 (7:4), 6:3 zeigte Alcaraz noch nicht sein bestes Level, war in den entscheidenden Phasen aber der aggressivere Spieler und deutete an, warum viele in ihm den kommenden Dominator des Welttennis sehen.