Essen. Sollen Fußballerinnen so viel verdienen wie männliche Profis? Olaf Scholz schaltet sich ein, DFB-Direktor Bierhoff sieht Redebedarf.

Zu gerne hätte sich Oliver Bierhoff im Stadion nur das Spiel angesehen, sich mit den deutschen Fußballerinnen über den 2:0-Sieg bei der EM über Spanien gefreut. Doch die Gedanken des 54-Jährigen, der als DFB-Direktor für die Nationalmannschaften zuständig ist, drehten sich nicht nur ums Sportliche, sondern wieder auch um die geforderte gleiche Bezahlung von Fußballerinnen und Fußballern. Gesorgt hatte dafür diesmal sogar der Bundeskanzler.

DFB: Frauen erhalten 60.000 Euro für EM-Sieg

Olaf Scholz (64) hatte vor dem Spiel getwittert: „Wir haben 2022. Frauen und Männer sollten gleich bezahlt werden. Das gilt auch für den Sport, besonders für Nationalmannschaften.“ Bierhoff lud den SPD-Politiker daraufhin zu einem Austausch über die wahren Bedingungen ein. „Da werden viele Dinge verdreht“, sagte der Europameister von 1996 und verwies auf einen „genauso großen Trainerstab“ von Frauen wie Männern.

Stein des Anstoßes sind die Prämien, die der DFB im Erfolgsfall ausschüttet: Für einen EM-Sieg hätte jeder Nationalspieler im vergangenen Jahr 400.000 Euro bekommen, bei den Frauen wären für den Titel in England 60.000 Euro fällig. Eine Rekordsumme, mit der auch die Spielerinnen weitgehend zufrieden sind. Während andere Verbände (Spanien, Niederlande) gleich hohe Prämien verteilen, herrscht in Deutschland eine ungerechte Diskrepanz, so der reflexartige Tenor.

Verbunden damit ist der Ruf nach Equal Pay, der geschlechtergleichen Bezahlung. Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg (54) wünscht sich zwar eine Angleichung, „aber es ist nicht möglich, dass die Frauen für einen Titel 400.000 Euro bekommen“. Die Uefa schüttet bei dieser Frauen-EM 16 Millionen Euro aus, bei den Männern waren es zuletzt 331 Millionen Euro.

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Prämie hier, Gehalt da – darin liegt der Unterschied in der Diskussion. Der Sport unterliegt den Gesetzen der Ökonomie, und die Männer erzielen drastisch höhere Zuschauerzahlen wie auch nicht vergleichbare Werbeeinnahmen. In der Saison 2020/21 erlösten die zwölf Klubs der Frauen-Bundesliga zusammen 15 Millionen Euro, im Schnitt betrug das jeweilige Minus laut DFB-Finanzreport aber 1,3 Millionen Euro. Trotzdem liegt der Monatslohn von Top-Spielerinnen in Wolfsburg oder München im niedrigen fünfstelligen Bereich.

Beide Klubs können es sich erlauben, das Defizit auszugleichen, weil über die Männer genug Geld eingenommen wird. Nationalspielerin Lina Magull forderte aber unlängst, dass jeder Bundesligist seinen Spielerinnen einen Mindestlohn von bis zu 3000 Euro zahlen sollte, damit diese nicht mehr nebenher arbeiten gehen müssten. Wie das die SGS Essen oder der SC Sand, die nicht im Profibereich der Männer vertreten sind, stemmen sollen, verriet die 27-Jährige allerdings nicht.