Hamburg. Bei der Feldhockey-WM in den Niederlanden und Spanien wechselt die Hamburger Nationalspielerin aus der Innenverteidigung in den Sturm

Das offizielle deutsche Wort für das, was sie auszeichnet, lautet Mehrfachaufgabenperformanz. Neudeutsch sagt man Multitasking, aber um es einfach zu erklären, braucht es drei Worte: Sie kann alles. Und das ist es, was Hanna Granitzki als ihre größte Stärke beschreibt. „Mein Vorteil ist, dass ich überall spielen und auch während eines laufenden Spiels die Position wechseln kann. Mir macht das total viel Spaß, und wenn ich damit der Mannschaft helfen kann, ist das doch richtig cool“, sagt die 24-Jährige, die bei der am Sonnabend beginnenden Feldhockey-WM in den Niederlanden und Spanien unter besonderer Beobachtung steht.

Der Grund dafür ist ihre Vielseitigkeit. Nach vier Jahren als Innenverteidigerin, was sie für ihren Hamburger Bundesligaverein Club an der Alster auch weiterhin spielt, soll Hanna Granitzki bei diesen Welttitelkämpfen nun nicht mehr Tore verhindern, sondern selbst vorbereiten und schießen. „Das moderne Hockey ist ein Defensiv- und Konterspiel. Mit Hanna haben wir eine der weltbesten Verteidigerinnen, die aber auch torgefährlich ist. Deshalb brauche ich sie mit ihren Fähigkeiten jetzt in der Offensive“, sagt der Hamburger Bundestrainer Valentin Altenburg (41), der die zweimalige Vizeeuropameisterin schon aus seiner Zeit als Alster-Co-Trainer bestens kennt und den Positionswechsel initiiert hat.

Der Grund dafür, dass Hanna Granitzki kaum Umgewöhnungszeit benötigte, liegt in der Jugend. Bei ihrem Heimatverein Uhlenhorster HC und in den deutschen U-Nationalteams spielte sie im Angriff, erst nach ihrem Premierenjahr in der Bundesliga rückte sie ins Mittelfeld und nach ihrem Wechsel zu Alster im November 2015 schließlich in die Innenverteidigung. Auf die Frage, welche Position ihr die liebste sei, gibt sie eine Antwort, die jeder Trainer gern hört. „Mir ist es wirklich egal, wo ich spiele. Ein Tor vorzubereiten oder selbst zu schießen gibt mir emotional genauso viel, wie wenn ich in der Abwehr ein Gegentor verhindere“, sagt sie.

Granitzkis neue Rolle bringt Vorteile

Die Vorteile des Rollenwechsels liegen auf der Hand. Die 76-fache Nationalspielerin, eine von sechs Hamburgerinnen im 18er-Kader, kann sich optimal in ihre Gegenspielerin hineinversetzen. Sie weiß, wie sich Stürmerinnen bewegen und was sie tun kann, um die Abwehr zu verwirren. „Trotzdem gab es eine Phase, in der ich mich daran gewöhnen musste, dass ich im Angriff deutlich mehr online sein muss“, sagt sie. Während in der Innenverteidigung eine Spielszene mit einem langen Pass – den Granitzki durchaus auch zu ihren Stärken zählen darf – erst einmal beendet ist, gilt es im Sturm, sofort nach Ballberührung weiter anspielbar zu bleiben und durch viel Laufarbeit die Räume zu öffnen, in die sie als Aufbauspielerin bislang die Pässe hineinschlenzte.

„Ich glaube, dass ich meine defensiven Qualitäten auch im Angriff gut zur Geltung bringen kann“, sagt sie. Dazu zählen ihre Garstigkeit im Pressing, die Lust am Kreieren von Torchancen ebenso wie die am eigenen Abschluss – und die Angstfreiheit in unübersichtlichen Schusskreissituationen. Als Abläuferin gegnerischer Strafecken hat Hanna Granitzki sich die Sorge vor schmerzhaften Begegnungen mit Ball und Gegnerin abtrainiert. „Deshalb werfe ich mich auch gern in jeden Zweikampf rein, um irgendwie an den Ball zu kommen“, sagt sie.

Für die WM, bei der die deutschen Damen in der Gruppenphase in Amstelveen auf Chile (Sa., 16.30 Uhr), Titelverteidiger Niederlande (So., 19.30 Uhr) und Vizeweltmeister Irland (Mi., 16.30 Uhr) treffen, hat sie sich persönlich zum Ziel gesetzt, dem Offensivspiel ihren Stempel aufzudrücken. „Und über ein Törchen würde ich mich natürlich auch freuen“, sagt die Studentin der Wirtschaftspsychologie, die rechtzeitig zum Saisonhöhepunkt den vollen Fokus auf Hockey legen kann. An diesem Freitag plant sie, ihre Bachelorarbeit abzugeben. Das sportliche Meisterstück soll dann in der Finalrunde in Terrassa (Spanien) folgen. Ob in der Innenverteidigung oder im Sturm: Hanna Granitzki ist für alles bereit.

Sportdirektor Christoph Menke-Salz (37) verlässt den Deutschen Hockey-Bund zum 1. Oktober und wechselt ins Marketing des Fußball-Bundesligisten Borussia Mönchengladbach. Die Nachfolge wird ausgeschrieben.