Hamburg. In der türkischen Süper-Lig gab es einen Überraschungs-Titelträger. Das führte auch in der Hansestadt zu Euphorie bei den Anhängern.

Ja, ist denn schon wieder Sommermärchen? Sätze wie dieser kommen einen in den Sinn, wenn man dieser Tage durch die Hamburger Stadtteile Finkenwerder oder Wilhelmsburg fährt. Flaggen in Weinrot und Blau hängen vor Fenstern und Balkonen, und wer genau hinsieht, erkennt die kunstvoll ineinander verschlungenen Buchstaben T und S. Sie stehen für den Fußballverein Trabzonspor, der am Sonnabend nach einem 2:2 im Heimspiel gegen Antalya die türkischer Meisterschaft gewonnen hat – seit zwölf Jahren war das keinem Verein außerhalb Istanbuls mehr gelungen. Die jahrelange Vorherrschaft der Istanbuler Vereine Galatasaray, Besiktas und Fenerbahce wurde vom Schwarzmeer-Club Trabzonspor sensationell durchbrochen.

Auch deshalb kannte der Jubel bei allen Anhängern nach dem Schlusspfiff im Medical-Park-Stadion keine Grenzen mehr. Tausende stürmten den Rasen, und auch in Deutschland feierten die Anhänger ausgelassen. In Berlin schlängelte sich ein weinrot-blauer Autokorso über den Kudamm, in Hamburg versammelten sich Hunderte Trabzonspor-Fans auf dem Rathausmarkt.

Adem und Kayra (l.) Akman feierten am Wochenende die Meisterschaft auf dem Hamburger Rathausmarkt.
Adem und Kayra (l.) Akman feierten am Wochenende die Meisterschaft auf dem Hamburger Rathausmarkt. © Privat

Fußball-Sensation: Trabzonspor holt ersten Meistertitel seit 38 Jahren

Mit dabei: Kayra und Adem Akman aus Finkenwerder. „Ich bin Trabzon-Fan seit meiner Geburt“, erzählt der 13 Jahre alte Kayra am Telefon, „diese Meisterschaft bedeutet mir alles.“ Gemeinsam mit seinem Vater Adem setzte er sich am Sonnabend mit Fahne und Trikot ins Auto und fuhr in die Innenstadt, um den historischen Sieg zu feiern. Und selbst zum Wochenstart ist das Gefühl des großen Triumphs noch präsent – am heutigen Montag endet für Muslime der Ramadan, das Zuckerfest wird gefeiert und versüßt von einem Titel, den sich zu Beginn der Saison niemand hatte träumen lassen. Für Trabzonspor ist es der erste Meistertitel seit 38 Jahren.

Wobei Adem Akman hier einhakt, das sei nicht ganz richtig, sagt der Hamburger mit türkischen Wurzeln, der das Vereinslogo als Tattoo auf der Wade trägt. „Auch 2011 ist Trabzonspor Meister geworden, doch Fenerbahce hat sich damals den Titel gekauft“, sagt Akman. Tatsächlich sah ein türkisches Gericht dies als erwiesen an, der europäische Fußballverband Uefa schloss Fenerbahce für zwei Spielzeiten aus allen europäischen Wettbewerben aus. Doch die Meisterschaft blieb Trabzonspor trotzdem versagt. Ein Vorgang, der an keinem Fan spurlos vorbeiging.

In Finkenwerder zeigten die Fans von Trabzonspor, wie glücklich sie über die Überraschungs-Meisterschaft sind.
In Finkenwerder zeigten die Fans von Trabzonspor, wie glücklich sie über die Überraschungs-Meisterschaft sind. © Iris Mydlach

„Es ist eine außergewöhnliche Saison“, hatte schon vor Wochen Stürmer Emrehan Gedikli im Gespräch mit dem Online-Portal "Transfermarkt“ gesagt. Gedikli war in der vergangenen Transferperiode von Bundesligist Bayer 04 nach Trabzonspor gewechselt und erzählte von einer Stadt, die sich kollektiv Richtung Saisonfinale fieberte, von Bushaltestellen, die aussehen wie die Auswechselbänke im Stadion. Und von Ampeln mit der Aufschrift „Dieses Jahr ist es soweit".

Nun ist der Titel tatsächlich da. Für Adem und Kayra Akman wird es ein unvergessliches Wochenende bleiben.