Hamburg/Flensburg. Zuerst sah es gut aus für den HSVH: Die Hamburger hielten 45 Minuten mit und gingen dann wegen altbekannter Fehler 23:33 unter.

Torsten Jansen ist ein Mensch, der unter normalen Umständen in sich ruht. Wer den Trainer des HSV Hamburg (HSVH) aber etwas genauer kennt, weiß auch, dass ihn bestimmte Dinge in einem Handballspiel erzürnen. Fehlende Disziplin und Eigensinnigkeit zum Beispiel. Blöd nur aus Hamburger Sicht, dass sich der Aufsteiger bei der 23:33 (14:15)-Pleite bei der SG Flensburg-Handewitt am Sonnabendabend in der Schlussviertelstunde eben jene fehlende Disziplin und Eigensinnigkeit zum wiederholten Mal in den vergangenen Wochen leistete.

„Wenn jeder denkt, dass er noch mal eine besondere Sache machen muss, dann läuft es so, wie es heute gelaufen ist“, mopperte Jansen. Nicht die verlorenen zwei Punkte störten ihn – die Partie bei der SG, einem Bundesliga-Spitzenteam, war für den Aufsteiger nur ein Bonusspiel.

Handball: HSVH machte zuerst ein starkes Spiel

Vielmehr nervte Jansen die Art, wie sein Team 45 Minuten lang vor 5222 Zuschauern in der Flens-Arena mithielt (20:22/45.), dann aber vollkommen zusammenbrach. „Ab der 45. Minute hat der eine noch mal eine Idee, dann hat der andere noch mal eine Idee und hinten haben wir auch noch mal eine Idee. Das sind dann drei Ideen, die nicht funktionieren und in einem 0:4-Lauf münden. Das ist einfach ärgerlich“, sagte er.

Insbesondere in der ersten Halbzeit hatte das Jansen-Team, bei dem zwar die Kapitäne Lukas Ossenkopp und Niklas Weller nach ihren Verletzungen wieder dabei waren, dem mit Manuel Späth (Rückenprobleme) und Tobias Schimmelbauer (krank) aber wichtige Defensivpfeiler fehlten, ein starkes Spiel gemacht. Vorne spielte der HSVH geduldig, entnervte die auf kompromisslosen Tempohandball ausgerichteten Gastgeber nach mitunter quälend langen Positionsangriffen mit präzisen Abschlüssen. Hinten packten Weller und Azat Valiullin gegen Nationalmannschaftskapitän Johannes Golla zu, meldeten den Kreisläufer in Halbzeit eins komplett ab.

Weller musste Schwerstarbeit leisten

„Wir haben 45 Minuten lang ein gutes Spiel gemacht und gezeigt, was wir können. Wir haben stark zusammen verteidigt und vorne zusammen die Aktionen gemacht“, sagte Weller, der nach seinem erst vor drei Wochen erlittenen Außenbandriss und Innenbandanriss nur wenige Einheiten mit der Mannschaft absolviert hatte und über weite Strecken des Spiels Schwerstarbeit leisten musste.

Schwindende Kräfte allein konnten jedoch nicht als Entschuldigung für den Leistungseinbruch Mitte der zweiten Hälfte gelten. „Hinten verlieren wir in der letzten Viertelstunde die Kompaktheit und das gemeinsame Verteidigen. Dann sieht jeder individuell scheiße aus gegen die individuelle Klasse von Flensburg“, sagte Weller trocken. Auch Torhüter Johannes Bitter war mit lediglich vier Paraden kein Faktor.

Fehler der Hamburg schon altbekannt

Die SG zeigte beim Hamburger Einbruch, was eine Spitzenmannschaft auch ausmacht: Konstanz. „Flensburg sieht man nicht an, ob sie führen oder zurückliegen. Es ist auch egal, ob sie die 15. oder 54. Minute spielen, sie ziehen ihr Ding durch. Da kann man nur von lernen“, sagte Jansen, der mit ansehen musste, wie seiner Mannschaft das Spiel Ballverlust für Ballverlust aus den Händen glitt.

Besonders ärgerlich aus Hamburger Sicht war, dass die Fehler ab der 45. Minute alles andere als neu waren. Bereits im Hinspiel (27:33) hatte der HSVH das Spiel gegen den Champions-League-Teilnehmer lange offen gehalten, ehe Mitte der zweiten Hälfte der Einbruch folgte. Auch in den vergangenen beiden Ligaspielen machte der Aufsteiger zu viele technische Fehler. Gegen Abstiegskandidat HBW Balingen-Weilstetten resultierte daraus eine 23:28-Heimblamage, wobei die Partie bereits mit einem einzigen Einbruch begann und schnell verloren war.

Handball: Hamburger „produzieren technische Fehler"

Bei der TSV Hannover-Burgdorf schnupperte der HSVH ebenfalls lange an einem Auswärtssieg, ehe falsche Entscheidungen in den Schlussminuten für eine bittere 27:29-Niederlage sorgten. Beispielhaft zu nennen ist unter anderem Linksaußen Casper Mortensen, der in Flensburg zwar mit sieben Toren bester HSVH-Werfer war, sich jedoch wie in Hannover unnötige Würfe aus dem Rückraum nahm, die zu selten den Weg ins Ziel fanden.

„Wir produzieren technische Fehler, machen vorzeitige Abschlüsse, verlieren den Zugriff in der Abwehr“, beschrieb Weller die zweite Halbzeit in Flensburg. „Das stört und nervt, da wir das in letzter Zeit häufiger haben. Die Aneinanderreihung der Spiele mit technischen Fehlern ist ein Fakt. Das müssen wir schleunigst abstellen.“ Nächste Gelegenheit, auch Trainer Jansen einen geringeren Blutdruck zu verschaffen, ist das Heimspiel gegen Kellerkind TuS N-Lübbecke am kommenden Sonntag (16.05 Uhr/Sky).

Tore HSVH: Mortensen 7, Andersen 4, Axmann 4, Bauer 3, Wullenweber 3, Theilinger 1, Forstbauer 1, Ossenkopp, Bergemann, Gertges, Feit, Valiullin, Weller.

Tore Flensburg: Wanne 8, Einarsson 6, Gottfridsson 4, Golla 3, Steinhauser 3, Sogard 3, Larsen 3, Hald Jensen 1, Hasenkamp 1, Svan 1, Lindskog, Jakobsen.