Hamburg. Der Deutsche Tennis-Bund (DTB) will den Standort Hamburg weiter stärken. Was der Verband in der Hansestadt plant.

Gefeiert wurde erst am Sonnabendabend in einem traditionellen brasilianischen Restaurant. Auf dem Platz des Stadions in Rio de Janeiro, in dem 2016 um olympische Medaillen gekämpft worden war, hatte Tokio-Olympiasieger Alexander Zverev nach seinem 6:1, 7:5-Sieg über Thiago Monteiro (27), mit dem er den deutschen Tennisherren im Qualifikationsduell mit Brasilien den 3:1-Sieg und den damit verbundenen Einzug in die Gruppenphase des Daviscups gesichert hatte, keine Lust zum Feiern gehabt.

Hamburger Tennisprofi Zverev kritisiert Publikum

Der 24-Jährige war erbost über das teils unfaire Verhalten des Publikums. „Wir wurden hier die ganze Zeit ausgebuht, was noch hinzunehmen ist. Aber die Zuschauer haben eine Grenze überschritten. Du kannst mich hassen, mich nicht mögen. Aber wenn es gegen deine Familie geht oder gegen einen, den du liebst, dann ist es irgendwann genug“, begründete der Weltranglistendritte seinen ausgebliebenen Jubel.

DTB will Zwischenrunde in Hamburg austragen

In der Zwischenrunde darf der gebürtige Hamburger auf deutlich mehr Unterstützung der Zuschauer hoffen. Wie das Abendblatt erfuhr, hat der Deutsche Tennis Bund (DTB) sich über den österreichischen Promoter Emotion Group mit dem Hamburger Rothenbaum als Austragungsort für eine Zwischenrundengruppe beworben.

Gespielt werden soll die Runde der letzten 16 Teams vom 14. bis 18. September in vier europäischen Städten. Jeweils vier Teams treten in einer Gruppe gegeneinander in Duellen mit je zwei Einzeln und einem möglichen Entscheidungsdoppel an. Die Ersten und Zweiten der Gruppen erreichen die Endrunde, die vom 23. bis 27. November in Abu Dhabi, der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate, ausgetragen werden soll.

Zverev soll am Hamburger Rothenbaum aufschlagen

Der besondere Coup daran: Zverev, der dem 2019 von der Investmentgruppe Kosmos um den spanischen Fußballprofi Gerard Piqué (35) veränderten Format des traditionellen Teamwettbewerbs bislang nichts abgewinnen konnte, wäre bereit, in seiner Heimatstadt aufzuschlagen.

„Er hat sein Interesse bekundet und würde gern helfen, dass wir die Endrunde erreichen, wenn am Rothenbaum gespielt würde“, sagte DTB-Präsident Dietloff von Arnim dem Abendblatt.

Ursprünglich wollte der DTB in der Barclays Arena spielen lassen

Das Interesse an der Ausrichtung hatte der DTB bereits Ende vergangenen Jahres hinterlegt. Kosmos hatte zunächst die Barclays Arena im Volkspark kontaktiert, weil alle Gruppenspiele in der Halle auf Hartplatz ausgetragen werden sollen.

Da Hamburgs größte Multifunktionsarena, in der bis zu 15.000 Zuschauer Platz finden, allerdings mittelfristig ausgebucht ist, brachte der DTB das 2020 für rund zehn Millionen Euro grundsanierte Rothenbaum-Stadion ins Gespräch. Da das Dach über dem Center-Court geschlossen werden kann, erfüllt es die Anforderungen von Kosmos.

Eine temporäre Umrüstung vom traditionellen Sand- auf Hartplatz ist ebenfalls machbar. Einzig für die geforderten zwei überdachten Hartplätze für den Trainingsbetrieb muss mit dem Club an der Alster als Eigentümer des Stadions und Pächter der Anlage an der Hallerstraße eine Lösung gefunden werden.

Daviscup-Team spielte bereits in Hamburg

1994 hatten die Deutschen bereits einmal am Rothenbaum auf einem extra dafür verlegten Hartplatz Daviscup gespielt. Michael Stich, Bernd Karbacher und Karsten Braasch verloren damals 1:4 gegen Russland. Die bislang letzte Davis­cuppartie in Hamburg gab es im September 2012 auf Sand gegen Australien in der Relegation, Deutschland siegte 3:2.

Wie groß die Chance ist, dass Hamburg Ausrichter wird, kann DTB-Präsident von Arnim, der den 3:1-Sieg in Rio live miterlebte, nicht beziffern. Bewerbungen aus England, Spanien, Italien und Frankreich werden erwartet, Russland hatte als Titelverteidiger ebenfalls Interesse, darf aber nach dem Einmarsch in die Ukraine nicht teilnehmen.

Stadt Hamburg sichert finanzielle Unterstützung zu

Sollte Abu Dhabi den Zuschlag für die Endrunde erhalten, könnte die von dort gezahlte Summe dazu führen, dass Kosmos für die Zwischenrunde Abstriche an seinen Forderungen macht. Wie hoch diese bislang sind, darüber herrscht ebenso Stillschweigen wie über die Summe, die die Stadt Hamburg zuzuschießen bereit wäre. „Klar ist, dass die Stadt uns unterstützen wird. Wir sind seit längerer Zeit darüber in Gesprächen“, so von Arnim.

Dass mit der Emotion Group der Promoter zum Zuge kommt, der die Rasenturniere in Stuttgart (Herren) und Berlin (Damen) ausrichtet, und nicht die Familie Reichel als Lizenzinhaber des in diesem Juli erstmals kombinierten Damen- und Herrenturniers in Hamburg, stört Peter-Michael Reichel nicht. „Mit uns hat niemand gesprochen, wir hätten uns aber auch nicht beworben“, sagte er dem Abendblatt. Über die vier Ausrichterstädte soll bis zur Gruppenauslosung am 25. März entschieden werden.

Vor Zverevs zweitem Sieg hatten Kevin Krawietz (30/Coburg) und Tim Pütz (34/Frankfurt am Main) den zweiten Punkt für das deutsche Team geholt. Das Weltklassedoppel gewann gegen Felipe Meligeni Rodrigues Alves und Bruno Soares mit 4:6, 7:6 (7:4), 6:4. „Nach dem Erreichen des Halbfinales 2021 wollten wir unbedingt wieder in die Gruppenphase. Das war das Minimalziel“, sagte Teamchef Michael Kohlmann.