Gelsenkirchen. Seit 2007 ist Gazprom auch Hauptsponsor der Schalker. Aufsichtsrat Warnig tritt zurück. Uefa entzieht St. Petersburg das Champions-League-Finale.

Das erste Statement an einem bemerkenswerten Tag setzte Dimitrios Grammozis. Als der Trainer des FC Schalke 04 am Donnerstagvormittag bei einer Pressekonferenz über die sportliche Lage seiner Profis reden sollte, trug er nicht wie üblich ein Shirt mit der Aufschrift des Hauptsponsors Gazprom, sondern einen neutralen Trainingsanzug. Der ehemalige HSV-Profi nahm vorweg, was der Verein wenig später verfügte: Wegen des Krieges in der Ukraine laufen die Schalker künftig in Trikots ohne Gazprom-Logo auf. Ungeachtet der möglichen finanziellen Konsequenzen distanziert sich Schalke von dem Unternehmen, das mehrheitlich dem russischen Staat gehört.

Auch die Europäische Fußball-Union (Uefa) zieht Konsequenzen aus dem russischen Angriff auf die Ukraine: Bei einer Sondersitzung am Freitag soll St. Petersburg, Heimatstadt von Wladimir Putin und Hauptsitz des Uefa-Sponsors Gazprom, das für den 28. Mai dort geplante Champions-League-Finale entzogen werden.

Seit 2007 ist Gazprom auch Hauptsponsor der Schalker, zuletzt verlängerten sie den Vertrag 2021, der aktuelle gilt bis Juni 2025 – zu üppigen Konditionen. Deshalb hatte sich der Verein mit Äußerungen zuletzt zurückgehalten und nur betont, die Ereignisse genau zu beobachten. Am Donnerstag handelte er.

Zunächst verkündeten die Schalker, dass Aufsichtsratsmitglied Matthias Warnig (66) sein Mandat mit sofortiger Wirkung niedergelegt habe. Seit 2007 beruft Schalkes Aufsichtsrat einen Gazprom-Vertreter, seit 2019 war dies Warnig. Die Personalie war von Beginn an umstritten. Warnig war als hoch dekorierter Geheimagent für die Stasi in der DDR tätig, ist ein enger Vertrauter von Russlands Präsident Wladimir Putin. Er sitzt in den Aufsichtsräten mehrerer russischer Banken und ist seit 2006 Geschäftsführer der Nordstream 2 AG.

Crowdfunding-Aktion könnte den Ausfall ersetzen

Nur wenige Stunden später gaben die Schalker bekannt, dass sie das Gazprom-Logo von ihren Trikots verbannen. Schon am Sonnabend (13.30 Uhr/Sky), wenn der Zweitligist beim Karlsruher SC antritt, wird lediglich „Schalke 04“ auf der Brust stehen. Sowohl in den Fanshops als auch online waren keine Artikel mit Gazprom-Logo mehr erhältlich, dafür von kommenden Montag an das neue Sondertrikot ohne Sponsor. „Wir sind, als wir wach geworden sind, schockiert gewesen von den Bildern, die sich innerhalb Europas abspielen“, sagte Clubsprecher Marc Siekmann. „Wir brauchen Zeit, um zu schauen, was das für Schalke 04 bedeutet.“

Die größte Frage, die Schalke klären muss: Gibt es die Möglichkeit, ganz aus dem Gazprom-Vertrag auszusteigen? Auf der Schalker Internetseite war Gazprom am Donnerstag noch prominent zu sehen. Eine Variante ist eine Crowdfunding-Aktion, um die Einnahmeausfälle bis zum Saisonende zu kompensieren. Die Schalker würden in diesem Fall darauf setzen, dass sich wegen der positiven Außenwirkung Tausende Fans daran beteiligen.

Die Spieler selbst bemühen sich indes um eine professionelle Spielvorbereitung. „Es gibt keinen in unserer Mannschaft, der das, was gerade politisch passiert, ausblendet. Fußball ist ein wichtiger Teil, aber die andere Geschichte ist viel, viel wichtiger. Wir müssen zusehen, dass wir das im Training und in den 90 Spielminuten ausblenden“, sagte Grammozis.