Hamburg. Topscorer Caleb Homesley vergab den Sieg in der letzten Sekunde. Hamburger Basketballer weiter ohne drei Corona-Infizierte.

Caleb Homesley brauchte Trost, als er nach der Schlusssirene enttäuscht Richtung Kabine trottete. Der US-Amerikaner hatte am Sonnabendabend mit dem letzten Wurf die Chance, den Sieg der Hamburg Towers gegen Ratiopharm Ulm perfekt zu machen, doch der 25-Jährige, der während der gesamten 40 Minuten auf dem Court stand, scheiterte aus der Distanz. "Die Uhr lief runter, und ich habe geschaut, welche Optionen sich für mich auftun. Als ich sah, dass noch 2,8 Sekunden zu spielen waren, war es zu spät, zum Korb zu ziehen, also habe ich geworfen", erklärte Homesley.

Am Ende unterlag die Mannschaft von Trainer Pedro Calles (38) in einer dramatischen und hochklassigen Partie mit 90:91 (25:25, 25:24, 13:24, 27:18) gegen Ratiopharm Ulm. Bester Werfer für die Hamburger war vor 682 Zuschauern in der edel-optics.de Arena Center Maik Kotsar (25) mit 24 Punkten.

Corona-Infizierte konnten sich nicht freitesten

Während Trainer Calles am Sonnabend auf die Bank zurückkehrte, nachdem er Freitag über Unwohlsein geklagt hatte, fehlten drei Spieler. Lukas Meisner (26), Ray McCallum (30) und Seth Hinrichs (28), die vor acht Tagen positiv auf das Coronavirus getestet wurden, konnten vor der Partie keinen negativen Test vorweisen. Die Hamburger hoffen, dass die drei Spieler bis zum EuroCup-Spiel gegen Morabanc Andorra am Mittwoch (20 Uhr, MagentaSport) freigetestet werden können.

Zudem musste gegen Ulm auch Nationalspieler Justus Hollatz kurzfristig passen. Das 20 Jahre alte Eigengewächs erlitt im Training am Freitag einen Schlag auf das Knie. "Es gibt noch keine Diagnose. Am Montag machen wir eine MRT-Untersuchung. Wir gehen aber nicht davon aus, dass es etwas Schlimmes ist", sagte Hollatz.

Um den Kader aufzufüllen wurden Center Hendrik Drescher (21) und Forward Jordan Walker (24) vom Kooperationspartner Rist Wedel auf den Spielberichtsbogen geschrieben. Das Duo spielte aber keine Sekunde.

Center Kotsar mit perfekter Quote im ersten Viertel

Dieser personelle Aderlass war gegen das beste Auswärtsteam der BBL - Ulm gewann acht seiner neun Duelle in der Fremde - zunächst nicht zu spüren. Die Towers hielten gegen den Tabellendritten gut mit, boten ein Spiel auf Augenhöhe. Vor allem Center Maik Kotsar (25) bekamen die Ulmer nur schwer in den Griff. Der Este erzielte acht seiner 24 Punkte im ersten Viertel, traf in den ersten zehn Minuten zudem alle seine vier Würfe. Mit einem 25:25 gingen beide Teams in das zweite Viertel.

Und in jenem zweiten Spielabschnitt konnten sich die Hamburger zum ersten Mal ein wenig vom Gegner absetzen. Mit einem erfolgreichen Dreipunktewurf von Robin Christen (30) gingen die Towers in der 14. Minute mit 36:30 in Führung, worauf Gästetrainer Jaka Lakovic (43) sichtlich genervt eine Auszeit nahm. Ohnehin traf das Calles-Team in der ersten Halbzeit herausragend aus der Distanz. Zehn von 17 (59 Prozent) Würfen landeten im Korb.

Homesley überragte mit elf Vorlagen in Hälfte eins

Insgesamt zeigten die Towers vor allem im Offensivspiel eine starke Vorstellung. Angeführt von einem erneut auffälligen Topscorer Homesley (25), der in der ersten Hälfte mit elf (!) Assists vor allem als Vorlagengeber glänzte, konnten sich die Hamburger eine 50:49-Führung zur Halbzeit erspielen.

Dass es eine derart enge Partie war, lag vor allem am schwachen Verhalten unter dem eigenen Brett. Ulm kam allein in den ersten 20 Minuten zu zehn Offensivrebounds. "Wir müssen die Rebounds besser kontrollieren. Ulm kam zu leicht zu Offensivrebounds. Wenn wir das verbessern und weiter so hochprozentig treffen, haben wir eine Chance, das Spiel zu gewinnen", sagte der verletzte Nationalspieler Hollatz in der Pause.

Towers kämpften leidenschaftlich gegen Ulm

Nach dem Seitenwechsel blieb es ein spannendes und intensives Basketballspiel, in dem die Towers ihre starke Wurfquote aus dem ersten Durchgang nicht halten konnten. Mit Fortdauer des Spiels schwanden dem kleinen Kader zunehmend die Kräfte. Die Folge waren viele Ungenauigkeiten und Ballverluste. Nach 40 Minuten standen 14 Turnover in den Statistiken.

Ende des dritten Viertels konnten die Ulmer, die ob des größeren Kaders deutlich konzentrierter und frischer wirkten, einen 13:0-Lauf starten. Offensiv fanden die Hamburger kaum noch Lösungen, lediglich 13 Punkte konnten die Gastgeber im dritten Spielabschnitt erzielen. Mit einem Zehn-Punkte-Rückstand (63:73) ging es in die "Crunch Time". Die Entscheidung? Mit Nichten!

Die Hamburger Hamburger mobilisierten noch einmal alle Kräfte. Mit einem beeindruckenden 14:3-Lauf zu Beginn des vierten Viertels drehten die Towers den Zehn-Punkte-Rückstand in eine Ein-Punkte-Führung (77:76), nach dem herausragende Center Kotsar aus der Mitteldistanz treffen konnte. Von den Fans gab es für diesen leidenschaftlichen Zwischenspurt stehende Ovationen.

Und das Spektakel ging weiter. Mit zwei spektakulären Dreipunktewürfen von Homesley und Jaylon Brown (27) gingen die Towers zwei Minuten vor dem Ende mit 88:81 in Führung. Es entwickelte sich ein packender Abnutzungskampf zweier Mannschaften, die sich alles abverlangten.

76 Sekunden vor dem Ende hätte Towers-Forward Robin Christen per Korbleger für die Vorentscheidung sorgen können, doch er legte den Ball freistehend vorbei. "Dieser Korbleger wird mich in der Nacht verfolgen. Das war schon eine spielentscheidende Szene. So ehrlich muss ich sein. Der tut weh, den hätte ich reinmachen müssen", gestand Christen offen ein.

So wurde die Schlussphase zur Nervenschlacht. 10,2 Sekunden vor dem Ende gerieten die Towers mit 90:91 in Rückstand. Der letzte Angriff der Partie gehörte dem Calles-Team, doch Homesley verwarf den entscheidenden Wurf. Statt zum Korb zu ziehen, entschied sich der Leistungsträger für den Distanzwurf. "Ich bin kein Freund von hätte, wäre, könnte. Wir haben Caleb den letzten Wurf in die Hände gegeben, und er hat die Entscheidung in der Situation so getroffen", sagte Trainer Calles, der Homesley keinen Vorwurf machen wollte.