Hamburg. In der 2. Handball-Bundesliga waren der HSV Hamburg und der TuS N-Lübbecke auf Augenhöhe. Das hat sich vor dem heutigen Duell geändert.

An den 20. Februar dieses Jahres erinnert sich Torsten Appel noch ganz genau. „Das war ein unglaubliches Spiel. Im Nachhinein war es schade, dass keine Zuschauer da waren“, sagt der Geschäftsführer des TuS N-Lübbecke. Neun Sekunden vor Schluss hatte Lutz Heiny den TuS im Spitzenspiel der 2. Handball-Bundesliga mit 24:25 beim HSV Hamburg bereits zum vermeintlichen Sieg geworfen. Doch HSVH-Torwart Jens Vortmann fummelte den Ball aus dem Netz, Leif Tissier sprintete nach vorne, schloss eine Sekunde vor der Schlusssirene aus rund 14 Metern Entfernung ab, der abgefälschte Ball eierte ins Tor. Ausgleich, Ekstase, der HSVH blieb Tabellenführer in Liga zwei.

Dass vier Monate später beide Teams aufsteigen würden, wusste an diesem Tag noch niemand. „Bei dem Spiel in Hamburg war richtig Schwung drin, vielleicht kommt das am Donnerstag alles wieder hoch“, hofft TuS-Geschäftsführer Appel vor dem Wiedersehen an diesem Donnerstag (19.05 Uhr/Sky) in Ostwestfalen. Doch anders als noch vor neun Monaten befinden sich beide Aufsteiger heute nicht mehr auf sportlicher Augenhöhe.

Handball: Lübbeke-Geschäftsführer über den Etat seines Vereins

Während die Hamburger auf Platz acht im sicheren Mittelfeld stehen, kämpft der TuS auf Platz 15 wie erwartet gegen den Abstieg. „Wir sind mit sechs Punkten im Soll, das ist nach dem ersten Saisondrittel wirklich zufriedenstellend“, sagt Appel. Abgesehen von zwei Siegen gegen die direkten Konkurrenten HBW Balingen-Weilstetten und GWD Minden sowie einem 29:25 über Meister THW Kiel – der mit Abstand größten Überraschung der bisherigen Bundesligasaison – verlor der TuS jedes Spiel.

Gegen die SG Flensburg-Handewitt geriet der Aufsteiger besonders böse unter die Räder. „So ein Ergebnis darf einen nicht wundern, Man bekommt auch mal die Grenzen aufgezeigt“, sagt Appel über die 17:34-Heimschlappe. „Im ersten Saisondrittel war das aber auch das einzige Spiel, in dem wir nicht mithalten konnten.“ Der HSVH hingegen scheint mit fast jedem Gegner mithalten zu können, war gegen Flensburg (27:33) lange Zeit auf Augenhöhe, schlug unter anderem die Rhein-Neckar Löwen 32:27.

Appel: „Unser Etat ist einer der kleinsten Etats dieser Liga“

Betrachtet man die finanziellen Unterschiede zwischen beiden Vereinen, sind die veränderten Kräfteverhältnisse im Vergleich zur vergangenen Zweitligasaison keine Überraschung. Während der HSVH seinen Etat mit dem Aufstieg auf rund vier Millionen Euro verdoppelte, blieb der des TuS etwa gleich. Nach Abendblatt-Informationen handelt es sich um einen Betrag von rund zwei Millionen Euro.

Appel will das nicht bestätigen, sagt aber: „Unser Etat ist in der Ersten Liga ganz, ganz, ganz weit unten anzusiedeln. Einer der kleinsten Etats, die man sich in dieser Liga vorstellen kann.“ Der Geschäftsführer macht keinen Hehl daraus, dass ihm der Mit-Aufsteiger finanziell entlaufen ist. „Natürlich ist man neidisch, wenn man auf die Zahl von vier Millionen Euro guckt“, gibt Appel zu.

Auch strukturell hinkt Lübbecke mächtig hinterher. Auf der HSVH-Geschäftsstelle arbeiten mehr als zehn fest angestellte Mitarbeiter, beim TuS sind es gerade einmal fünf. Auch den Kader konnten die Hamburger im Sommer mit doppelt so vielen Neuzugängen verstärken wie der Mit-Aufsteiger.

Doppel großer Etat heißt nicht gleich doppelt großer Erfolg

Während Lübbecke mit Torwart Havard Asheim vom schwedischen Erstligisten IFK Skövde, Kreisläufer Tin Kontrec von Zweitligist VfL Gummersbach und Mittelmann Luka Mrakovcic vom kroatischen Serienmeister RK PPD Zagreb drei Spieler verpflichtete, die nur Handball-Experten ein Begriff gewesen sein dürften, holte der HSVH gleich sechs neue – darunter Stars wie Keeper Johannes Bitter und Linksaußen Casper Mortensen.

Daran, dass ein doppelt so großer Etat, die doppelte Anzahl an Mitarbeitern und die doppelte Anzahl an Neuzugängen nicht automatisch mit doppelt so großem sportlichen Erfolg einhergehen, glaubt Torsten Appel fest. „Dieses Spiel hat einen besonderen Reiz, die Chancen sind völlig offen“, prophezeit der TuS-Geschäftsführer. Nicht ausgeschlossen, dass es erneut ein denkwürdiger Abend wird – so wie zuletzt am 20. Februar in der Sporthalle Hamburg.