Leipzig. Der Titelverteidiger wird bei der Endrunde Dritter und will in der nächsten Saison verstärkt auf den eigenen Nachwuchs setzen.

Bittere Niederlagen machen auch die stärksten Männer schwach. Losseni Koné, 190 Zentimeter groß, 110 Kilogramm schwer, kauerte in sich zusammengesunken auf einer Bank in der Sporthalle Brüderstraße in Leipzig, sein Blick ging ins Leere. Mit 5:9 hatte der Superschwergewichtler mit dem Hamburger Judo-Team (HJT) bei der Endrunde um die deutsche Mannschaftsmeisterschaft in Leipzig das Halbfinale gegen Rekordmeister TSV Abensberg verloren, die Mission Titelverteidigung war damit früh beendet.

„Die Enttäuschung ist schon groß“, sagte der 20-Jährige, „aber das Ergebnis ist deutlicher, als die Kämpfe es waren.“

Hamburger Judo-Team fehlt das Glück

Mit dieser Analyse hatte das beim SC Alstertal-Langenhorn ausgebildete Toptalent zweifelsohne recht. Zwar lieferte Koné im zweiten der je sieben Kämpfe umfassenden Durchgänge mit seinem Ippon-Sieg über Michael Weber den schnellsten Kampf des Tages. Seine Niederlage mit kleiner Wertung gegen Roy Meyer nach 1:41 Minuten der Verlängerung im ersten Durchgang stand dagegen sinnbildlich für viele Duelle, die in beide Richtungen hätten kippen können.

„Wir hatten heute nicht das Glück auf unserer Seite, dennoch hat Abensberg verdient gewonnen“, sagte Dario Kurbjeweit Garcia (27), der in der Klasse bis 100 Kilogramm dem Georgier Beka Gwiniaschwili zweimal durch Ippon unterlag. „Ich habe es nicht geschafft, über mich hinauszuwachsen. Aber man muss auch mal verlieren können“, sagte er.

Hamburger Judo-Team versucht, mit Bronze klarzukommen

Viele Gelegenheiten, das Verlieren zu lernen, hatten sie im HJT in den vergangenen Jahren nicht. 2016 bis 2018 sowie 2020 ging der nationale Mannschaftstitel nach Hamburg, auch in der Vorrunde der wegen Corona erst im August gestarteten Saison 2021 holte die Auswahl von Cheftrainer Slavko Tekic (51) die Nordmeisterschaft.

Dennoch bemühte sich Prof. Rainer Ganschow, Präsident des Hamburger Judoverbands und HJT-Chef, um eine angemessene Einordnung des Erreichten. „Für einen dritten Platz muss sich niemand schämen, auch wenn gerade alle enttäuscht sind. Bronze war vor der Saison unser Ziel, das haben wir erreicht“, sagte er.

Judo-Bronze ist sogar ein Erfolg

Unter den Voraussetzungen, mit denen das HJT in die Endrunde startete, darf Platz drei als Erfolg gewertet werden. Mit Dominic Ressel (28/bis 81 kg/Schulteroperation), Olympiadritter von Tokio im Team, und Yerrick Schriever (20/bis 73 kg), der wegen einer Corona-Erkrankung seiner Freundin in Quarantäne musste, fehlten zwei Punktegaranten, was angesichts der Vorschrift, dass zehn der 14 Kämpfe von Deutschen bestritten werden müssen, ein Rückschlag war.

Moritz Plafky (25/bis 60 kg) und Max Münsterberg (29/bis 90 kg) gingen ebenso verletzt in ihre Kämpfe wie der georgische Weltmeister Luchumi Tschschwimiani (27/bis 66 kg), der dennoch überraschend Manuel Scheibel durch Ippon unterlag. „Die Jungs haben alles gegeben, mehr war gegen die starken Abensberger nicht drin“, sagte Tekic. Abensberg gewann im Finale den 22. Titel mit 9:5 gegen KSV Esslingen.

Hamburger Judo-Team setzt auf Nachwuchs

Für die kommende Saison soll im HJT noch stärker auf den eigenen Nachwuchs gesetzt werden. Talente wie Koné und Yerrick Schriever sollen zu Leistungsträgern werden, mit Schrievers Bruder Lasse (18) rückt im 90-kg-Limit ein Hoffnungsträger nach. Mohammad Schwäbisch (20) und Dennis Mauer (20) traut Slavko Tekic in der 81-kg-Klasse ebenfalls Großes zu.

„Wir werden 2022 den Fokus noch mehr auf Hamburger legen und ein starkes Team an den Start bringen“, sagte Ganschow, der hofft, den in dieser Saison auf 25.000 Euro geschrumpften Etat wieder erhöhen zu können, wenn die Corona-Krise auch die Sponsoren aus ihrem Würgegriff freigibt.

Und so hatte, bevor es per Kleinbus zurück nach Hamburg ging, auch Losseni Koné seinen Kampfgeist wiedergefunden: „Das Zusammengehörigkeitsgefühl bei uns ist so groß, da lassen wir uns von diesem Rückschlag nicht umwerfen.“