Tokio. Der scheinbar sichere Medaillenkandidat Michael Jung kassiert elf Strafpunkte im olympischen Gelände in Tokio. Stattdessen glänzt im Team der deutschen Vielseitigkeit seine Teamkollegin.

Auf der ehemaligen Müllhalde war an Hindernis 14C der Traum vom Gold-Hattrick bei Olympia beendet.

Michael Jung berührte mit seinem Pferd Chipmunk beim olympischen Geländeritt eine Ecke mit Bürsten, kassierte wegen des Auslösens eines Sicherheitssystems elf Strafpunkte und rutschte auf Platz zehn zurück. Ein Protest blieb erfolglos. Da dadurch auch das Team in Tokio weit zurückfiel, besitzt der Olympia-Einzelsieger von 2012 und 2016 nur noch eine minimale Medaillenchance - im Gegensatz zu Julia Krajewski.

Galaauftritt von Krajewski

Die 32-Jährige aus Warendorf hatte als Startreiterin mit ihrer elfjährigen Stute Amande einen Galaauftritt gezeigt. Vor dem abschließenden Springen am Montag (10.00 Uhr) liegt die 32-Jährige aus Warendorf mit nur 25,60 Strafpunkten auf dem Silber-Rang. Bleibt sie fehlerfrei und der führende Brite Oliver Townend hat mit Ballaghmor Class (23,60) in einer der zwei Runden einen Abwurf, wäre es sogar Gold. "Ich glaube, wir haben alles richtig gemacht", kommentierte Krajewski ihren famosen Geländeritt mit Tränen in den Augen.

Anfang des Jahres sei ihr "Vater verstorben, der sich unwahrscheinlich freuen würde, das hier zu sehen", sagte die Reiterin: "Ich bin froh, alle ein Stück glücklich zu machen, die immer alles für mich tun." Bundestrainer Melzer sagte zum greifbar nahen Edelmetall für Krajewski: "Ich würde mich riesig freuen."

Jungs Chancen in der Einzelwertung sind dagegen nach dem Rückfall auf Rang zehn nur noch theoretisch. Seinen elf Punkte teuren Fehler hatte der Reiter gar nicht richtig mitbekommen. Er habe es "in der Situation erst realisiert, als ich den Knall gehört habe", berichtete der siebenmalige Europameister. Er habe "die Ecke ein bisschen berührt, aber lange nicht so, dass ich damit gerechnet hätte, dass sie runterfällt. Erst als ich schon weitergeritten war, hörte ich hinter mir einen Knall."

Protest abgewiesen

Der Protest gegen die Wertung war Stunden später von der Ground Jury abgewiesen worden. Es wurde nach Angaben der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) festgestellt, dass das Auslösen des Sicherheitssystems nicht an sogenannten Clips lag. Diese seien nach dem Ritt des Neuseeländers Tim Price gewechselt worden. Jung sei mit seinem Pferd "über neue Clips" gesprungen, hieß es in einer FN-Mitteilung. Von einer Anrufung des Weltverbands-Tribunals "haben wir in Abstimmung mit dem Reiter und der Teamleitung mangels Erfolgsaussichten verzichtet".

Der 39-jährige Jung setzt nun auf das Team, obwohl es von Rang zwei auf sechs rutschte. "Ich glaube immer noch dran", sagte Jung zur Medaillenchance des deutschen Trios. "Wir müssen weiterkämpfen, wir müssen alle null reiten, am Ende wird abgerechnet", sagte er. "Das Zwischenergebnis ist nicht so schön, aber ich hoffe, dass wir noch um einiges nach vorne kommen."

Überschattet wurde die Geländeprüfung vom Tod des 14 Jahre alten Wallachs Jet Set des Schweizers Robin Godel. Das Pferde hatte sich bei der Landung in der letzten Wasserkombination einen Bänderriss im rechten Vorderbein zugezogen, wie der Dachverband Swiss Olympic erklärte. "Aufgrund der Schwere der Verletzung und den damit einhergehenden Schmerzen musste das Pferd kurz darauf eingeschläfert werden", hieß es in einer Mitteilung.

© dpa-infocom, dpa:210801-99-645432/5