Der Mittelfeldspieler von Real Madrid genießt bei Bundestrainer Joachim Löw und seinen Mitspielern einen hervorragenden Ruf.

Als um 10.42 Uhr die Sirenen heulten, blieb Toni Kroos gewohnt gelassen. Während die Feuerwehrautos auf dem adidas-Gelände ausrückten, verteilte Kroos auch unter Druck lässig die Bälle beim morgendlichen Training der deutschen Nationalmannschaft im Adi-Dassler-Stadion. „Er ist der Spieler, der am schwierigsten vom Ball zu trennen ist, weil er immer die Ruhe behält. Ich habe noch keinen Spieler gesehen, der in diesem Bereich so gut ist“, sagte Turnier-Neuling Robin Koch voller Bewunderung.

Bundestrainer Löw ist seit Jahren ein Kroos-Fan

Joachim Löw schätzt die außergewöhnlichen Qualitäten seines Taktgebers schon seit Jahren und bezeichnete ihn unzähligen Gelegenheiten als „Weltklassespieler“. Seinem Ballmagneten von Real Madrid hat der Bundestrainer daher auch bei der EM eine Schlüsselrolle zugedacht - und Kroos nimmt sie dankend an. „Wir sind stetig im Kontakt“, bestätigte Kroos den engen Austausch mit Löw: „Er versucht, sich ein Gefühl aus der Mannschaft zu holen.“ Und dabei ist die Meinung des 31-Jährigen beim Bundestrainer besonders gefragt.

Kroos geht in sein sechstes großes Turnier mit der DFB-Auswahl und stimmt seine Mitspieler im Turnier-Quartier in Herzogenaurach auf den Hammer-Auftakt gegen Weltmeister Frankreich ein. Der größte Gegner der deutschen Mannschaft sei die gesamte Vorrunde. „Die Gruppe zu überstehen“, betonte Kroos, „wäre erst einmal ein Statement.“

Star von Real Madrid brennt auf Wiedergutmachung

Die Worte des 102-maligen Nationalspielers sind wohlüberlegt, die Erinnerungen an das WM-Debakel 2018 auch beim Mittelfeldstrategen noch präsent. Schon vor dem Turnier in Russland trat Kroos als Mahner auf. „Ich hätte gerne darauf verzichtet, Recht zu haben“, sagte er am Freitag.

Kroos brennt auf die Wiedergutmachung. Er will es seinen Kritikern noch einmal beweisen. Zu langsam, sagen die einen über ihn, andere werfen ihm mangelnde Robustheit im Spiel gegen den Ball und fehlende Leidenschaft vor. „Ich habe mein Spiel nicht verändert und werde das auch nicht tun. Es wird immer so sein, dass wir den Ball haben wollen“, entgegnete Kroos.

Allerdings nimmt er sich inzwischen abseits des Platzes mehr Zeit für die Erholung. „Ich bin mittlerweile in der Gruppe Regeneration angekommen“, scherzte der frühere Münchner. Daher werde man ihn selten bei anderen Sportarten bei einem Turnier „erwischen“.

Gündogan oder Kimmich? Kroos ist es egal

Mit Fußball hat er genug zu tun. Kann er als Doppel-Sechs im Zusammenspiel mit Ilkay Gündogan die starke Offensive der Franzosen stoppen? Oder wäre Joshua Kimmich an seiner Seite doch die bessere Lösung? „Für mich persönlich ändert sich nicht dramatisch viel, weil ich mit beiden gut harmonieren kann. Es sind fantastische Fußballer“, antwortete Kroos.

Es gehe mit der „willigen Mannschaft“ ohnehin darum, als Gesamtpaket „gut zu arbeiten und zu verteidigen“. Man dürfe so „wenig wie möglich den Ball verlieren“. Es müsse jedem klar sein, „was er zu tun hat“.

Gegner Frankreich zählt für Kroos zu „den Top-Favoriten auf den Titel“. Die deutsche Mannschaft stehe „einen Schritt dahinter“, meinte er, aber: „Wir brauchen uns überhaupt nicht zu verstecken.“ Dafür soll auch Kroos mit seiner Ruhe sorgen.