Hamburg/Riga. Gleich vier Protagonisten des WM-Halbfinalisten, der am Sonnabend auf Finnland trifft, haben eine sportliche Beziehung zur Hansestadt.

Am Tag nach dem historischen 3:2-Sieg nach Penaltyschießen gegen die Schweiz stand für die Eishockey-Nationalspieler Akkus aufladen und ein leichtes Training auf dem Programm. Am Sonnabend (17.15 Uhr, Sport1 live) wartet auf die Kufen-Helden mit Finnland das nächste Schwergewicht, dass bei der Eishockey-Weltmeisterschaft in Riga in die Knie gezwungen werden soll.

"Unser Weg ist noch nicht zu Ende, wir freuen uns auf das Halbfinale und schauen, was am Ende dabei rauskommt“, sagt DEB-Sportdirektor Christian Künast (50), der gemeinsam mit Boris Rousson (50) von 2002 bis 2004 ein bei den Fans unglaublich beliebtes Torhüter-Duo bei den Hamburg Freezers gebildet hatte.

Zwei Hamburger Kult-Keeper. Der heutige DEB-Sportdirektor Christian Künast (l.) bildete damals mit Boris Rousson ein äußerst beliebtes Torhüter-Duo.
Zwei Hamburger Kult-Keeper. Der heutige DEB-Sportdirektor Christian Künast (l.) bildete damals mit Boris Rousson ein äußerst beliebtes Torhüter-Duo. © Witters

Der gebürtige Bayer war der perfekte Back-up für den damaligen Stammkeeper Rousson. "Künast ist ein überragender Typ. Ich habe damals bei den München Barons, dem Vorgängerclub der Hamburg Freezers mit ihm zusammengespielt und bin Vizemeister geworden", erinnert sich das Hamburger Eishockeyidol Christoph Schubert (39).

Gemeinsam mit dem aktuellen DEB-Sportdirektor spielte Schubert auch in der Nationalmannschaft. Zusammen liefen sie bei den Olympischen Spielen 2002 in Salt Lake City auf. "Christian war für die jungen Spieler wie mich enorm wichtig. Egal ob er gespielt hat oder nicht, Künast hat immer Vollgas gegeben im Training und war ein Vorbild", sagt sich Schubert.

Hamburger Eishockeyidol Schubert adelt Krämmer

Ohnehin gibt es in der DEB-Auswahl einen kleinen Anteil von Profis, die eine Beziehung zur Hansestadt haben. Allen voran Stürmer Nico Krämmer (28) hat seine ersten großen Schritte in der Deutschen Eishockey-Liga bei den Freezers, für die er von 2012 bis 2016 gemacht. Unter dem damaligen Trainer Benoit Laporte (60), der mittlerweile das Coaching aufgegeben hat und Spieleragent geworden ist, wurde damals schnell aus dem Talent ein wichtiger Spieler für den Hamburger DEL-Club, der 2016 vom Besitzer Anschutz Entertainment Group (AEG) vom Spielbetrieb abgemeldet wurde. "Nico kam als 18-Jähriger zu uns nach Hamburg, und hat seit dem eine unglaubliche Entwicklung durchgemacht. Er ist ein brutales Kampfschwein, dass schnell und körperlich robust ist. Den schiebst du nicht so einfach zur Seite", sagt Schubert, der damals als Kapitän die Entwicklung von Krämmer genau verfolgt hat.

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Dabei tat er sich in Hamburg zunächst schwer. Die damalige sportliche Leitung um Sportchef Stéphane Richer und Trainer Laporte warfen dem Youngster vor, ein wenig zu viel Selbstvertrauen zu haben. Der Glaube an den Stürmer war aber groß. "So viel musste ich als Kapitän gar nicht einwirken. Ach, ein gewisses Selbstvertrauen ist auch in jungen Jahren nicht verkehrt. Nico hat es irgendwann hinbekommen, eine gesunde Mischung zu finden. Ich bin echt stolz auf ihn, wie die Karriere bisher für ihn gelaufen ist", sagt Schubert.

Krämmer wurde in Hamburg zum Nationalspieler

Und so überraschste es auch nicht, dass Krämmer, der der Neffe des früheren Nationalspielers Gerd Truntschka ist, sich zu einem Topspieler entwickelt hat. "Nico hat uns sehr überrascht. Er hat hart an sich gearbeitet und kann ein Kandidat für die Nationalmannschaft werden", sagte Sportdirektor Stéphane Richer (55) im Dezember 2012 dem Abendblatt. Und der Frankokanadier, der aktuell beim DEL-Meister Eisbären Berlin die Fäden zieht, sollte recht behalten.

Nico Krämmer hat sich bei den Freezers in der Deutschen Eishockey-Liga etabliert.
Nico Krämmer hat sich bei den Freezers in der Deutschen Eishockey-Liga etabliert. © Witters

Krämmer, der seit seiner Landshuter Juniorenzeit wegen seines jugendlichen Aussehens den Spitznamen "Pupsi" hatte, wurde in Hamburg zum Nationalspieler. Mittlerweile spielt der 28-Jährige bei den Adler Mannheim.

Eisenschmid stand bei den Freezers unter Vertrag, lief aber nie für den Club auf

Eine ähnliche Entwicklung hatten sich die Hamburger damals auch von Marcus Eisenschmid (26) erhofft. Im April 2013 unterschrieb der damals 18-Jährige einen Dreijahresvertrag bei den Freezers, für die er aber nie spielte. Das Sturmtalent wollte und sollte in der kanadischen Juniorenliga Western Hockey League Erfahrungen sammeln. Als ihm der Durchbruch in Nordamerika verwehrt blieb, unterschrieb er 2018 einen Vertrag bei den Adler Mannheim, wo der sich zu einer festen Größe etabliert hat und auch bei der Weltmeisterschaft zeigt, dass er auf der ganz großen Bühne Akzente setzen kann.

Markus Eisenschmid unterschrieb 2013 einen Dreijahresvertrag bei den Freezers, spielte aber nie für den Hamburger Club.
Markus Eisenschmid unterschrieb 2013 einen Dreijahresvertrag bei den Freezers, spielte aber nie für den Hamburger Club. © Witters

Vierter Ex-Hamburger im Bunde ist Torhüter Niklas Treutle (30), der bisher beim WM-Turnier aber noch nicht zum Einsatz kam. Der Schlussmann der Nürnberg Ice Tigers, den in Hamburg alle nur "Turtle" nannten, schaffte zwischenzeitlich sogar den Sprung in die NHL, wo er für die Arizona Coyotes auflief, sich aber nicht in der besten Liga der Welt etablieren konnte. "Man hat gesehen, dass die Freezers damals ein guter Club für junge Spieler waren. "Turtle" war in der Kabine mein Ziehsohn, der zunächst etwas verkrampft und schüchtern war. Mit ein paar Scherzen hat man ihn aber dann doch aufgelockert bekommen", blickt Schubert zurück.

Der ehemalige Nationalspieler, der selbst an sechs Weltmeiterschaften teilnahm, wird am Sonnabend in jedem Fall die Daumen für die DEB-Auswahl drücken. "Es ist einfach toll zu sehen, dass in der aktuellen Nationalmannschaft doch noch ein wenig Hamburg-Farbe zu erkennen ist. Ich traue den Jungs auch gegen Finnland etwas zu, wenn sie mit derselben Leidenschaft, dem Biss und der Geschlossenheit auftreten", sagt Schubert, der ab 1. Juli Co-Trainer beim Zweitligaclub Heilbronner Falken ist.

Auf diese Tugenden setzt auch die Mannschaft von Bundestrainer Toni Söderholm (43). "In unserer Kabine war es nie eine Frage, dass wir eine gute Chance haben“, sagte Verteidiger Moritz Seider, der beim NHL-Club Detroit Red Wings unter Vertrag steht: „Wir müssen uns nicht verstecken. Wir werden sicher immer eine Chance auf Medaillen haben in den nächsten Jahren, ganz sicher.“

Selbstvertrauen der Kufencracks ist grenzenlos

Selbstbewusst hatten die deutschen Eishockey-Cracks nach ihrem 3:2 nach Penaltyschießen gegen den großen Rivalen Schweiz erklärt, dass ihnen der Gegner im Kampf um den Einzug ins Endspiel am Sonntag egal sei. „Wir wissen, wie gut wir sind. Es ist egal, gegen wen wir spielen. Ich denke, wir haben eine ziemlich gute Chance“, tönte NHL-Stürmer Dominik Kahun von den Edmonton Oilers. Die Finnen folgten den Deutschen am Donnerstagabend mit einem knappen 1:0 gegen Tschechien in die Vorschlussrunde.

Auch der zuvor einzige deutsche WM-Viertelfinalerfolg war gegen die Schweiz gelungen - mit einem 1:0 bei der Heim-WM 2010. Der erneute Sieg in einem K.o.-Spiel gegen die Eidgenossen erinnerte zudem an die Winterspiele von Pyeongchang, als auf dem Weg zur olympischen Silbermedaille in der Viertelfinal-Qualifikation ein knapper Erfolg gelang. Diesmal hießen die Matchwinner Marcel Noebels und Mathias Niederberger.

Sport-Promis drücken DEB-Team fest die Daumen

Begeistert über den Halbfinal-Einzug zeigte sich auch Fußball-Nationalspieler Thomas Müller. „Bärenstarke Leistung, @deb_teams Jungs!! Immer weiter! Viel Glück fürs Halbfinale“, schrieb der gute Freund des früheren Freezers-Profis Thomas Oppenheimer auf Twitter. Die Damen-Chefin im Deutschen Tennis-Bund, Barbara Rittner, schrieb: „Hammercool die Männer @deb_teams unsere Nerven Bravo“.