Hamburg. Clubs in der Metropolregion freuen sich über viele Buchungen und Mitgliederzuwächse – Golf Lounge beklagt 500 ausgefallene Veranstaltungen.

Immer noch! Natürlich hatte sich der Winter bis Ende November noch nicht so vorgewagt, wie man es gewohnt war aus der Zeit vor dem Klimawandel. Und dennoch ist es ungewöhnlich, was Nicole David berichtet: „Die Startzeiten für den Tag waren oft schon kurz nach der Online-Freischaltung morgens um acht vergeben. Und das ist immer noch so“, erzählt die Geschäftsführerin des Golfclubs Hamburg-Walddörfer, „unsere Mitglieder sind sehr spielfreudig, wir werden fast überrannt.“

Während viele Sportarten und Vereine in diesem Jahr teilweise erhebliche Mitgliederverluste beklagen müssen, ist bei den Golfern der gegenteilige Trend zu erkennen. „Es war trotz Corona für den Golfsport ein gutes Jahr“, sagt Dominikus Schmidt, der Geschäftsführer des Hamburger Golf Verbandes (HGV). Möglicherweise muss es aber heißen: Es war wegen Corona ein gutes Jahr.

Mehr Zeit durch die Reisebeschränkungen

„Der Golfsport ist mit seinen großen Flächen im Freien, die es möglich machen, die Abstandsregeln einzuhalten, in diesen Zeiten gut aufgestellt“, sagt Schmidt. Der Verband schließt seine Mitgliederstatistik erst Ende Dezember ab, dann weiß man auch, wie Aus- und Eintritte zueinander stehen. Es zeichnet sich allerdings ein eindeutig positiver Trend ab. Einen Mitgliederzuwachs von 1,56 Prozent auf 8843 hat der Hamburger Sportbund zum 26. November für Golf errechnet. Diese Zahl schließt allerdings nur die Mitglieder in eingetragenen Vereinen ein. Tatsächlich liegt wegen der Betreibergesellschaften wie der Golf Lounge oder dem Golfclub Treudelberg die Gesamtzahl der in Hamburg regis­trierten Spieler bei etwa 21.000. Rechnet man noch die Hamburger hinzu, die in Vereinen in Schleswig-Holstein und Niedersachsen Mitglied sind, beträgt die Gesamtzahl etwa 50.000.

Sie alle haben ihren Sport in diesem Jahr offenbar so intensiv betrieben wie lange nicht mehr. 810 von 1150 Mitgliedern hätten aktiv gespielt, sagt David, „und sie haben auch viele Gäste mitgebracht.“ Viele Menschen haben in diesem Jahr gezwungenermaßen ihre Freizeit eher zu Hause verbracht. „Unsere Mitglieder hatten durch die Reisebeschränkungen und andere Einschränkungen offenbar mehr Zeit“, beobachtete Berthold Apel, der Geschäftsführer des Hamburger Golfclubs Falkenstein: „Der Platz war voll.“ Auch mit überdurchschnittlich vielen Touristen aus den skandinavischen Nachbarländern.

Große Nachfrage

In Falkenstein musste deshalb auch eingeführt werden, was es eigentlich nie gab: feste Startzeiten für neun Löcher von zwei Abschlägen. Das haben praktisch alle Clubs so etabliert, eben auch die, bei denen sonst üblich ist, dass die Mitglieder sich am ersten Abschlag einfach einreihen, bevor sie losspielen können. Doch das ging in diesem Jahr nicht. Nicht nur wegen der Kontaktverfolgung, sondern auch wegen der großen Nachfrage. Der Golfclub an der Pinnau in Quickborn gehört zu den Vereinen, die drei Plätze mit je neun Bahnen besitzen. „Buchungen für 18 Löcher konnten wir nicht mehr zulassen“, sagt Geschäftsführer Daniel Schäfer, „sondern haben nur Neun-Loch-Runden angeboten.“

240 neue Mitglieder konnte der Verein bis Ende November in diesem Jahr aufnehmen, ein durch Austritte bereinigter Nettozuwachs von 82. „Das ist enorm“, so Schäfer. Unter den Neuen seien viele Anfänger, die sich in diesem Jahr entschlossen haben, den Sport wirklich auszuprobieren und zu beginnen. Nicole David berichtet ebenfalls von vielen Neumitgliedern: „Da waren einige dabei, die erzählt haben, dass sie schon oft mit dem Gedanken gespielt haben einzutreten – und es jetzt gemacht haben.“ Bei dem Hamburger Golf-Fachgeschäft Castan waren irgendwann im Sommer sogar die Schlägersätze für Anfänger vergriffen.

In der Golf Lounge sind 500 gebuchte Veranstaltungen ausgefallen

Nur die Golf Lounge an den Elbbrücken kann sich der Euphorie der Clubs und Plätze nicht so recht anschließen. „Wir stehen in dieser Reihenfolge für Event, Freizeit und Golf“, sagt Geschäftsführer und Konzepterfinder Peter Merck, „und die beiden ersten Teile haben in diesem Jahr nicht stattgefunden.“

Die Trainingsanlage und der Platz in Moorfleet waren zwar geöffnet, aber eben der gesamte gastronomische und Barbereich blieb geschlossen. Firmenfeiern, Geburtstage, Partys, eingebettet in einen Golfkontext, machen die wesentlichen Umsätze aus. „60 bis 70 Prozent haben wir verloren“, sagt Merck, „in der Golf Lounge sind 500 gebuchte Veranstaltungen ausgefallen, das ist ein Verlust von rund einer Million Euro. Normalerweise bedeutet das Insolvenz.“ Mit Kurzarbeit, Rücklagen, Einzeltrainingsstunden und etwa 2000 Mitgliedern will er „die Durststrecke überstehen.“