Hamburg. Großvereine verlieren in der Krise am meisten Sportlerinnen und Sportler. Doch es gibt auch Segmente, die Zuwachs verzeichnen.

Der Hamburger Sportbund (HSB) beklagt in Zeiten der Corona-Pandemie erstmals nach Jahrzehnten wieder einen starken Mitgliederrückgang bei seinen Vereinen und Verbänden – abgesehen vom Jahr 2016, als der Verein Sportspaß e. V. mit damals 74.000 Mitgliedern vorgeblich aus politischen und finanziellen Gründen Ende Dezember den HSB verließ.

Gegenüber dem Vorjahr sanken die Mitgliedschaften im Sportbund zum Stichtag 18. November um 3,92 Prozent, von 542.406 im Jahr 2019 auf aktuell 521.118. Die Auswirkungen des neuerlichen Lockdowns für die Monate November und Dezember sind in diesen Daten nicht erfasst.

Corona: FC St. Pauli verzeichnet mehr Mitglieder

Aber es gibt auch Gewinner unter den jetzt 822 Vereinen (Vorjahr 830). Der FC St. Pauli freute sich über einen Zuwachs von 1155 Mitgliedern (plus 3,85 Prozent) auf jetzt 31.146. Unter den zehn größten im HSB organisierten Clubs ist der Zweitliga-Fußballverein der einzige mit einem positiven Saldo an Ein- und Austritten.

Den stärksten Aderlass verzeichnet der Altonaer Turnverband von 1845, der schon 1080 Sportlerinnen und Sportler (minus 13,41 Prozent) in diesem Jahr verlor. Und es könnte noch schlimmer kommen: Am 30. November steht bei vielen Vereinen der nächste Kündigungstermin zum Quartalsende an.

Fitnessstudios leiden besonders

Das grundsätzliche Problem: Die Zahl der Austritte nahm 2020 zwar nur unwesentlich zu, die üblichen Eintritte blieben dagegen wegen des fehlenden oder eingeschränkten Sportangebots weitgehend aus.

Die etwa 330 Hamburger Fitnessstudios, die mit 15 bis 20 Prozent auch in Pandemie-freien Zeiten oft eine mehr als doppelt so hohe Fluktuation wie die meisten Vereine beklagen, waren von der Entwicklung noch stärker betroffen. Sie dürften in diesem Jahr geschätzt um die 45.000 ihrer zuvor gut 300.000 Mitglieder eingebüßt haben. Genaue Zahlen liegen für Hamburg noch nicht vor, bundesweit betragen die Rückgänge um die 15 Prozent.

Fast drei Monate lag der Sportbetrieb in Hamburg in diesem Jahr bereits brach, am 21. Dezember werden es genau 100 Tage. Diejenigen Vereine und Verbände, die über den Sommer weitestgehend ohne Einschränkungen ihren Sport im Freien und auf dem Wasser anbieten konnten, haben unter der allgemeinen Entwicklung am wenigsten gelitten.

Vier Outdoor-Sportarten wachsen

Segler (plus 251 Mitglieder/+2,16 Prozent) und Golfer (plus 136/+1,56 Prozent) erfuhren gegen den Trend eine höhere Nachfrage, auch die Basketballer (plus 56/+0,74 Prozent) und HockeyspielerInnen (plus 7/+0,08 Prozent) schrieben schwarze Zahlen. Da nicht alle Golfclubs gemeinnützige Vereine sind, könnte deren Bilanz noch positiver ausfallen.

Die Mitgliederentwicklung, das ergibt die Auswertung des HSB, hängt auch von der Größe der Clubs ab. Absolut am meisten verloren die (Groß-)Vereine mit mehr als 3000 Sportlerinnen und Sportler – und vereinseigenen Fitnessstudios. Deren Bestand ging von 322.332 (2019) auf 302.023 zurück, das sind 6,30 Prozent.

Stadt zahlt im November 910.000 Euro aus

Den größten Zuwachs registrierte der Sportbund bei den Clubs mit einer Größe zwischen 101 und 250 Mitgliedern – die Zahlen stiegen hier von 24.155 (2019) auf 26.343. Das sind 9,06 Prozent.

Auf die finanziellen Auswirkungen hat die Stadt mit ihrem Nothilfefonds Sport 2 bereits reagiert. Seit dem 6. November gingen 45 Anträge beim Sportamt ein, von denen bisher 38 bewilligt und 910.000 Euro ausgezahlt wurden. Höchstgrenze pro Club: 40.000 Euro. Insgesamt stehen rund vier Millionen Euro zur Verfügung. Ein Fonds über eine Million Euro für Hygienemaßnahmen und Testungen soll demnächst folgen.

Lockdown im November – das sind die neuen Maßnahmen:

  • Private Treffen nur noch mit maximal zehn Personen aus zwei Haushalten
  • Ausnahme: Lex Kindergeburtstag mit Kindern unter zwölf Jahren
  • Kein Sportbetrieb erlaubt, alle Hallen, Fitnessstudios, Schwimmbäder schließen, Ausnahmen für Profis und Kaderathleten
  • Medizinische Reha erlaubt, Friseure offen – Kosmetikstudios, Massagepraxen müssen schließen
  • Bordelle und Prostitutionsbetriebe schließen
  • Restaurants und Bars werden geschlossen, Abhol- und Lieferservice ist möglich
  • Alle Kinos, Theater und Konzerthallen müssen ihre Türen zusperren
  • Bücherhallen bleiben offen, Uni-Bibliotheken sollen ein eigenes Konzept erhalten
  • Maskenpflicht in Schulen ab Klasse 5, außerhalb des Schulgebäudes mit Abstand darf die Maske abgenommen werden
  • 400 Euro für jedes Klassenzimmer für Schutzmaßnahmen
  • Gottesdienste und Trauerfeiern mit Masken, Abstand und Hygienekonzept erlaubt
  • Einreisende aus Risikogebieten müssen direkt in Quarantäne und sich bei Hamburger Behörden melden. „Die Quarantäne darf frühestens am fünften Tag nach der Einreise beendet werden, und nur dann, wenn durch ein negatives Testergebnis belegt ist, dass die reisende Person nicht infiziert ist. Der Test darf frühestens am fünften Tag nach Einreise durchgeführt werden“, heißt es vom Senat.