München/Essen. Die früheren Bayern-Profis sehen es an der Zeit, dass der Schweizer die Borussen gegen München endlich wieder einmal zum Sieg führt.

Rekordnationalspieler Lothar Matthäus wünscht sich vor dem Bundesliga-Spitzenspiel zwischen Borussia Dortmund und dem FC Bayern München am Sonnabend (18.30 Uhr/Sky) diesmal eine mutige Aufstellung von BVB-Trainer Lucien Favre. „Wenn Favre seinen Bayern-Fluch endlich beenden will, muss er offensiv spielen“, sagte der Sky-Experte am Freitag: „Ich wünsche mir, dass er diesmal Spieler wie Jadon Sancho nicht erst in der zweiten Halbzeit bringt. Solche Spieler dürfen in einem solchen Spiel einfach nicht auf der Bank sitzen.“

Favre sei „ein Super-Trainer und Dortmund ist nicht auf dem Niveau des FC Bayern“, sagte Matthäus: „Aber das Spiel ist sicher auch für ihn wichtig. Wenn der BVB wieder verlieren sollte, heißt es: Schon wieder hat Favre in einem großen Spiel den Kürzeren gezogen.“ Wie man die Münchner mutig in Nöte bringt, habe am Dienstag trotz des 2:6 in der Champions League lange der FC Salzburg gezeigt. „Sie haben es eine Stunde vorgemacht, aber dann ist ihnen die Kraft ausgegangen“, sagte Matthäus: „Das dürfte Dortmund nicht passieren.“

FC Bayern: Matthäus sieht eine Schwäche

Der FC Bayern ist für den Weltmeister-Kapitän von 1990 derzeit „die beste Mannschaft der Welt. Aber wenn sie aktuell eine Schwäche haben, dann sind es die vielen Gegentore. Da muss Dortmund Nadelstiche setzen“, sagte der 59-Jährige: „Dazu muss dann aber auch die andere Seite passen: Bayerns Offensive zu stoppen, denn die ist natürlich sensationell.“

Allerdings habe sich Dortmund zuletzt „defensiv enorm verbessert. Und in Brügge hatten sie eine gute Balance. Waren mutig und haben trotzdem zu null gespielt. Wenn diese Balance stimmt, hat man an einem guten Tag auch mal die Chance, gegen Bayern München zu gewinnen.“

Dennoch sind die Münchner für ihren früheren Kapitän am Samstag ebenso Favorit wie im Titelkampf. „Wenn Bayern nicht patzt, hat keine andere Mannschaft eine Chance. Das muss man anerkennen, so wie die Bayern im Moment spielen und wie sie aufgestellt sind im Verein“, sagte Matthäus.

Hamann: "Dortmunds Chancen gut wie lange nicht"

Der frühere Bayern-Profi Dietmar Hamann sieht indes gute Chancen, dass der BVB das Topspiel diesmal gewinnt. „Die Dortmunder Chancen auf einen Sieg gegen die Bayern sind so gut wie lange nicht. Es gibt eigentlich keinen besseren Zeitpunkt für Dortmund, gegen Bayern zu spielen“, sagte der Ex-Nationalspieler den Zeitungen der „Funke Mediengruppe“, zu denen auch das Hamburger Abendblatt gehört.

Für den BVB spreche seine Defensivstärke und die größere Frische im Vergleich zum Rekordmeister. „Sie haben im Sommer einige Wochen Urlaub machen können, während die Bayern nur ein paar Tage Pause hatten“, begründete Hamann. „Da sind diese Spiele im Dreitagesrhythmus körperlich und mental eine unheimliche Belastung.“

Zugleich erneuerte der 47-Jährige seine Kritik an der Entscheidung der Dortmunder, an Marco Reus als Kapitän festzuhalten. Reus (31) sei zwar ein herausragender Spieler, „vielleicht der begabteste Offensivspieler, den wir in Deutschland haben.“ Aber der Nationalspieler sei zu oft verletzt und derzeit zu sehr mit sich selbst beschäftigt – das belaste Reus und das Team. „Es ist auf Dauer kein Zustand, dass der Kapitän im Schnitt jedes dritte Spiel nicht spielt. Mein Gefühl ist, dass das Dortmund momentan eher schwächt“, sagte Hamann.

Ex-Trainer Doll: BVB auf Augenhöhe mit Bayern

Und auch Thomas Doll sieht Dortmund gegen die Bayern diesmal chancenreicher als noch vor Jahren. „Heute sind die beiden Teams anders auf Augenhöhe, damals war das ein Unterschied wie Tag und Nacht. Jetzt ist das ein Spiel, bei dem auf beiden Seiten Weltklasse steht, jeder möchte sich beweisen“, sagte der frühere Dortmunder Trainer den Zeitungen „Münchner Merkur“ und „tz“ (Sonnabend). „Selbst der, der verliert, ist nicht aus dem Rennen. Der Druck ist nicht brutal. Aber: Es ist ein Prestige-Spiel.“

In den Vorjahren habe beim BVB die Leichtigkeit gefehlt, „die meisten haben unter Form gespielt“, meinte der 54-jährige Doll. „Sie sind aber alle jetzt ein Jahr älter, reifer. Um in solchen Spielen zu bestehen, muss man lernen. Und ich denke, das haben sie jetzt.“

Trainerdiskussion: Doll stärkt Favre den Rücken

In der Diskussion um Lucien Favre stärkt Doll dem Dortmunder Coach den Rücken. „Wir brauchen in Deutschland anscheinend diese Dauer-Diskussion, dieses 'Ist er der Richtige?' Man muss sich doch aber vor Augen führen, dass Favre jedes Jahr um zwei Titel spielt. Nicht mal die Top-Vereine – Barcelona, Paris, Liverpool – konnten Bayern in letzter Zeit Paroli bieten“, sagte Doll und lobte, dass sich Favre nicht beeindrucken lasse von dem Gerede. „Er soll sein Ding weiter durchziehen und alle eines Besseren belehren.“

Trainer Hansi Flick bei den Bayern komme in seiner Art Bundestrainer Joachim Löw sehr nahe, meinte Doll. „Löw hat auch eine unglaublich ruhige und sachliche Art, sonst hältst du dich nicht so lange.“ Flick, mit dem Doll Jahrgangsbester beim Fußballlehrer-Lehrgang 2003 war, traut er eine Ära bei den Bayern zu.: „So lange er Titel holt, ist es keine Frage, dass er bleibt.“