Köln . Der Weltmeister-Trainer reagiert gelassen auf die Kritik an ihm und will mit der Nationalmannschaft Kritiker widerlegen.

Joachim Löw macht in seinem 15. Amtsjahr keine Kompromisse mehr. „Wenn jemand sagt, der Löw sei arrogant oder dünnhäutig, dann ist das eben so“, sagte der Bundestrainer vor dem wichtigen Nations-League-Spiel gegen die Schweiz, dabei hob er beide Hände und zuckte mit den Schultern: „Es gibt viele Meinungen in Deutschland. Wir haben einen Plan, den wir durchziehen.“

Für Dienstag (20.45 Uhr/ARD) steht der Drei-Punkte-Plan in Stein gemeißelt: Noch 90 Minuten den Schmerz niederkämpfen, irgendwie gewinnen und die vielen Kritiker widerlegen. Nach dem ermüdenden Köln-Kiew-Köln-Trip verlangt der Weltmeistertrainer von seiner Mannschaft höchste Aufmerksamkeit und Leidensbereitschaft, von seiner Linie will er keinesfalls abweichen.

DFB hat Abstieg aus der Nations League verhindert

„Ich erwarte Konzentration, Präzision, Mut und diesmal auch die richtigen offensiven Akzente“, forderte der 60-Jährige. Mit weiteren drei Punkten wären nach dem zähen 2:1 in der Ukraine die größten Sorgen vertrieben. Der Abstieg wäre, wie von DFB-Präsident Fritz Keller unmissverständlich eingefordert, bereits verhindert.„Siege sind der Klebstoff. Siege sind wichtig, auch Richtung EM“, betonte Löw. Er ruhe in sich, sagte der Bundestrainer, obwohl einige alte Helden vermehrt quer schießen: „Unser Verhältnis ist absolut intakt. Wären alle einer Meinung, wäre es langweilig.“

Ehemalige Spieler wettern gegen die Nationalmannschaft

Doch auf Lothar Matthäus, Berti Vogts oder Bastian Schweinsteiger zu hören, hieße nachzugeben - daher wird Löw sich treu bleiben. Er dozierte am Montag lange über die Grundprinzipien der Dreier- und Viererkette, seine Elf soll beide Systeme flexibel beherrschen.

Die Prämisse: „Es ist wichtig, dass sich die Mannschaft einspielt“, betonte der Bundestrainer. Drei Wechsel sind gegen die laut Löw „frechen und mutigen“ Schweizer jedoch möglich: Timo Werner könnte anstelle von Julian Draxler (Achillessehnenprobleme) beginnen, Robin Gosens links im Mittelfeld Marcel Halstenberg (Adduktoren) ersetzen. Für Lukas Klostermann (Knieschmerzen) steht Emre Can bereit.

Löw sprach Defizite in den vergangenen Länderspielen klar an

Wichtiger als Umstellungen wären gewisse Veränderungen im Kopf. „Wir wissen, dass wir nicht die Sterne vom Himmel gespielt haben“, sagte Matthias Ginter einsichtig, „so einfache Fehler in der Häufigkeit - das kommt bei einer deutschen Nationalmannschaft selten vor.“ Die vielen Ballverluste, die schwache Chancenverwertung, die mangelnde Abstimmung: Löw hat an vielen Stellen angesetzt. „Ich bin zuversichtlich, dass es besser wird“ sagte Leon Goretzka. Für das tiefere Einschleifen taktischer Dinge sei eine Trainingseinheit vor einem Spiel aber „selbstverständlich lächerlich wenig“.

  • Die voraussichtliche deutsche Aufstellung: Neuer - Ginter, Süle, Rüdiger - Can, Kimmich, Kroos, Gosens (Halstenberg) - Goretzka, Werner (Draxler) - Gnabry.

Die stärker als die Ukrainer einzuschätzende Schweiz würde Nachlässigkeiten wahrscheinlich besser nutzen, weshalb Löw weiter nicht alles auf Angriff setzen wird. „Kraft in der Offensive schadet nie“, stellte Stürmer Serge Gnabry zwar mit ein wenig Eigennutz fest, aber nicht auf Kosten der Sicherheit.

Bundestrainer adelt Mittelfeldspieler Kroos

Ein Fixpunkt im Spiel wird wie so häufig seit März 2010 Toni Kroos sein. „Er ist ein Spieler, der Weltklasse darstellt. Selbst vor dem WM-Finale war er die Ruhe in Person, er übernimmt immer Verantwortung“, lobte Löw. Fast niemand im Kader kann sich seiner Nominierung derart sicher sein wie die Passmaschine von Real Madrid: „Wenn Jogi sich nicht meldet, reise ich auch an.“

Viele Spieler im Kader sind nicht nur wegen des Reisestresses müde. Für den Bayern-Block beginnt die Terminhatz aber erst so richtig: Zwei Tage nach dem Länderspiel müssen die Münchner in der ersten Pokalrunde gegen den 1. FC Düren antreten, keine 48 Stunden später geht es zu Arminia Bielefeld. „Lamentieren hilft nicht“, sagte Torhüter Manuel Neuer. „Es wäre schön, mal eine Auszeit zu haben, aber die können wir uns nicht nehmen.“ Schon gar nicht gegen die Schweiz..