Sarran. Trotz eines Schlüsselbeinbruchs kämpft Schachmann um seinen ersten Etappensieg bei der Tour de France, doch es reicht nicht ganz.

Völlig verausgabt und mit Dreck verschmiertem Gesicht blickte Maximilian Schachmann in die Ausläufe des Zentralmassivs und sah nach seiner persönlichen Tour der Leiden wieder einen Lichtblick. "Das ist ein Zeichen, dass wir super konzentriert gearbeitet haben. Solche Beine hatte ich schon lange nicht mehr", sagte Schachmann nach seinem starken sechsten Platz auf der längsten Etappe der 107. Tour de France.

"Ich habe alles versucht, aber Marc Hirschi war in der Gruppe nicht der perfekte Mann für mich. Die zehn Kilogramm Gewichtsunterschied konnte ich bei 14 Prozent Steigung nicht wegschummeln", ergänzte Schachmann mit einem Lächeln.

Schachmann: Schlüsselbeinbruch vor Kurzem

26 Tage nach seinem Schlüsselbeinbruch verpasste der deutsche Ex-Meister zwar seinen ersten Etappensieg, die Zuversicht ist aber zurück. Schachmann schmiss sich allen Schmerzen zum Trotz in die Kurven und ging jede Attacke mit, doch zum Happy End reichte es nicht ganz.

Maximilian Schachmann vom deutschen Team Bora-hansgrohe.
Maximilian Schachmann vom deutschen Team Bora-hansgrohe. © Stuart Franklin/Getty/AP/dpa

Stattdessen holte sich der junge Schweizer Hirschi vom deutschen Sunweb-Team den Sieg in Sarran, wo 19 Jahre zuvor Jens Voigt seinen ersten Triumph bei der Frankreich-Rundfahrt gefeiert hatte. Hirschi siegte nach 218 Kilometern vor dem Franzosen Pierre Rolland und dem Dänen Sören Kragh Andersen.

Doch der Auftritt von Schachmann war famos, zumal sein Schlüsselbeinbruch von der Lombardei-Rundfahrt noch gar nicht ausgeheilt ist. Allein der große Kampf wurde nicht belohnt, 52 Sekunden hinter Hirschi erreichte Schachmann das Ziel. Damit wartet der deutsche Radsport weiterhin auf den ersten Tour-Etappensieg seit John Degenkolb vor zwei Jahren in Roubaix.

Sieger Hirschi: Zweifel vor dem Ziel

Gut 40 Kilometer vor dem Ziel war Schachmann in einer sechsköpfigen Gruppe ausgerissen. Am Anstieg zum Suc au May, einem Berg der ersten Kategorie, konnte sich der erst 22-jährige Hirschi absetzen. Schachmann und der Spanier Marc Soler machten sich auf die Verfolgung, schafften es aber nicht und wurden stattdessen von der Gruppe um Superstar Julian Alaphilippe eingeholt. Nur der Schweizer hielt alle auf Distanz und durfte nach einem zweiten Platz in Nizza und Rang drei in Laruns erstmals jubeln.

"Das ist unglaublich. Ich war zweimal so nah dran. Ich habe gar nicht damit gerechnet", sagte Hirschi, der im Alleingang über 20 Kilometer zurücklegte: "Ich bin Vollgas gefahren und hatte auch kurz vor dem Ziel noch Zweifel."

Den Top-Favoriten war der Ausreißer-Sieg ganz recht, mussten sie doch vor der schweren Bergetappe keine zusätzlichen Kräfte vergeuden. Damit wird der slowenische Vuelta-Champion Primoz Roglic auch am Freitag zum vierten Mal in Serie das Gelbe Trikot tragen. Der frühere Skispringer liegt 21 Sekunden vor Titelverteidiger Egan Bernal. Dritter ist 28 Sekunden zurück der Franzose Guillaume Martin.

Tour de France: Buchmann-Team enttäuscht

Direkt nach dem Start gingen Nils Politt und Max Walscheid in eine Ausreißergruppe, die schnell auf sechs Fahrer anwuchs und mehr als 160 Kilometer im Wind fuhr. So ging es durch die Heimat des im vergangenen Jahr verstorbenen Radstars Raymond Poulidor. Doch auch ein Wahnsinns-Tempo von 51,4 km/h brachte dem Sextett keinen großen Vorsprung, weil im Feld vor allem Bora-hansgrohe viel arbeitete.

Für die deutsche Mannschaft war es bislang eine enttäuschende Tour. Die Podiumsträume von Emanuel Buchmann sind bereits geplatzt und für Peter Sagan rückt das Grüne Trikot in immer weitere Ferne, nachdem er am Vortag wegen seines Remplers gegen Wout van Aert auf Platz 85 strafversetzt worden war. "Ich sehe nicht, dass meine Bewegung sehr gefährlich war", sagte Sagan am Donnerstag und wollte das Grüne Trikot noch nicht abschreiben. Doch 66 Punkte sind viel.

Tour de France: So geht es weiter

Unterdessen wurden die strikten Corona-Regeln ein wenig entschärft. Wenn am zweiten Ruhetag die nächsten Kontrollen durchgeführt werden, müssen die vier Rad-Teams mit einem Positivfall im Betreuerstab bei einer weiteren Infektion nicht direkt das Rennen verlassen. Demnach fangen alle 22 Rennställe wieder bei Null an. Es gilt dann aber weiterhin, dass zwei Positivfälle zum Ausschluss des ganzen Rennstalls führen.

Am Freitag sind die Top-Favoriten wieder gefordert, wenn auf der 13. Etappe über 191,5 Kilometer von Châtel-Guyon nach Puy Mary Cantal insgesamt sieben Bergwertungen im Zentralmassiv mit 4400 Höhenmetern warten. Das Ziel liegt außerdem in 1589 Metern Höhe.