Monza. Lewis Hamilton hatte namhafte Formel-1-Teamkollegen. Fernando Alonso und Nico Rosberg zum Beispiel. Doch an einen erinnert sich der Brite ganz besonders. Und das hat mit Max Verstappen zu tun.

Wenn Lewis Hamilton an Formel-1-Einzelkämpfer Max Verstappen denkt, erinnert er sich an Heikki Kovalainen. Der Finne war Hamiltons zweiter Formel-1-Teamkollege nach Egozentriker Fernando Alonso.

2008 und 2009 fuhren Hamilton und Kovalainen für McLaren. Während der Brite in der ersten gemeinsamen Saison erstmals Weltmeister wurde, wurde der Mann aus Suomussalmi nur Siebter in der Fahrerwertung. 2009 belegte Hamilton den fünften WM-Rang, Kovalainen den zwölften. Was diese Zahlen zeigen sollen? Auf der einen Seite die Klasse des mittlerweile 35-Jährigen und auf der anderen Seite die Nöte eines Toppiloten ohne zusätzliche interne Unterstützung.

"Ich war der Fahrer, der immer vorne war und keinen Teamkollegen hatte, der mir Rückendeckung gab", befand Hamilton, der an diesem Sonntag (15.10 Uhr/RTL und Sky) Michael Schumacher (5) an Siegen in Monza überholen kann. "Man bekommt dann nicht die Punkte in der Konstrukteurswertung und kann die anderen Autos auch strategisch nicht ausspielen." Das sei so der Fall bei Red Bull, wo Verstappen seiner Meinung nach "irgendwie auf sich allein gestellt" sei.

Der Niederländer gilt als künftiger Weltmeister. Er ist auch der einzige Pilot, der dem Mercedes-Duo Hamilton und Valtteri Bottas (31) in dieser Saison hinterherkommt. Sechsmal raste der 22-Jährige in dieser Corona-Notsaison aufs Podest, beim zweiten Silverstone-Rennen stand er sogar vor den beiden Silberpfeilen auf dem Podium. Doch während Hamilton in Bottas einen treuen und schnellen Unterstützer hat, der ihm auf dem Asphalt den Rücken frei halten kann, muss sich Verstappen mit dem Thailänder Alex Albon (24) begnügen. Der ist sowas wie sein Heikki Kovalainen. "Beide Fahrer sind eben nicht so wie Valtteri und ich", stellte Hamilton zweifelsfrei fest.

Verstappen weiß das, dass Albon eher wie ein Kovalainen fährt und nicht wie ein Bottas. Die Red-Bull-Führung weiß das natürlich auch. In Spa bekamen das die Brause-Bosse nochmals vor Augen geführt, dass Albon nicht an das Niveau ihres Spitzenfahrers heranreicht und dadurch als Adjutant fehlt. Während Verstappen irgendwann der Mercedes-Paarung nicht mehr hinterherkam und sich als Verfolger "ein bisschen einsam" fühlte, kam Albon erst hinter beiden Renaults als Sechster ins Ziel. Nicht schlecht, aber eben nicht gut genug.

"Albon hat jetzt Vertrauen gefasst", sagte Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko dennoch dem Fachmagazin "Auto, Motor und Sport". In Belgien habe sein Rennstall in der Qualifikation zugelegt und auch das Renntempo an der Spitze lange mitgehen können. "Die WM ist immer noch weit offen. Wir haben nicht einmal Halbzeit."

"Wir werden nicht aufgeben", versicherte Verstappen am Donnerstag mit Blick auf seine vagen WM-Chancen. "Ich bin aber realistisch, wir sind im Moment zu langsam." Eine halbe Sekunde pro Runde habe er auf das Mercedes-Duo in Belgien verloren. 47 Punkte fehlen Verstappen in der WM-Wertung auf Hamilton, Albon hat insgesamt nur 48.

Die Frage ist allerdings: Wie lange darf Albon den Red-Bull-Weg noch mitgehen. Der gebürtige Londoner, der unter thailändischer Flagge fährt, war erst im Sommer 2019 vom Schwesterteam Toro Rosso befördert worden. Im knallharten Ausleseverfahren wurde damals Pierre Gasly zum mittlerweile umbenannten Alpha-Tauri-Team degradiert.

"Der Druck abzuliefern ist da. Das ist nicht leicht", räumte Albon ein, dem der Gasly-Abstieg droht. "Ich arbeite weiter an mir und konzentriere mich." Albon muss an Tempo zulegen und seinen Abstand zu Verstappen verringern, sonst wird er der nächste Kovalainen.

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